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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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nickte. «Ich sagte ja schon, es gibt kaum einen, der für die paar Groschen dort arbeiten will. Alles können Vater Raphael und seine Frau auch nicht tun. In einem Handwerkerhaushalt ist es überdies nicht anders. Auch da müssen die Kinder mit anpacken.»
    «Kennt Ihr alle Gebäude dort?»
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. «Ich kenne das Haupthaus. Vater Raphael verwaltet die Findelei eigenständig. Es müsste ihm wie Misstrauen scheinen, würde ich Einblick hinter jede Tür verlangen.»
    «Da habt Ihr wohl recht.»
    «Ja, und die Bezahlung …»
    «… ist schlecht, das habe ich mittlerweile verstanden. Eine letzte Frage habe ich noch. Habt Ihr jemals jemanden im Findelhaus gesehen, der dort nicht hingehört?»
    Küttler hob die Augenbrauen. «Wie meint Ihr das?»
    «Ich meine nicht den Milchmann oder den Medicus. Ich meine auch nicht die Ratsherren, falls sich jemals einer dort hinverirrt hat. Ich meine damit Leute, die offensichtlich nichts in einem Findelhaus zu schaffen haben.»
    Der Pfarrer dachte nach. «Manchmal sehe ich den einen oder anderen Handwerker. Einmal war ein Brunnenputzer dort. Ein anderes Mal eine Näherin.»
    «Gibt es jemanden, den Ihr schon zweimal da gesehen habt?»
    Küttler nickte. «Der Weber Glänzer, ja, der ist oft dort. Und bei dem habe ich mich auch schon gefragt, was er da will. Er ist nämlich von Eurer Seite des Mains. Und dabei gibt es bei uns in Sachsenhausen auch einen.»
    Richter Blettner läutete mit der Glocke nach dem Schreiber, dann wandte er sich an den lutherischen Pfarrer. «Ich fürchte, Ihr werdet ein paar Nächte im Verlies bleiben müssen. Aber seid nicht bange, für Unterhaltung ist dort gesorgt. Pater Nau, der katholische, ist auch im Verlies.»
    Küttler riss die Augen auf. «Aber warum denn? Ich habe doch nichts getan!»
    «Seht es als Schutzhaft an, mein Lieber. Ich schütze Euch damit sozusagen vor Euch selbst.» Er legte einen Finger auf seine Lippen. «Versteht Ihr, was ich damit sagen will?»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 23
    G ustelies hatte gekocht, als würde sie ganze Regimenter zum Essen erwarten. Kochen war das Einzige, das sie beruhigte. Und Beruhigung brauchte sie dringend. Pater Nau litt an Auszehrung. Ihr Schwiegersohn Heinz weigerte sich, den Vorgängen im Findelhaus ein rasches Ende zu bereiten. Und noch immer war derjenige nicht gefasst, der junge Frauen skalpierte. Über die Beweggründe dieses Unholdes wagte Gustelies gar nicht nachzudenken. Also kochte sie. Zunächst eine Brühe aus Lamm, Schwein und Rind. Sie mischte Wasser mit einer Kanne Wein, gab die Knochen und Fleischstücke, ein paar Pfefferkörner und vier zerkleinerte Zwiebeln in den Kessel. Dann setzte sie den Kessel aufs Feuer und ließ die Sachen langsam vor sich hin köcheln.
    Lange hatte Gustelies überlegt, was sie als Braten vorsetzen sollte. Ihr Haushaltsgeld war aufgebraucht, der Pater saß im Verlies, und sie hatte einfach keine Zeit gehabt, einen guten Hasen in der Schlinge zu fangen. Also hatte sie sich in ihrer Not an den alten Rudolf gewandt. Er war Fallensteller und kannte das Verlies in der Warte wahrscheinlich besser als seine Kate. Gustelies vermied es selbstverständlich, in etwaige Criminalia wie zum Beispiel Wilddieberei verwickelt zu werden, aber heute war es einfach nicht anders gegangen. Rudolf hatte ihr ein Dutzend Wachteln gegeben, und Gustelies hatte ihm versprechen müssen, dass Pater Nau beim himmlischen Vater für den Wilddieb ein gutes Wort einlegte. Himmlischer Lohn sozusagen.
    Jetzt stand Gustelies in der Küche des Pfarrhauses, wusch die Wachteln, streute Salz und Pfeffer auf die mageren, gerupften Viecher, legte sie nacheinander auf die dürren Brüste und ließ ihren Handballen darauf fallen, dass die Wachtelknochen krachten. Dann führte sie einen Bratspieß durch das Wachtelhinterteil bis zum Schlund hinaus, spießte die Unterschenkel auf einen kleineren Spieß, sagte «So!» und wandte sich dem nächsten Vogel zu, bis endlich das ganze Dutzend über dem offenen Herdfeuer hing.
    Währenddessen schnitt sie frisches Roggenbrot in dicke Scheiben, stellte ein Töpfchen Butter und ein Fässchen Salz auf den Tisch. Als sie Teller, Becher und Besteck schön angeordnet hatte, klopfte es an der Pfarrhaustür, und gleich darauf stürmten Hella und Jutta die Küche.
    Kurz danach erschien der Richter, der Bruder Göck im Schlepptau hatte.
    Die Mahlzeit verlief beinahe schweigend, nur hin und wieder unterbrochen von der Bitte nach dem Salzfass oder dem

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