Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
sie …?«
»Sie weiß es. Aber es geht ihr gut. Sie schläft jetzt.«
Ihre Mum nickte kaum merklich, und für einen kurzen Moment drückte sie Maddys Hand.
»Ruh dich schön aus, dann fühlst du dich morgen schon viel besser.«
Der Händedruck ihrer Mum löste sich wieder und ihre Atmung ging gleichmäßiger. Flach, aber gleichmäßig.
Maddy sah sich nach etwas um, worauf sie sich setzen konnte. Sie entdeckte eine alte Milchkiste, ließ die Hand ihrer Mutter los, zog die Kiste heran und nahm Platz. Dann legte sie die Hand ihrer Mum wieder in ihre. Diesmal zuckte sie nicht zusammen.
»Oh, Mum. Warum hast du dir das angetan? Warum hast du uns das angetan?«
Sie wusste, in dieser Nacht durfte sie nicht mehr mit Antworten rechnen. Ob sie überhaupt je welche bekam?
Das Lagerfeuer war beinahe erloschen, als Maddy rund eine Stunde später aus der Krankenstation zurückkehrte – vordergründig, um nach Lucy und Grace zu sehen, aber auch, um etwas frische Luft zu schnappen.
Die beiden Mädchen schliefen noch immer tief und fest und auch Fran war eingeschlafen und lag neben ihnen.
Maddy gähnte. Sie fühlte sich völlig erschöpft, aber sie bezweifelte, dass sie in dieser Nacht noch Schlaf fand.
Sie trank einen Schluck Wasser aus einem der Behälter, warf ein paar Holzscheite ins Feuer und ging zurück zur Krankenstation.
Doc Emerson stand neben dem Bett ihrer Mutter.
»Sie schläft noch«, sagte der Doc.
»Wie alle anderen hier drin. Wie Sie es auch tun sollten.«
»Und du. Du siehst …« Der Doc unterbrach sich.
Maddy lächelte. »Beschissen aus?«
»Nein, natürlich nicht. Nur erschöpft, das ist alles.«
Maddy nickte. »Das bin ich auch. Aber ich kann jetzt nicht schlafen.«
»Deine Mum wird es schaffen. Sie ist stark, eine Kämpferin. Und die Verbände sind immer noch sauber, sie blutet also nicht mehr. Das ist ein gutes Zeichen.«
»Sagen Sie mir die Wahrheit oder ist das nur das ärztliche Standardgelaber?«
»Die Wahrheit. Ich habe es schon lange aufgegeben, die Leute mit Samthandschuhen anzufassen und schlechte Nachrichten möglichst weich zu verpacken. In dieser Neuen Welt ist kein Platz für Höflichkeiten. Ich bin es gewöhnt, schlechte Nachrichten zu überbringen, deshalb sind meine Manieren am Krankenbett etwas … nun, sagen wir einfach, ich habe keine mehr.«
»Freut mich, das zu hören.«
»Das hab ich mir gedacht.«
Maddy sah auf ihre Mutter hinunter. Wenn ihre Atmung nicht gewesen wäre, hätte man Carol Tilling glatt für eine Leiche halten können. »Ich darf sie nicht verlieren«, flüsterte Maddy. »Ich kann nicht noch einen Elternteil verlieren. Ich wüsste nicht, was ich täte, wenn …« Ihre Kehle schnürte sich zusammen und schnitt den Rest ihres Satzes ab.
»Ich werde mein Möglichstes geben, sie bei uns zu halten. Ich kann nichts versprechen, aber ich werdʼs versuchen.«
»Danke.«
»Das ist alles, was ich den Menschen heute noch anbieten kann – dass ich mein Möglichstes gebe. Ich kann ihnen nicht die nötige Medizin verschreiben, keine Bluttransfusionen durchführen und sie nicht an einen Tropf hängen. Und ich kann sie nicht an einen Spezialisten überweisen, um ihr gebrochenes Bein oder ihr krankes Herz zu heilen. Scheiße, ich bin auch nicht mehr wert als irgendein Quacksalber, der auf einem abgeschiedenen Berg in Südafrika Kräuter und Naturheilmittel verteilt. Genau das bin ich – ein Quacksalber mit einem Abschluss in Medizin. Und dieser Fetzen Papier hilft mir hier wirklich irrsinnig weiter.«
»Was reden Sie denn da? Wir brauchen Sie – ohne Sie wären wir hier vollkommen aufgeschmissen. Sie haben meine Mutter gerettet, zählt das denn gar nicht?«
Der Doc nahm seine Brille ab, wischte sich die Gläser mit seinem dreckigen Hemd ab und setzte sie dann wieder auf. »Ich hab nur getan, was jeder halbwegs intelligente Mensch getan hätte. Ich hab die Blutung gestoppt, so gut ich konnte, eine Nadel über einer Flamme sterilisiert und die Schnittwunden genäht. Du willst mir doch wohl nicht ernsthaft erzählen, dass dir nicht genau dasselbe eingefallen wäre?«
Maddy zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich in so einer Situation täte. Ich würde wahrscheinlich in Panik verfallen und einfach nur stocksteif rumstehen.«
Der Doc winkte mit einer Hand ab. »Sei nicht so bescheiden. Du bist ein kluges Mädchen. Du hättest dasselbe getan. Und was die Kräuter angeht: Ich weiß, welche Kräuter bei welchen
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