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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fühlen Sie sich stark genug?«
    »Ja!«
    »Wir nicht. Wir bestehen nicht nur aus Muskeln wie anscheinend Sie. In zwei Stunden ist es Abend.«
    »Wir sollten planvoll vorgehen.« Morotzkij setzte sich neben Andreas auf den umgestürzten Baumstamm. »Zuerst das Wasserproblem. Keiner hat bisher die Trümmer durchwühlt. Vielleicht finden wir etwas. An Bord waren vier Kisten Konserven.«
    »Eingewecktes Wasser, was?« schrie Putkin gequält. »So eine Dummheit!«
    »Wenn es Gemüsekonserven sind, enthalten sie Wasser, natürlich«, sagte Morotzkij, ohne beleidigt zu sein. »Wir sollten uns um die Trümmer kümmern …«
    Sie ließen den noch immer besinnungslosen Benerian zurück und gingen hinüber zu dem auseinandergeplatzten Wrack. Von dem Flugzeug war nicht viel übriggeblieben, und das Wunder, daß sie noch lebten, wurde immer größer, je mehr sie die Zerstörung begriffen. Nadeshna schlug ein Kreuz vor der Brust, was Putkin zu einem gefährlichen, wolfsähnlichen Knurren reizte.
    Die Kisten enthielten Fleischkonserven und tatsächlich Gemüse. Karotten und Gurken. Außerdem fand man den unversehrten Wassertank, der Kühlwasser für die Propellermotoren enthielt. Eine stinkende, ölige Brühe schwappte in dem Blechkasten.
    »Verdursten werden wir also nicht«, sagte Andreas Herr laut. »Das Problem ist gelöst. Verhungern auch nicht. Die Welt wird bewohnbarer, Putkin, was meinen Sie?«
    »Ich denke an den Winter.«
    »Ich denke, man wird uns suchen? Wenn wir heute abend nicht planmäßig in Wiljuisk zwischenlanden, wird man Alarm schlagen.«
    »Es kann sich wirklich nur um Stunden handeln«, sagte auch Morotzkij zuversichtlich. »Was meinen Sie, Katja Alexandrowna?«
    »Ich habe gar keine Angst.« Die Susskaja wühlte in den Trümmern, holte eine zerrissene Decke heraus und hängte sie sich über den Arm wie einen wertvollen Teppich. »Nur der Genosse Putkin muß immer durch die Gegend spucken! Lassen wir ihn es ist seine Art, sich zu vergnügen.«
    »Sechs Menschen –«, sagte Putkin dumpf. »Sechs Menschen sind jetzt auf Gedeih und Verderb zusammen, und davon müssen fünf Idioten sein. Es ist zum Kotzen! Mein Pech verfolgt mich. Als ich neun Jahre alt war, begann's. Ich fiel vom Traktor und brach mir beide Beine, weil der Traktorist ein besoffener Idiot war. Von da an nur Unglück, als wenn man am Schwanz des Teufels hängt. Nein, nein, ich sage nichts mehr. Ich schweige jetzt. Aber ihr werdet sehen, wie sich alles entwickelt, was aus uns wird … jeder von uns muß es ausfressen …«
    Die Nacht war lau. Tausend Geräusche füllten den Wald, Nachtvögel flatterten über den Windbruch, es roch nach süßlichem herbstlichem Sterben, als atmeten die Riesenbäume ihren jährlichen Tod aus. Sie hatten das Feuer kleingehalten, um es unter Kontrolle zu bekommen. Die Flammen prasselten aus dem pulvertrockenen Holz und gaben Licht, aber keinen Rauch. Doch gerade der wäre nötig gewesen, denn kaum brach die Dunkelheit herein und das Feuer brannte, verwandelte sich die Luft in eine summende Wolke. Myriaden von Mücken umschwirrten das Feuer und setzten sich wie Staub auf die Menschen. Morotzkij ertrug es mit der Sturheit eines Gelehrten, der weiß, daß man Naturereignisse nicht ändern kann. Dafür begann Putkin, wieder wie ein Fuhrknecht zu fluchen, schlug sinnlos um sich, schwenkte flammende Hölzer um seinen Kopf und benahm sich geradezu grotesk. Natürlich half das gar nichts. Die Mücken kümmerten sich nicht um seine feurigen Scheite. Sie fielen ihn dort an, wo er gerade nicht Funken um sich versprühte.
    »Satan noch mal!« sagte die Susskaja mit ihrer tiefen Stimme. »Was haben Sie für einen ordinären Wortschatz, Putkin! Nehmen Sie Rücksicht auf Nadeshna.«
    »Als ob das Vögelchen nicht wüßte, was eine Hure und ein Stinksack sind!« schrie Putkin. »Wir brauchen Rauch, um die Biester zu vertreiben! Feuchtes Holz.«
    »Zaubern Sie mal, Igor Fillipowitsch!«
    »Ich werde es!« Putkin sprang auf. Massig stand er im Flammenschein und packte sich an die zerfetzte Hose. »Die Damen bitte umdrehen!«
    »Igor, was haben Sie vor?« fragte die Susskaja ruhig.
    »Drehen Sie sich um, meine Dame!« schrie Putkin. »Oder schauen Sie hin, wie's beliebt! Ich pisse in die Flammen – das gibt Rauch!« Er blickte hinunter zu den anderen Männern. »Genossen, wer schließt sich an? Schluß ist's mit der Pensionatsmoral! Sollen wir bei lebendigem Leib von den Mücken gefressen werden? Wer gerade kann, ran an die Flammen und

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