Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
wie in Zeitlupe ablief. Schließlich schien der Doc seine Arbeit beendet zu haben. Er kam mit blutüberströmter Kleidung zu Maddy herüber. Unter seinen Augen prangten dunkle Ringe.
Maddy schluckte. »Wie geht es ihr?«
»Ich konnte die Blutung stoppen, aber sie hat sehr viel Blut verloren. Im Moment ist sie stabil, aber erst die Zeit wird zeigen, ob sie es schafft. Es tut mir leid, Maddy.«
»Wie ist das passiert? Wer hat sie gefunden?«
»Eins der Kinder hat sie hinter der Krankenstation entdeckt. Es ist gut, dass sie noch relativ früh gefunden wurde, nicht erst …« Doc Emerson musste husten. »Nun, wie dem auch sei, es ist gerade noch rechtzeitig gewesen. Ich habe ihre Wunden genäht, so gut ich konnte, und so viel Faden benutzt, wie ich auftreiben konnte. Aber ich kann keine Bluttransfusion durchführen und mir fehlt auch eine Infusionsnadel. Das Beste, was wir tun können, ist beten.«
»Ist sie wach?«
»Sie ist nicht bei Bewusstsein. Aber du kannst zu ihr gehen, wenn du möchtest.«
Maddy schaute zu dem reglosen Körper hinüber, zu dem Blut, das sich auf dem Boden in einer Pfütze gesammelt hatte, und zu den blutigen Stofffetzen, die überall verstreut lagen wie Fleischstücke. Sie schüttelte den Kopf. »Ich sollte Lucy sagen, was los ist. Sie wird es wissen wollen.«
»Maddy …«, begann Fran, aber Maddy schnitt ihr das Wort ab.
»Ich besuche Mum später. Lucy braucht mich jetzt.«
Maddy riss sich von Fran los und stürmte aus der Krankenstation.
Sie sah Lucy und Grace mit Alicia und Simon am Feuer sitzen.
Sie hockte sich neben ihre Schwester.
»Was ist denn mit Mum?«, wollte Lucy wissen und wischte sich die Tränen weg.
Grace, die neben Lucy saß, weinte nicht, aber auch sie wirkte traurig.
»Mum geht’s gut, sie hatte nur einen kleinen … Unfall.«
»Sie haben gesagt, sie hätte sich aufgeschnitten. Stimmt das?«
So sehr Maddy ihre Schwester vor der harschen Wirklichkeit beschützen wollte, sie schuldete Lucy die Wahrheit. Das Mädchen hatte bereits einen Elternteil verloren und mehr Brutalität erlebt, als es für ein Kind in ihrem Alter gut war. Sie verdiente Ehrlichkeit. »Ja.«
Lucy weinte noch heftiger. »Warum? Warum hat sie das gemacht?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Maddy.
Und sie wusste es wirklich nicht. Sie konnte nicht verstehen, warum ihre Mum so etwas tat. Es ergab einfach keinen Sinn.
Lucy ließ sich in Maddys Arme fallen und Maddy hielt sie ganz fest, während sie weinte.
Maddy schaute zu Grace hinüber und lächelte, so gut sie konnte. »Sie wird wieder gesund. Es wird alles wieder gut.«
Grace lächelte zurück, und in ihrem Lächeln lag ein Verständnis, das weit über ihr Alter hinausging.
Kurz darauf erschien Bill.
»Frank hat mir gesagt, was passiert ist. Geht es ihr gut?«
Maddy hob den Blick und sah Bill finster an. Nicht Bill, weißt du nicht mehr? Mr. Bale . »Was interessiert’s dich?«
»Gut, das hab ich verdient. Es tut mir leid, okay? Es ist nur … na ja, Mark und seine Männer sind aufgewacht und haben sich so, ich weiß auch nicht, seltsam benommen. Als ob sie sich darauf vorbereiten, rauszugehen. Darüber habe ich einfach die Zeit vergessen, während ich sie beobachtete …«
Maddy funkelte Bill an.
Er nickte. »Okay, gut, tut mir leid, du willst das nicht hören. Also, wie geht’s ihr?«
»Es geht ihr gut«, antwortete Maddy. »Sie ist stark, sie wird es schaffen.«
»Natürlich wird sie das.«
Danach schwieg Bill. Er stand nur da und wippte unruhig hin und her.
Schließlich fragte Maddy: »Wieso verpisst du dich nicht einfach wieder in dein beschissenes Vogelnest, hm? Da willst du doch sowieso hin. Geh und schau deinem Freund dabei zu, wie er kacken geht oder was auch immer.«
»Freund? Mark ist nicht mein …« Bill unterbrach sich. »Ich kann hierbleiben, wenn du willst.«
»Ich will, dass du gehst.«
Bill seufzte. »Okay, wenn es das ist, was du willst.«
Maddy lachte höhnisch. »Es ist das, was du willst.«
Bill verschwand ohne ein weiteres Wort.
»Du hast geflucht«, murmelte Lucy, die ihr Gesicht noch immer an Maddys Brust vergrub. »Ich sag Mum, dass du ein böses Wort benutzt hast.«
Maddy lächelte durch ihre Tränen und streichelte Lucys Haar.
An diesem Abend herrschte eine düstere Stimmung am Lagerfeuer. Niemand las aus Dickens vor und niemand erzählte Geschichten aus der alten Zeit. Es wurde überhaupt nicht viel geredet. Die Menschen saßen nur da und starrten in die Flammen. Alle waren sehr in
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