Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
vier.
Als sie dort auf die Parkebene traten, sah Paul, dass Beth neben Harold hockte, seinen Rücken streichelte und ihm gut zuzureden schien. Candice stand an einen noch aufrechten Pfeiler gelehnt und schaute finster drein.
Beth erhob sich, als Paul vorsichtig auf sie zukam. »Und?«
Gott, wie Paul es hasste, schlechte Nachrichten zu überbringen.
»Sie haben keine guten Neuigkeiten, oder? Sie konnten die Eingangstür nicht einschlagen, stimmt’s?«
»Wir sind noch nicht mal bis zur Eingangstür gekommen, umʼs zu versuchen. Die Tür im Erdgeschoss ist abgeschlossen.«
»Scheiße.«
»Ja.«
»Und was ist mit Ebene eins? Denken Sie, wir kommen da raus?«
»Es ist möglich, schätze ich. Aber die oberste Ebene ist voll mit den Blättern und Ästen der Baumkronen. Ich konnte die Rampe nach draußen nicht mal sehen. Sie könnte genauso unbenutzbar sein wie einige der anderen.«
»Wenn das stimmt, sind wir erledigt.«
Paul sah, wie ein Ausdruck von Angst über Beths Gesicht huschte.
»Machen wir einfach einen Schritt nach dem anderen. Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob die Rampe unpassierbar ist. Wenn sie noch intakt ist, ist alles, worum wir uns Sorgen machen müssen, wie wir sie erreichen. Unglücklicherweise dürfte sich das als schwierig herausstellen.«
Beth stieß einen langen Atem aus, senkte den Kopf und massierte ihre Schläfen.
»Vielleicht sollten wir einfach abwarten«, schlug Paul vor. »Es ist nicht nötig, dass wir unser Leben umsonst aufs Spiel setzen. Ich meine, Gott, es wird doch sicher irgendjemand merken, dass Bäume aus einem Einkaufszentrum in der Vorstadt wachsen, und Hilfe rufen.«
Beth sah zu ihm auf. »Und wenn nicht?«
Paul schluckte. »Ich weiß es nicht. Ich schätze, dann müssen wir versuchen …«
Ein Zittern ging durch die Tiefgarage.
Es war nur eine leichte Erschütterung, wie ein Nachbeben, aber es genügte, dass Pauls Herz in seine Kehle hüpfte und Beth ihn erschrocken am Arm packte.
Es störte ihn nicht.
Erneut rieselte Schutt von Wänden und Decke und Staub wirbelte auf.
»Was war das?«, schrie Candice.
»Noch mehr Bäume?«, erwiderte Bruce, dessen Blick erwartungsvoll hin und her huschte. Er hatte sich in Candices Nähe gesetzt.
»Gott, ich hoffe nicht«, sagte Paul.
Aber es lag durchaus im Bereich des Möglichen. Nach dem, was heute Abend geschehen war, konnten sie praktisch nichts ausschließen.
Beth ließ Paul los, warf ihm ein leicht verlegenes Lächeln zu und ging zu ihrer Tochter.
Zwei
Eine unheimliche Stille hatte sich über der Tiefgarage ausgebreitet. Als einziges Geräusch hörten sie das Prasseln des Regens, der vier Ebenen höher einen monotonen Rhythmus trommelte.
Seit Stunden hatte niemand ein Wort gesprochen. Selbst Harold hatte zu weinen aufgehört. Er saß mit geschlossenen Augen gegen einen der Betonpfeiler gelehnt und streichelte zärtlich über das Gesicht seiner toten Frau.
Auf dem Boden lag einsam ein Mobiltelefon herum und tauchte die unmittelbare Umgebung in kaltes, weißes Licht. Sie hatten beschlossen, die Akkus der anderen Handys zu schonen und die Geräte abzuschalten, und nur eines davon als Taschenlampenersatz zu verwenden. Paul hatte allerdings festgestellt, dass die Batterie seines eigenen Telefons bereits schwächelte und höchstens für eine weitere Stunde Licht sorgen konnte.
»Es ist Mitternacht.«
Beths einst so sanfte, feine Stimme klang nun rau und jeglicher Emotionen beraubt.
»Ja, und?«, erwiderte Paul. Er hatte sich vor der Tür zum Treppenhaus auf den Boden gesetzt.
»Na ja, schließen die Kinos nicht um Mitternacht? Ich dachte, dann gehen die letzten Vorführungen zu Ende.«
Paul zuckte mit den Schultern. Er war noch nie in der Spätvorstellung im Kino gewesen.
»Das stimmt doch, Candice, oder?« Beth, die an einem anderen Betonpfeiler hockte, schaute zu ihrer Tochter hinüber. »Candice?«
»Was?«, hörten sie eine zitternde Stimme.
»Die Kinos, schließen die nicht gegen Mitternacht?«
»Mm-hm.«
Beth wandte Paul ihr aschfahles Gesicht zu. »Jetzt ist Mitternacht. Das bedeutet, dass einige Leute nach Hause gehen werden. Was wiederum bedeutet …« Beths Gesichtszüge entgleisten, und sämtliche Hoffnung verließ sie, als ihr der Irrtum aufging. Der Kinoparkplatz lag ganz am anderen Ende des Einkaufszentrums.
»Was bedeutet, dass wir uns immer noch in derselben Lage befinden wie in den letzten paar Stunden«, führte Paul ihren Satz zu Ende. »Wir stecken in diesem gottverdammten Parkhaus
Weitere Kostenlose Bücher