Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
unzählige Möglichkeiten, sich zu verstecken – er konnte sich daher alles andere als sicher sein, dass ihm niemand folgte.
Mit einem Stirnrunzeln drehte Ben sich um und setzte seinen Marsch fort.
Vielleicht bilde ich mir auch schon Sachen ein. Vielleicht bereitet das Alleinsein meinem Hirn so viel Angst, dass ich mir einbilde, verfolgt zu werden.
Das Gefühl ließ ihn auch in der nächsten Stunde nicht los. Als er einen offenen Tunneleingang passierte, verschwand jedoch das heiße, kribbelige Gefühl, von fremden Augen angestarrt zu werden.
Seltsam.
Wer immer ihn verfolgt haben mochte – er war weg. Und er stellte ganz offensichtlich keine Bedrohung dar, denn er hatte Ben die ganze Zeit über nicht angegriffen.
Ben wandte seine Aufmerksamkeit dem Tunnel zu. Der Eingang war seitlich in einen Hügel gegraben und groß genug, dass ein erwachsener Mann hindurchkriechen konnte. Er sah frisch aus, und der Felsbrocken, der als Schutz gegen Räuber und die Elemente diente, lag seitlich neben dem Loch.
Ben näherte sich der Öffnung mit Vorsicht. Er erwartete nicht, dass sich jemand in dem Tunnel befand – Tunnelbewohner verschlossen ihren Eingang immer, wenn sie nicht zu Hause waren –, aber er wusste, dass er trotzdem vorsichtig sein musste.
Er zog seine Bärenklaue heraus und machte sich für einen Überraschungsangriff bereit.
Für gewöhnlich lebten Menschen paarweise oder zu dritt in den Tunneln, seltener auch zu viert oder zu fünft. Sie stellten die niederste der drei Hauptgruppen von Räubern dar und verließen sich auf Angriffe aus dem Hinterhalt und gelegentliche Fallen, um ihre Beute zu schnappen, nicht auf Stärke oder Geschwindigkeit. Die meisten Tunnelbewohner waren dünne, blässliche Typen, da sie einen Großteil der Zeit unter der Erde verbrachten, wo sie sich von Erdwürmern, Insekten und Wurzeln ernährten. Sie aßen nur selten Fleisch und wagten sich nur aus ihrem Bau, um ihre Wasser- und Früchtevorräte aufzufüllen.
Noch immer mit weitgehend leerem Magen musste Ben daran denken, wie gut es ihm tun würde, eine oder auch zwei Tunnelratten zu erwischen.
Solange es nicht mehr als zwei Tunnelbewohner waren, sollte Ben keine Mühe haben, sie zu überwältigen. Immerhin war er nun ein ausgewachsener Löwe, und Löwen standen am oberen Ende der Nahrungskette. Sicher, er war erst 13, aber ein 13-jähriger Löwe konnte es leicht mit drei oder vier Tunnelratten aufnehmen.
Er legte sein Vorratsbündel auf dem Boden ab, kniete sich auf die matschige Erde und steckte seinen Kopf in den Tunneleingang. Er schnupperte. Neben dem muffigen Geruch der nassen Erde konnte er auch Exkremente, Urin und den beißenden Gestank von Schweiß wahrnehmen. Dieser Bau wurde definitiv benutzt.
Er hielt den Atem an und lauschte. Er konnte nur das sanfte Heulen des Windes hören.
Trotzdem bedeutete das nicht zwangsläufig, dass sich derzeit niemand im Bau aufhielt.
Der Tunnelbewohnerbau war stets sehr weitläufig und verfügte über mehrere Seitentunnel und Sackgassen, in denen sie schliefen. Es konnte durchaus sein, dass Bens Ohren noch nicht so geübt waren wie die eines älteren Löwen, und womöglich lag irgendwo dort unten ja doch eine schlafende Tunnelratte.
Vielleicht war der zweite Tunnelbewohner ausgegangen, um nach Beeren zu suchen oder frisches Wasser zu holen, jetzt, wo der Regen aufgehört hatte, und hatte den Eingang offen gelassen, damit ein wenig frische Luft in den Bau wehte.
Die beste Art und Weise, herauszufinden, ob sich Tunnelbewohner unter der Erde befanden – und die beste Methode, sie zu fangen –, bestand darin, sie auszuräuchern. Ben hatte keine Streichhölzer, aber nun, wo die Sonne schien, konnte er eine der anderen Möglichkeiten ausprobieren, ein Feuer zu machen, die er als Junglöwe im Verbund gelernt hatte.
Er hob sein Bündel auf und kroch wieder aus dem Bau, wanderte weiter durch den Dschungel, bis er ein Haus erreichte.
Das einstöckige Ziegelgebäude erwies sich als schwer beschädigt. Seine orangefarbene Fassade war mit Moos bewachsen und der Großteil des Hauses lag über den Dschungelboden verstreut, einschließlich des Dachs. Eine Eberesche war mitten in dem Gebäude gewachsen. Ben ging nicht davon aus, dass hier jemand wohnte – das Haus wirkte zu stark zerstört. Aber er näherte sich trotzdem sehr vorsichtig und schnupperte, so wie er es gelernt hatte, nach irgendeinem Anzeichen für Leben.
Das Haus roch nach Wald, und Ben ging näher und inspizierte den
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