Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand
mein lieber Blettner, und ob. Der Rat hatte im April beschlossen, die katholischen Gottesdienste zu verbieten. Frankfurt sollte lutherisch werden. Ja, aber unser Kaiser ist katholisch. Und der Erzbischof ebenso. Warum sollen sie eine Stadt privilegieren, die vom rechten Glauben abfällt? Blettner, Blettner, ich befürchte das Schlimmste. Das Hirschessen muss uns retten. Wenn ich nur wüsste, wie wir den Kaiser auf unsere Seite ziehen können!»
Jetzt hielt es Gustelies nicht mehr aus. Sie stieß die Tür auf und sagte ohne Gruß: «Lasst den Landgrafen Philipp nicht durch Frankfurt ziehen. Erstens ist der lutherisch und rüstet letztendlich gegen den Kaiser, und zweitens wüten die Landsknechte dann nicht auf den Feldern und in den Schänken. Unsere Mägde werden nicht geschwängert, die Stadt spart Kosten für das Heer, und der Kaiser wird zufrieden sein.» Gustelies seufzte zufrieden, dann fragte sie irritiert: «Was ist?»
Die beiden Männer starrten sie mit offenen Mündern an. «Ist etwas falsch an dem, was ich gesagt habe?», fragte sie.
Der Schultheiß räusperte sich. «In Ratsdinge sollten sich Weiber nicht einmischen», bestimmte er. Dann wies er mit dem Finger auf Blettner. «Sorgt Ihr mir dafür, dass das Hirschessen ein großer Erfolg wird. Ich lege die Geschicke der Stadt in Eure Hände.» Mit diesen hochtrabenden Worten wandte er sich dem Fenster zu und starrte gedankenverloren auf den Römerberg hinab.
Heinz nickte, dann deutete er auf den Weidenkorb, den Gustelies noch immer über dem Arm trug. «Du kommst wie gerufen, Schwiegermutter. Ich sterbe vor Hunger. Was hast du Gutes in deinem Korb?»
Gustelies stellte den Weidenkorb ab. «Ich bin nicht gekommen, um dir etwas zum Essen zu bringen. Im Gegenteil: Deine Frau lässt ausrichten, dass du dich heute woanders verköstigen sollst, sie sei nicht zum Kochen gekommen.»
Die Enttäuschung zog das Gesicht des Richters in die Länge. «Was willst du dann hier?»
«Eine Meldung will ich machen. Ich habe auf dem Friedhof eine Leiche entdeckt.» Der Richter grinste und wollte gerade den Mund auftun, aber Gustelies schnitt ihm das Wort auf der Stelle ab. «Ich weiß, was du sagen willst. Eine Leiche auf einem Friedhof wäre wahrlich nichts Unnormales. Ist es aber normal, dass sie im weißen Kleid ohne Sarg und Leichentuch in einer offenen Grube an der Mauer liegt? Na, ist das normal? Sag schon!»
«Hmm», erwiderte der Richter und kratzte sich am Kinn. «Was soll ich dazu sagen? Mir ist nicht bekannt, dass jemand von den Größen der Stadt gestorben sein soll. Wäre es so, so wüsste ich es mit Sicherheit.»
In diesem Augenblick schrak Krafft von Elckershausen aus seinen Gedanken und wandte sich wieder den Geschehnissen in der Amtsstube zu. «Ah, meine liebe Gustelies», flötete er und schielte nach dem Korb. «Was ist da drin? Ein leckerer Kuchen? Ihr habt doch nicht tatsächlich schon wieder eine Leiche gefunden?» Er kicherte und drohte Gustelies scherzhaft mit dem Zeigefinger. Dabei versuchte er, einen Blick in ihren Weidenkorb zu erhaschen.
Gustelies verschränkte die Arme vor der Brust. «Es gibt weder Kuchen noch Braten. Und ich habe tatsächlich eine Leiche gefunden.» Sie sprach mit Nachdruck. Das Gesicht des Schultheißen wurde ernst. «Eine Leiche? Wo? Wann? Wieso?»
Der Richter sprang von seinem Stuhl. «Lasst Euch nicht beunruhigen, Schultheiß. Meine Schwiegermutter hat die Leiche auf dem Friedhof gefunden.»
«Ach so!» Mit einem erleichterten Seufzer ließ sich der Schultheiß in einen Polsterstuhl fallen. «Und ich dachte schon, es handelt sich wieder einmal um ein Verbrechen. Ihr wisst selbst, dass wir uns so etwas im Augenblick überhaupt nicht leisten können.»
«Du willst also nicht ermitteln?» Gustelies’ Ton klang ein wenig drohend. Der Richter deutete mit dem Finger hinter seinem Rücken auf den Schultheißen, aber Gustelies weigerte sich, das Zeichen zu verstehen. Sie ließ nicht locker, also seufzte der Richter und fragte: «Schultheiß, ist Euch etwas bekannt von Todesfällen aus Patrizierkreisen? Ihr kennt Euch da aus, seid selbst einer von ihnen. Gab es da etwas in den letzten Tagen?»
Krafft von Elckershausen zog nachdenklich die Stirn in Falten. «Die alte Frau von Adlersflycht ist letzte Woche ausgesegnet worden. Und kurz davor verstarb die Weißenstein im Kindbett und nahm den neugeborenen Sohn gleich mit. Dann war da noch der alte Prokurist der Geisenheimers, aber sonst fällt mir niemand ein.»
«Keine Frau
Weitere Kostenlose Bücher