Die Verfluchte
knirschten vor Wut. Alan! Nach allem, was er ihr angetan hatte, wagte er es immer noch, sich Rose körperlich zu nähern? Reichte es ihm nicht, was sie, Branwen, ihn schon alles hatte durchleiden lassen? Musste sie ihn noch härter strafen?
In Gedanken eilte sie durch die zwanzig Jahrhunderte, die vergangen waren, seit sie Rose verflucht und Alan mit ihrem magischen Bann belegt hatte. Sie konnte sich an kein einziges Mal erinnern, in dem er es geschafft hatte, ihren Morrigan-Kräften zu widerstehen ... Branwen grinste finster. Doch! Ein paarmal war er durch äußere Umstände daran gehindert worden, zu Rose zu gelangen. Einmal zum Beispiel – es musste während der Französischen Revolution gewesen sein – hatte er sich absichtlich verhaften und einsperren lassen. Branwen hatte dafür gesorgt, dass er diese dumme Idee teuer bezahlte.
Bei den Fahrstühlen blieb sie stehen. Ein düsteres Lächeln glitt über ihre Lippen, als sie an die Höllenqualen dachte, die sie Alan in der Bastille bereitet hatte.
Genau das würde sie heute wiederholen. Heute Nacht würde sie dafür sorgen, dass dieser Bastard daran erinnert wurde, was seine Aufgabe war. Ihr gesamter Körper prickelte vor Vorfreude auf das, was sie ihm antun würde.
Die Fahrstuhltür öffnete sich mit einem melodiösen Glockenton. Die Kabine war leer. Perfekt!
Branwen trat hinein und wartete, bis sich die Türen hinter ihr geschlossen hatten. Dann konzentrierte sie sich.
Bläuliches Licht flutete die luxuriöse Kabine, und dann gab es einen leisen Knall, als die Luft dorthin strömte, wo Branwen noch eben gestanden hatte.
Als sich der Fahrstuhl im Erdgeschoss öffnete, schaute der diensthabende Rezeptionist von seinem Computer auf und runzelte die Stirn. Warum war das Ding nach unten gekommen? Die Kabine war leer, und es stand auch niemand im Foyer, der sie gerufen hatte.
Kopfschüttelnd wandte der Rezeptionist sich wieder seiner Arbeit zu.
Alans Iris leuchtete grellblau auf.
Vor Schreck stieß Rose einen unterdrückten Schrei aus, und Alan fuhr zurück, als habe er sich an ihr verbrannt. Eine Sekunde lang blieb er über ihr, seine Augen weit aufgerissen vor Schrecken. Sie sah feine Linien, die aus dem Leuchten krochen und seinen Augapfel überzogen. Sie sah, wie diese Linien seinen linken Augenwinkel erreichten und von dort aus über die Haut an seiner Schläfe wanderten.
Mit einem Schrei, der gleichzeitig frustriert und entsetzt klang, wich Alan rückwärts. Er taumelte zur Terrassentür.
„Alan!“, rief sie. Ihr Herz jagte. Was geschah hier?
In der Tür blieb er stehen, die Hände rechts und links am Rahmen abgestützt, den Kopf gesenkt. Die Muskeln in seinen Schultern und Armen waren angespannt, das konnte sie von ihrem Platz aus sehen. Was aber war mit seinem Gesicht? Woher kamen diese rätselhaften Linien?
„Alan!“ Diesmal flüsterte sie.
Er machte Anstalten zu gehen, aber etwas hielt ihn zurück. Er schwankte, als sei er hin und hergerissen.
Rose überlegte nicht lange. Sie stand auf und zog sich ihr Nachthemd über der Schulter zurecht. Dann trat sie hinter Alan.
„Bitte!“ Seine Stimme war kaum noch zu erkennen, klang wie ein heiseres, gepresstes Stöhnen. Rose wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sanft legte sie ihm die Hand zwischen die Schulterblätter.
Er zuckte zusammen, als habe sie ihn geschlagen.
„Geh weg!“, murmelte er.
„Warum, Alan?“
Er rührte sich nicht. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als er stoßweise atmete.
„Warum?“, wiederholte Rose, ohne die Hand zwischen seinen Schulterblättern fortzunehmen.
Da drehte er sich so, dass sie einen Blick in sein Gesicht erhaschen konnte. Sie erschrak. Die Linien hatten jetzt seine halbe Stirn und die linke Wange überzogen und bildeten ein verschlungenes, geheimnisvoll aussehendes Muster. „Weil ich dich sonst töte“, stöhnte er. Und näherte seine Hände ihrer Kehle.
Sie wich rückwärts. Panik schnürte ihr die Kehle zu, machte ihren Körper ähnlich schwach wie noch kurz zuvor das Verlangen. Doch dann – ohne dass sie wusste, was genau geschah – wurde sie plötzlich ganz und gar ruhig.
Energisch schüttelte sie den Kopf. „Nein!“, sagte sie.
Alan biss die Zähne zusammen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten öffneten sich wieder, und Rose konnte sehen, wie viel Kraft es ihn kostete, gegen das, was auch immer ihn in seiner Gewalt hatte, anzukämpfen.
Sie hielt seinem flammend blauen Blick stand. „Das wirst du nicht“,
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