Die Verfluchten
lauernd. »Etwas tun, was Ihr ihnen
nicht befohlen habt, Mustafa?«
Mustafa wurde tatsächlich noch blasser, als er die Falle begriff, in
die er sich selbst hineinmanövriert hatte. »Nein«, sagte er hastig.
»Das habe ich nicht gemeint. Es ist nur…« Ein nachdenklicher Ausdruck erschien mit einem Male auf seinem Gesicht, und er maß Andrej mit einem langen, verwirrten Blick.
»Was?«, fragte Arslan noch einmal, diesmal in scharfem, forderndem Ton.
»Gerade bevor Ihr gekommen seid«, Mustafa blinzelte nervös, »hat
Andrej mich gebeten, ihm eine größere Summe Geld zu leihen.«
Arslan wandte sich wieder zu Andrej um. »Stimmt das?«, wollte er
wissen.
»Sicher«, erwiderte Andrej spöttisch. »Das macht ja auch Sinn,
nicht wahr? Mir zu Wucherzinsen Geld zu leihen, wenn ich gerade
ein kleines Vermögen geraubt habe.«
Darüber dachte Arslan sichtlich angestrengt nach, wischte den Gedanken dann aber mit einer beiläufigen Geste zur Seite und sagte nur
noch einmal: »Wir werden die Wahrheit herausfinden. Ihr werdet uns
begleiten. Alle.«
»Aber wieso denn?«, beschwerte sich Mustafa. »Ich habe doch mit
alledem nichts…«
»Schweigt!«, unterbrach ihn Arslan. »Ich nehme euch fest. Ihr werdet uns ohne Widerstand begleiten, und wir werden die Zeugen vernehmen, und dann wird die Wahrheit schon ans Licht kommen.«
Irrte sich Andrej, oder streifte sein Blick auch kurz, aber unübersehbar misstrauisch, Salils Gesicht? Der zwielichtige Händler wirkte
auf jeden Fall plötzlich noch nervöser. »Ich hatte gleich kein gutes
Gefühl«, sagte er. »Kein ehrlicher Kaufmann würde einen Ungläubigen in seine Dienste nehmen. Es sei denn, er hätte etwas vor, für das
sich kein gläubiger Moslem hergeben würde.«
»So wie du?«, grollte Abu Dun.
Salil setzte zu einer trotzigen Antwort an, doch Arslan schnitt ihm
auch jetzt wieder das Wort ab. »Genug!«, sagte er scharf. »Ihr
kommt mit! Alle!«
»Nein«, sagte Andrej ruhig.
Zum allerersten Mal schien es ihm gelungen zu sein, den Hauptmann aus der Fassung zu bringen. Er riss die Augen auf und starrte
ihn an. »Nein?«, wiederholte er. »Was soll das heißen?« Plötzlich
verdunkelte Zorn seine Augen. »Gebt eure Waffen ab und folgt uns
widerstandslos, oder ich lasse euch in Ketten legen!«
»Nein«, sagte Andrej noch einmal ebenso ruhig wie zuvor. »Ich
fürchte, das kann ich nicht zulassen, Hauptmann.« Er bewegte sich
unauffällig ein Stück zur Seite, und hinter ihm trat Abu Dun fast gemächlich vor die Tür, drückte sie mit dem Rücken zu und schob aus
der gleichen Bewegung heraus mit dem Ellbogen den Riegel vor.
Arslans Augen wurden noch größer, doch dann nahm grimmige Entschlossenheit den Platz von Überraschung und Unglauben auf seinem Gesicht ein. »Ergreift sie!«, befahl er.
Seine vier Begleiter zogen gleichzeitig ihre Waffen, und auch Andrej legte die Hand auf seinen Schwertgriff. Abu Dun machte sich
nicht einmal die Mühe, die Arme herunterzunehmen, die er vor der
Brust verschränkt hatte, sondern stand einfach weiter reglos da und
sah mit einem kalten Lächeln auf die beiden Soldaten hinab, die zwar
auf ihn zugetreten waren, aber offensichtlich wenig Begeisterung für
den Gedanken aufbrachten, sich mit diesem Riesen anzulegen.
Anders die, denen Andrej gegenüberstand. Vielleicht war das das
Gegenteil des Effekts, der sich normalerweise einstellte, wenn er
irgendwo zusammen mit Abu Dun auftauchte. Die beeindruckende
Erscheinung des Nubiers führte anscheinend dazu, dass die Krieger
einen Mann von ganz normalem Wuchs, wie Andrej es war, hoffnungslos unterschätzten.
Hätte Andrej es gewollt, hätte sie dieser Fehler das Leben gekostet.
Einer der Männer stürmte direkt auf ihn zu und schwang seinen Säbel, der andere versuchte, einen Bogen zu schlagen, um ihm in die
Seite zu fallen. Ihre Bewegungen waren schnell und entschlossen, die
Männer wussten, was sie taten.
Sie wussten nur nicht, mit wem sie es zu tun hatten.
Andrej wartete bis zum allerletzten Moment, dann duckte er sich
unter dem zustoßenden Säbel des Ersten hindurch, packte dessen
Handgelenk und verdrehte es mit einem so harten Ruck, dass der
Mann nicht nur die Waffe fallen ließ, sondern einen halben Salto in
der Luft schlug und dann schwer auf den Rücken krachte. Und noch
bevor er aufschlug, drehte sich Andrej um eine Winzigkeit, knickte
in der Hüfte ein und empfing den zweiten Angreifer mit einem geraden Tritt vor den Brustkorb, der ihn wuchtig nach hinten und
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