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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Jamie verbringen darf.«
    Tobbs musste widerwillig zugeben, dass Sid Recht gehabt hatte. Es war sinnlos, im nächtlichen Wald nach etwas zu suchen. Seit Stunden stolperten sie nun schon herum, stapften durch die aufgeworfene Erde, fanden zerbrochene Truhen und Geschirr, Mamsie Matata aber blieb verschwunden. Dicke, schwere Regentropfen klatschten auf Tobbs’ Stirn. Sid zupfte an seinem Ärmel.
    »Schau mal da drüben. Sieht aus wie eine Scheune.«
    Es war eine Scheune. Gartengeräte standen darin, Kisten mit Äpfeln, außerdem ein Haufen von Decken. Es roch nach verstaubten Spinnennetzen und feuchtem Holz, aber Tobbs trat trotzdem ein und prüfte mit der Hand, ob der Deckenhaufen trocken war.
    »Wir ruhen uns aus, bis der Regen vorbei ist«, flüsterte er.
    »Gut«, gähnte Sid. Ohne ein weiteres Wort kletterte er blitzschnell an einem Regal hoch und rollte sich in einem Fach ein wie eine Katze. Wenige Augenblicke später war er bereits eingeschlafen. Tobbs schüttelte den Kopf und ließ sich auf dem Stoffhaufen nieder. Viel zu laut prasselte der Regen auf das morsche Dach. Und viel zu sehr drückte ihn die Sorge, wie es weitergehen sollte. Nun, zumindest wusste Dopoulos, in welchem Land sich sein Schankjunge und Kalis Kutschtier befanden. Doch die Aussicht, dass Dopoulos ihm hier zu Hilfe kommen würde, hatte nicht viel Tröstliches. Tobbs würde nicht darum herumkommen, Kali die ganze Katastrophe zu beichten und für seinen Fehler einzustehen. Beim Gedanken an die blutroten Augäpfel der Göttin musste er schlucken. Doch es half nichts. Die ganze Sache war seine Schuld. Tobbs tastete nach einer Decke und fand einen alten Gärtnerkittel. Es war grober Stoff, der über seine nackten Arme kratzte, aber wenigstens wurde ihm wärmer. Seufzend stand er auf und trat zur Tür. Der prasselnde Regen hatte sich in einen Nieselschleier verwandelt. Die Nachtluft duftete frisch und salzig.
    Im Unterholz leuchteten die Augen des Fuchses auf. Tobbs winkte ihm müde zu und kehrte zu seinem Lager zurück. Er lauschte und vergewisserte sich, ob Sid immer noch schlief. Dann erst fing er an zu weinen. Wie heiße Bäche rannen ihm die Tränen über die Wangen. Und mit der Wärme schmolz der eisige Klumpen Angst und wurde zu Verzweiflung. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so einsam gefühlt. Er wollte nach Hause! Er sehnte sich nach seinen Holzfiguren, nach Wanja, sogar nach Anguana und den Schicksalsfrauen. Am schlimmsten aber war der Gedanke, dass auch in der Taverne Stunden vergangen waren – und er immer noch nicht wusste, wer er war.

GEISEL UND GARN
    Etwas Feuchtes fuhr ihm über die Augen – eine kleine Zunge. Neki, die Wirtshauskatze? Tobbs schreckte hoch und sah sich einem Fuchs gegenüber. Der Fuchs gab einen hohen, bellenden Laut von sich und gähnte herzhaft. Dann flitzte er zur Tür hinaus. Hastig sprang Tobbs auf und schüttelte Sid.
    »Sid, wach auf! Wir haben verschlafen!«
    Der Dämon blinzelte einen Sonnenstrahl an, der sich durch ein Loch im Dach fingerte, und lächelte dann wie ein Engel.
    »Alles klar, Tobbi! Heute finden wir deine Mamsie Matata!«
    Der Fuchs begleitete sie – immer am Rand des Blickfeldes, wie ein huschender Schatten.
    Die Schneise, die der Mancor in den Boden getrampelt hatte, war breit wie eine Straße. Selbst die zerbrochene Flasche von Fairy Sam lag noch im Graben. In respektvoller Entfernung umrundeten sie das Dorf und folgten den Spuren des Mancors in Richtung Taverne. Bald schon sanken Tobbs’ Füße im morastigen Boden ein.
    »Das ist ein Sumpf«, stellte Sid fest. »Hier kommen wir nicht weiter.«
    »Ganz recht«, sagte eine hämische Stimme. Fairy Sam lehnte an einem kahlen Baumstumpf und grinste. Seine Augen waren blutunterlaufen und das Haar zerzaust. Ein Ohr war abgeknickt, als hätte er die Nacht über darauf geschlafen. Aber sein Hemd und die grünen Hosen waren wieder makellos sauber – ebenso wie seine goldbraunen Lederschuhe, denn natürlich sank er nicht im Schlamm ein. Wenn sie nicht gerade von einem Mancor in den Boden gestampft wurden, konnten Elfen sich selbst im sumpfigsten Gelände leichtfüßig bewegen, ohne auch nur einen Fußabdruck zu hinterlassen.
    »Na? Gut geschlafen?« Sams Grinsen verschwand und machte einer geschäftsmäßigen Miene Platz. »Sucht ihr möglicherweise das hier?«
    Mit dem flinken Griff eines Taschenspielers zog er den Spiegel hinter seinem Rücken hervor. Tobbs wurde ganz heiß. Im Spiegel sah er eine sehr wütende Mamsie Matata. Ihre

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