Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
denken!
»Dir passiert nichts. Ich versuche, mich zu beeilen. Ich hole ein paar Farnwedel und Blätter. Dann kannst du in der Aushöhlung ganz nach hinten rutschen und ich lege das Grünzeug auf dich drauf. Das ist das perfekte Versteck.«
Maddy hörte ein Schniefen in der Dunkelheit.
»Das ist genau wie Verstecken spielen.«
»Und du kommst wirklich zurück?«
Maddy schluckte. »Ich komme zurück. Rutsch du schon mal ganz nach hinten und ich hole ein paar Blätter und so.«
»Maddy?«
»Hm?«
»Was ist da hinten passiert? Am Eingang? Was hast du gesehen, das dir solche Angst gemacht hat?«
Maddy schloss die Augen. Im Geiste sah sie das Bild der beiden toten, nackten Männer vor sich. Sie erschauderte. »Nichts. Sei tapfer, ich bin gleich wieder da.«
Maddy kroch aus der schützenden Aushöhlung und wagte sich zurück in den Dschungel.
Als Lucy sicher hinter einer grünen Blätterdecke in der tiefschwarzen Dunkelheit des hohlen Baumstamms verschwunden war – »Verhalt dich ganz still«, hatte Maddy sie ermahnt. »Beweg dich erst wieder, wenn ich zurückkomme. Und wenn ich bei Sonnenaufgang noch nicht da bin, dann versuchst du, hinten durch das Loch zu entkommen.« Geendet hatte sie mit: »Ich hab dich lieb, Luce!« –, schlich Maddy durch den Dschungel, um nach Grace zu suchen.
Sie zu finden, dürfte nicht einfach werden. Sie konnte sich in der Aushöhlung eines anderen Baumes verstecken oder sogar auf einen Baum geklettert sein. Maddy hätte direkt auf sie zusteuern und sie im diesigen Licht trotzdem nicht bemerken können.
Lucy hat völlig recht. Sie könnte sonst wo sein.
Womöglich wäre es das Beste, zu dem hohlen Baum und ihrer Schwester zurückzukehren, damit sie gemeinsam von hier flüchten konnten.
Aber Maddy bekam das, was Lucy ihr über Graces Mum erzählt hatte, einfach nicht aus dem Kopf. Das arme Mädchen war schon einmal verlassen worden, und es brach Maddy das Herz, auch nur daran zu denken, dass jemand sie erneut im Stich ließ.
Nur noch eine Weile. Wenn ich sie nicht bald finde, hab ich keine andere Wahl, als zu Lucy zurückzugehen.
Eventuell hatte Grace es bereits zu dem Loch geschafft und war aus der Zuflucht geflohen.
Ein schöner Gedanke, aber höchst unwahrscheinlich.
Als sie so durch den Dschungel schlich und vorsichtig Farnwedel und Kletterpflanzen beiseiteschob, fiel Maddy auf, dass es in der Zuflucht leiser war als noch vor einer Weile: weniger Schreie, mehr Weinen.
Und es hing ein kräftiger Geruch von Blut in der Luft, beißend und salzig.
Noch immer huschten Gestalten durch den dichten Dschungel, aber ihre Fackeln leuchteten schwächer als zuvor. Hin und wieder durchschnitt ein Schrei die nervöse Stille. Möglicherweise Mark, der seinen Männern befahl, sich zu beeilen und seine Hauptdarstellerin endlich zu finden.
Sie wünschte sich, ihren Speer dabeizuhaben, aber der lag noch bei Lucy in der Baumhöhle.
Als sie den Rand des dichteren Urwalds erreichte, ganz in der Nähe des Lagerfeuers, suchte sie den gesamten vorderen Bereich ab. Nirgendwo eine Spur von Grace.
Es tut mir leid, Grace. Ich hoffe, es geht dir gut, dachte Maddy traurig.
Als sie sich dem Hauptwohnbereich näherte, konnte Maddy Gelächter hören, unter das sich schmerzerfülltes Schluchzen und ängstliches Flehen um Gnade mischten.
Ich frage mich, ob es Mum gut geht.
Maddy hasste den Gedanken, dass ihre Mutter ganz allein dort drüben lag. Was mochten Mark und seine Wilden den Patienten auf der Krankenstation antun?
Durch den Vorhang der Vegetation konnte Maddy erkennen, wie das Lagerfeuer aufloderte.
»Lebt wohl, ihr Bücher«, grölte einer der Männer. »Lebt wohl, ihr Bücher«, wiederholte er, während die Flammen im düsteren Licht des frühen Morgens tanzten.
Maddy pirschte sich näher an den gerodeten Bereich heran und blieb hinter einem Baumfarn stehen. Vorsichtig teilte sie die großen Blätter und lugte durch den schmalen Spalt.
Sie sah, wie eines der Gangmitglieder immer wieder in die Kiste griff und einen Stapel Bücher nach dem anderen ins Feuer warf. Der Mann, der einen dichten Vollbart hatte, kam ihr vage bekannt vor. Er grinste, während er die Literatur der alten Welt zerstörte. Mehrere andere Wilde standen um ihn herum und lachten.
Überall lagen Leichen auf dem Boden. Die meisten wirkten übel zugerichtet, und es dauerte nicht lange, bis Maddy erkannte, dass es sich abgesehen von einigen älteren Frauen fast ausschließlich um Männer handelte. Die jüngeren Mädchen
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