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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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dachte er bitter und schloss die Augen. Es war nicht zu fassen: So viele Jahre lang hatte er davon geträumt, eine Familie zu haben. Irgendeine Familie. Nichts Besonderes. Einfach nur nette, fürsorgliche Menschen. Und was bekam er? Eine unbekannte Tiermutter, einen cholerischen Onkel und eine Patentante, die tote Männer als Ohrschmuck herumtrug.
    Und dann fiel ihm siedend heiß ein, dass das ja noch lange nicht das Ende der Geschichte seltsamer Verwandter war: Dopoulos hatte noch vier Vettern in Kandara. Ganz zu schweigen von Dopoulos’ grässlicher Cousine Melpomene!
    Er musste am Tisch eingenickt sein. Als er erwachte, klebte seine Oberlippe an der Holzplatte. Er hatte von Anguana geträumt und sein Herz schlug noch immer wie verrückt vor Sorge um sie. Benommen hob er den Kopf.
    Eine fürchterliche Kriegerin mit Helm und eisernem Nasenschutz grinste ihn an. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Wanja.
    Wie hatte sie sich verändert! Statt der Schmiedeschürze und dem grünen Hemd trug die hübsche Schmiedin ein ledernes Amazonengewand, dazu Metallpanzer, Armschoner und ein riesiges Schwert! Ihre Schultern lagen frei, sodass er die kräftigen Muskeln sehen konnte.
    »Hier«, sagte sie und stellte ihm eine Tasse Tee vor die Nase. »Wurdanischer Wachrüttler. Das wird ein langer Tag.«
    »Wo ist Dopoulos?«, murmelte Tobbs. Er schaffte es nicht, Onkel Dopoulos zu sagen. Das klang immer noch wie ein Witz.
    »Er holt die Minotauren aus dem Keller.«
    »Was?« Jetzt war Tobbs auch ohne den Wachrüttler hellwach. »Ist er lebensmüde?«
    Wanja lachte. »Ganz sicher nicht. Doch gegen die Tanukis müssen wir gut gerüstet sein.«
    »Aber die Minotauren feiern gerade ihre Party! Phase  II ! Nicht einmal die Schicksalsfrauen würden sich jetzt in den Keller wagen.«
    Wanja lächelte grimmig. »Unterschätze deinen Onkel nicht.«
    »Ach, habe ich noch etwas verpasst?«, giftete Tobbs sie an. »Ist der dicke alte Wirt jetzt auch noch ein Bestienbändiger?«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Tobbi«, begann Wanja so geduldig, dass der Ärger dahinter genug Gelegenheit hatte, dezent den Zeigefinger zu heben und warnend »Ich bin auch da!« zu sagen. »Familie kann man sich nun mal nicht aussuchen, niemand weiß das besser als ich. Aber eines kannst du mir glauben: Keiner meiner Onkel hätte für mich auch nur ein Kartenhäuschen gebaut, geschweige denn eine ganze magische Taverne! Während du gedacht hast, du wärst ein einfacher Schankjunge, haben viele Menschen und zahllose magische Wesen alles dafür getan, diesen Ort für dich sicher zu machen. Dreizehn Jahre lang, jeden Tag, jede Stunde. Und Dopoulos hat während dieser Zeit keine Nacht ein Auge zugetan.«
    Tobbs schluckte. Ohne mich keine Taverne. So hatte er es noch gar nicht betrachtet.
    Auf der Kellertreppe rumpelte und polterte es bedrohlich. Wanja warf einen Blick auf den Flur und riss die Augen auf.
    »Deckung!«, rief sie, packte Tobbs am Kragen, stieß ihn in die Ecke des kleinen Zimmers und kippte den Tisch zur Seite. Ehe Tobbs sichs versah, kauerte er hinter der hochkant stehenden Tischplatte. Dann brach eine Lawine aus dunklen Leibern, halb Stier, halb Mensch, in den Raum.
    Innerhalb einer Sekunde stank es nach Höllenatem und Geifer. Tobbs stellten sich die Nackenhaare auf. Rote Augen rollten, Hörner blitzten, die Dielen splitterten unter den gespaltenen Hufen. Und der Lärm war ohrenbetäubend.
    »Doch nicht hier rein, ihr schwerhörigen Milchkühe!«, brüllte Dopoulos. »Nächste Tür! In den Hinterhof, hatte ich gesagt!«
    Tobbs traute seinen Augen nicht: Auf den Schultern des größten Minotaurus thronte Dopoulos. Nur dass er nicht mehr ganz der alte Dopoulos war. Seine Augen funkelten drohend, seine Halbglatze war von einem Helm verdeckt, er trug einen engen Harnisch, unter dem er sicher keine Luft bekam, und schwenkte einen schweren Morgenstern. Über seine Schultern hatte er sich ein Löwenfell gelegt, das zwar schon bessere Tage gesehen hatte, aber immer noch ausgesprochen würdevoll wirkte. Unerbittlich trieb er die Minotauren wieder aus dem Raum, schimpfte und kommandierte, bis auch das letzte Monstrum gehorsam auf den Flur trabte.
    Wanja legte Tobbs die Hand unter das Kinn und schob seine Kinnlade sanft wieder nach oben.
    »Mund zu, Tobbi«, sagte sie verschmitzt. »Warum bist du so verblüfft? Hast du dich denn nie gefragt, was das H. in Costas H. Dopoulos’ Namen bedeutet? Ich gebe dir einen Tipp: Wer tötete den nemëischen Löwen, dessen Fell

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