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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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springen und davonzulaufen. Hinter sich hörte er die Weiber grölen.
    «Es ist uns gleich, wie das heißt, wo wir sind, wir wollen küssen, wir wollen lieben!», hörte er sie schreien. Und er floh vor der angedrohten Liebe der Weiber, die ihn tausendmal mehr ängstigte, als es das Purgatorium je vermocht hatte.
     
    Als der Pater das Pfarrhaus erreichte, atmete er erleichtert auf. Er wischte sich den Staub von der Kutte, richtete seine wenigen Haare und wollte gerade die Klinke nach unten drücken, als Bruder Göck mit strahlendem Gesicht die Krämergasse heraufmarschiert kam. Er breitete die Arme aus und trat auf seinen Freund zu. «Das hast du eigentlich ganz gut gemacht!», rief er aus. «Ich hätte es kaum besser hinbekommen. Nur dein Abgang, der war ein bisschen plötzlich.» Bruder Göck kicherte. Doch plötzlich erstarb ihm das Lachen auf den Lippen.
    Pater Nau war leichenblass bis in die Lippen geworden. Dafür sträubten sich die wenigen Haare auf seinem Kopf, und die Augen glühten wie Buchenscheite im Herdfeuer. «Du … du … du!» Nau spuckte die Worte förmlich seinem Freund vor die Füße. «Du willst mein Freund sein? Hättest mich den Weibern überlassen. Gefressen hätten die mich. Pfui, Schande über dich, dass du es so hast an christlicher Nächstenliebe fehlen lassen.»
    Bruder Göck ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er breitete die Arme aus: «Was willst du denn? Ich habe deinen Rückzug gedeckt, habe dafür gesorgt, dass das Weibsvolk auf dem Römer bleibt. Sogar gelogen habe ich für dich!» Er grinste stolz. «Ich habe nämlich gesagt, dass der Prediger gleich auftauchen wird. Da haben sie von dir abgelassen. Na, wie war ich?»
    Aber Pater Nau ließ sich beileibe nicht beruhigen. «Du warst mir keine Hilfe. Nicht ein bisschen. Ich bin stinkwütend auf dich.» Seine Stimme wurde leiser, und er trat dicht an Bruder Göck heran. «Am besten, du verziehst dich jetzt auf deinen Antoniterhof in der Töngesgasse. Ich glaube nicht, dass ich dich in den nächsten Tagen um mich haben will.» Seine Worte klangen so entschlossen, und sein Kinn war so kantig, dass Bruder Göck zurückwich und die Hände hob. «Ist gut. Ich habe dich verstanden. Das ist wahrscheinlich der Schock. Ich sehe demnächst mal wieder vorbei.» Dann wandte er sich um und machte, dass er fortkam.
    Pater Nau dagegen holte noch einmal ganz tief Luft. Dann riss er die Tür auf und stürzte, durstig wie selten zuvor in seinem Leben, in die Küche.
    Dort stand der Novize Alter am Herd und rührte seelenruhig in einem riesigen Kessel, während Gustelies auf der Küchenbank saß und abwesend aus dem Fenster starrte.
    «Was ist?», wollte der Pater wissen, aber Gustelies gebot ihm mit einer Hand Schweigen, dann murmelte sie halblaut vor sich hin: «Alle Mädchen hatten ihre Männer oder Liebsten im Kriege. Das verbindet sie. Sind nun alle Frauen der Stadt gefährdet, denen es ebenso ergeht? Aber was haben die Rosen und das Aschenkreuz zu bedeuten?»
    Sie sah den Pater auffordernd an.
    «Ich weiß das nicht», erklärte der. «Ich war nie im Kriege, hatte nie eine Liebste.» Dann schöpfte er sich einen Becher voll Wasser aus dem Eimer und trank ihn in einem Zuge leer.
    «Der Krieg ist die Ursache allen Übels», ließ sich da der Novize vernehmen.
    «Wie meinst du das?» Gustelies stützte interessiert die Ellbogen auf den Küchentisch.
    «Na ja, das ist nicht schwer. Im Grunde ist es gleichgültig, zu welchem Gott wir beten. Im Heiligen Land habe ich Muselmänner getroffen und auch Juden. Für uns alle gilt in etwa das Gleiche, nämlich die Zehn Gebote. Würden wir uns alle daran halten, so könnten wir in Frieden leben. Aber wir tun es nicht. Es gibt etliche, für die der Krieg von Vorteil ist.»
    «Wen meinst du damit? Für wen sollte der Krieg von Vorteil sein?» Gustelies konnte sich das nicht vorstellen.
    «Zum Beispiel die Händler. Sie verkaufen mehr. Auch die Schmiede, Schwertmacher, die Böttcher, kurz, beinahe alle Handwerke profitieren davon, wenn ein Heer in der Nähe ist. Lebensmittel werden gebraucht, Holz muss herbei, Waffen sollen geschmiedet werden. Alle verdienen daran. Und ich habe schon oft gehört, dass einer gejammert hat, ihm gehe es so schlecht, dass nur ein Krieg ihn retten könnte. Dazu kommen die Landsknechte, die hoffen, mit den Taschen voll Gold in die Heimat zurückzukehren.»
    «Hmm», machte Gustelies. «Rühre nicht so heftig, du musst den Sud in Bewegung halten, aber nicht aufwühlen.»
    Dann

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