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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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beste Mann, mit Kindern Umgang zu haben. Auch sein Weib ist zu hart, wenn Ihr mich fragt. Aber wer soll diese Arbeit sonst tun? Sie wird schlecht bezahlt, Feierabend und Sonntage gibt es nie. Die Kinder müssen immer betreut werden. Und so manch ein Schlingel ist unter ihnen. Hat er was angestellt, der Vater Raphael? Ihr wisst schon, dass ich für das Seelenheil der Findlinge zuständig bin.»
    «Und genau deshalb seid Ihr auch hier, Küttler. Sagt, die Findlinge, wie sind sie so?»
    Der Pfarrer zuckte mit den Achseln. «Kinder eben. Zu meiner Zeit waren sie besser geraten, aber dies, hörte ich, sagt ein jeder, der erwachsen geworden ist. Sie sind still und falten die Hände, wenn es nottut. Sie kennen das Vaterunser, sitzen ansonsten in den hinteren Bänken und mucksen kaum. Zucht und Ordnung hat Vater Raphael ihnen schon beigebracht. Allein, ich frage mich, ob es ihnen an Liebe mangelt.»
    «Ist Euch an den Kindern sonst irgendetwas aufgefallen?»
    Küttler stülpte die Unterlippe vor und dachte nach. «Eigentlich nicht. Manche sind ein wenig blass. Zweimal ist mir schon eines während der Predigt eingeschlafen. Aber sonst?» Er schüttelte den Kopf.
    «Wann wart Ihr zum letzten Mal im Findelhaus?»
    «Jeden Freitag gehe ich dorthin. Das Mittagessen nehme ich mit den Kindern ein.»
    «Was gab es am letzten Freitag zum Essen?»
    Der Pfarrer runzelte die Stirn. «Warum fragt Ihr all das? Wollt Ihr mir nicht endlich sagen, worum es geht?»
    «Ich stelle hier die Fragen, weil es zu meinem Beruf gehört. Und Ihr antwortet mir bitte nach bestem Wissen und Gewissen darauf.» Obwohl Richter Blettner freundlich gesprochen hatte, war die Schärfe in seiner Stimme doch nicht zu überhören gewesen.
    «Würste gab es. Für die kleinen Kinder ein halbes Würstchen, für die Großen ein ganzes. Dazu Sauerkohl und Roggenbrot.»
    «Hat es geschmeckt?»
    Der Pfarrer verzog den Mund. «Im Vertrauen, Richter, die Meine daheim kocht allemal besser. Das Kraut, mir schien, als schmeckte es ein wenig gegoren. Und die Würstchen? Na ja, meine Hand lege ich nicht ins Feuer, dass sie wahrhaftig von einem Rind stammen. Aber sonst war es in Ordnung.»
    «Wann gab es zuletzt ein Neugeborenes im Findelhaus?»
    Küttler musste nicht lange überlegen. «Vor gar nicht langer Zeit. Gar nicht lange her ist das. Es lag auf meiner Kirchenschwelle. Da mein Weib schon vier davon zu Hause hat, habe ich’s ins Findelhaus getragen. Am nächsten Tag kam ein Ehepaar aus der Nachbarschaft. Gute, rechtschaffene Leute. Die wollten das Kind. Also habe ich nach dem Advocaten rufen lassen und gemeinsam mit Vater Raphael das Kind zu seinen neuen Eltern gebracht.»
    «Wie viel haben die dafür bezahlt?»
    «Bitte? Ich verstehe Euch nicht.»
    «Ihr versteht mich sehr gut, Pfarrer. Wie viel Geld gab Euch das Ehepaar für das Kindchen?»
    Pfarrer Küttler wurde rot. «Wir verkaufen keine Kinder. Das ist gegen jedes Recht und jede Moral.»
    «Das weiß ich auch», bestätigte Blettner. «Also? Wie viel?»
    Pfarrer Küttler rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. «Unsere Kirche, sie braucht ein neues Dach. Auch das Gestühl ist morsch. Wir vom neuen Glauben besitzen keine Pfründe wie die Altgläubigen. Niemand schuldet uns einen Zehnt, und eine Steuer gibt es für uns auch nicht. Alles müssen wir uns selbst beschaffen. Das ist nicht gerecht. Hätte der Rat schon entschieden, dass Frankfurt lutherisch ist, müssten wir nicht betteln gehen.»
    Blettner seufzte. «Was also habt Ihr im Namen Gottes und Luthers von den braven Eheleuten für Euern Glauben erbettelt?»
    «Zehn Gulden.» Die Worte waren nicht lauter als ein Hauch.
    «Was?» Blettner fuhr hoch. «So viel Geld? Dafür bekommt man drei Schafe.»
    Küttler zuckte mit den Achseln. «Zehn Gulden. Sie gaben es freiwillig, das schwöre ich. Und mein Weib hat alles genau in unserem Kirchenhaushaltsbuch vermerkt. Ihr könnt es gerne nachprüfen.»
    «Das werde ich, mein Lieber. Das werde ich. Und jetzt sprecht mit mir über die Kinderarbeit im Findelhaus.»
    Der Pfarrer riss die Augen auf. «Kinderarbeit? Im Findelhaus? Davon weiß ich nichts!»
    Blettner nickte. «Und was, mein Lieber, glaubt Ihr, dass die Kinder den ganzen Tag tun?»
    «Sie … sie werden wohl spielen. Wie … wie die anderen Kinder auch. Vielleicht mit einem Lumpenball.» Er verstummte und rang die Hände. «Kann sein, dass das Weib sich manchmal die Großen herannimmt, um zu helfen, das Haus zu putzen.»
    «Das Haus putzen?»
    Küttler

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