Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
erste Wort, das Tobbs zu der ganzen Geschichte einfiel.
    »Und du machst dir um das Ziegenmädchen Sorgen«, fügte Mamsie Matata hinzu. »Na ja, zerbrich dir nicht allzu sehr den Kopf. Sie hat Nixenblut in den Adern und Nixengeschöpfe kommen überall zurecht. Komm, ich zeige dir etwas, was dich aufheitern wird!«
    Mamsie Matatas Bild flimmerte und verblasste und wurde schließlich von einem dunklen, wabernden Etwas mit gelben Raubtieraugen verdrängt – Tobbs’ Spiegelbild, auf das er sich bisher nie hatte einen Reim machen können.
    »Ich konnte es dir bisher nicht deutlicher zeigen«, sagte Mamsie Matata geheimnisvoll.
    Die dunkle Wolke verdichtete sich und nahm Formen an. Zackige Spitzen wurden zu Ohren, ein Schatten zu einer Schnauze. Tobbs hatte sich noch nie selbst in seiner Tiergestalt gesehen.
    Ein schwarzer Fuchs betrachtete sich verdutzt und etwas skeptisch im Spiegel. Die linke Pfote – im Spiegelbild die rechte – steckte in einem Verband. Und das Gesicht mit den goldenen Augen war trotz des Fells und der Schnauze eindeutig das von Tobbs.

AUF NACH OLITAI!
    Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Der Plan war gewagt, aber gut. Ständig klingelte es an den vielen Türen und Dopoulos hatte alle Hände voll zu tun, die Boten einzulassen.
    In der Gaststube türmten sich die Leihgaben aus den anderen Ländern: Fackeln aus Kandara, Schleudern aus Sylvanien, magische Schwerter aus Tinadin, ein ganzer Haufen schusssicherer Hemden aus den Schmieden von Transtatanien.
    Die Furien hatten sich mächtig aufgedonnert und die Gesichter mit roter Farbe bemalt, was ihre Augen noch glühender wirken ließ.
    Als das zarte Gebimmel von Opferglöckchen ertönte, kreischten sie alle begeistert los. Es war das Läuten der Türklingel zu Yndalamor.
    Tobbs war nicht nach Begeisterung zumute. Seine Patentante war angekommen. Nun würde sie ihm das Fuchsfell abnehmen. Schützend drückte er den warmen Pelz an sich. Doch es half ja nichts. Wanja und Dopoulos hatten Recht: Mit seinem Fell zurück nach Doman zu gehen, brachte alle nur unnötig in Gefahr. Zögernd stand er auf und ging zum roten Zimmer.
    Wie immer, wenn sie in der Taverne zu Besuch war, saß die Göttin Kali in dem kleinen roten Raum am Ende des Flurs und trank mit Dopoulos Säuselblütentee. Ihre Augäpfel leuchteten wie Rubine. Oder wie in Blut getauchte Murmeln, dachte Tobbs. An ihrem Ohr baumelte ihr seltsamer Ohrschmuck – der halb vertrocknete, tote Mann. Heute sah er noch mürrischer aus als sonst.
    »Da bist du ja«, murmelte Dopoulos. »Setz dich, Junge. Setz dich.«
    »Setz dich bloß nicht«, flüsterte der tote Mann ihm warnend zu. »Kali ist ziemlich sauer, weil sie nicht mit euch nach Doman gehen soll.«
    Tobbs schluckte.
    »Äh, ich stehe lieber. Muss ohnehin gleich wieder weg.«
    »Begrüßung!«, wisperte der tote Mann. »Kali wird noch wütender, wenn du sie nicht begrüßt.«
    Na prima! Wie begrüßte man eine Patentante, deren Hauptberuf es war, Städte und ganze Landstriche zu verwüsten? Und deren Schwert, das nun am Tisch lehnte, ungefähr dreißigtausend Leben ausgelöscht hatte? Sagte man: »Nett, dich zu sehen? Was macht das Zerstörungsgeschäft? Erzähl doch beim nächsten Familienfest, wie du die silberne Stadt Ghan dem Erdboden gleichgemacht hast.«
    »Tag«, brachte Tobbs heraus und deutete eine Verbeugung an.
    Die Göttin wandte ihm ihr grausames Gesicht zu. Der tote Mann hatte Recht: Sie sah ziemlich sauer aus. Als sie die Hand mit ihren Dolchfingern ausstreckte, zuckte Tobbs zusammen.
    »Das Fell, Tobbs«, mahnte Dopoulos.
    Es kostete viel Überwindung, sein Fell aus der Hand zu geben. In den schwarzblauen Klauen der Göttin sah es aus wie ein erlegter Fuchs. Mit einer nachlässigen Geste erhob sich die Göttin und stopfte den Fuchspelz grimmig in ihren Gürtel.
    Nette Patentante, dachte Tobbs und kniff die Lippen zusammen. Und so rücksichtsvoll und sensibel!
    »Puh«, flüsterte der tote Mann. »Glück gehabt. Keine Trümmer heute, Kalis Laune scheint sich etwas gebessert zu haben.«
    »Gut«, sagte Dopoulos. »Das Fell wäre in Sicherheit. Ich danke dir sehr, Kali.«
    Die Göttin der Zerstörung nickte gnädig, griff nach ihrem Richtschwert und rauschte, ohne Tobbs eines weiteren Blickes zu würdigen, aus dem roten Zimmer. Dopoulos zückte seinen Schlüsselbund und eilte hinterher, wieder ganz und gar der eilfertige Wirt.
    Tobbs setzte sich an den Tisch und stützte den Kopf in die Hände.
    Tolles Familientreffen!,

Weitere Kostenlose Bücher