Die Verfluchten
Kopfschütteln übergehen. »Nicht Faruk persönlich. Aber einer seiner
Männer. Ein Offizier aus seiner Leibgarde. Er hat behauptet, sie wäre
für ihn selbst, aber ich weiß, dass das nicht stimmt.«
»Woher?«, fragte Andrej.
»Weil es allgemein bekannt ist, dass Emir Faruk eine Vorliebe für
dunkelhäutige Frauen hat«, beeilte sich der Sklavenhändler zu versichern. »Und weil der Mann, von dem ich die Nubierin habe, mir…«
Er biss sich auf die Unterlippe, als wäre ihm etwas herausgerutscht,
was er nicht hatte sagen wollen.
»Ja?«, fragte Andrej.
»Der Händler, von dem ich die Nubierin gekauft habe«, murmelte
der Sklavenhändler widerwillig, »hat gesagt, dass sich der Emir vielleicht selbst für sie interessieren würde. Ich habe ihm nicht geglaubt,
aber anscheinend hatte er Recht.«
»Was für ein Händler?«, fragte Abu Dun. »Wo finden wir ihn?«
Diesmal erntete er nur ein bedauerndes Kopfschütteln. »Weiß es
nicht«, erwiderte der Sklavenhändler. »Das ist die Wahrheit! Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen, und er ist auch nur einen Tag hier
geblieben und dann sofort weitergezogen. Es war ein Mann mit einem vernarbten Gesicht. Er hatte die Nubierin und noch zwei Dutzend anderer Sklaven, und ich hatte das Gefühl, dass sie irgendwie
zusammengehörten.«
»Wer hat die anderen gekauft?«, fragte Andrej.
»Dieser und jener eben«, antwortete der Sklavenhändler. »Ich frage
nicht, wer welchen Sklaven kauft und warum, solange ich mein Geld
bekomme. Aber die«, fuhr er in leicht verändertem, jetzt schon wieder fast trotzigem Ton fort, »nach der ihr sucht, ist wahrscheinlich
schon im Harem des Emirs.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Und die
Residenz des Emirs ist noch besser bewacht als die Garnison. Ihr
würdet nicht einmal in ihre Nähe kommen, glaubt mir.«
Womit er wahrscheinlich sogar Recht hatte, dachte Andrej. Sie hatten den Palast von Mardina bisher nur von weitem gesehen, doch
selbst aus der Entfernung betrachtet erweckte er eher den Eindruck
einer trotzigen Burg als den eines Palastes.
Und wenn Faruks Männer alle so gut waren wie Arslan und die
Gardisten in seiner Begleitung, dann dürfte es sich tatsächlich als
ziemlich schwierig erweisen, ungesehen in die Residenz einzudringen, wenn nicht gar als unmöglich. Trotzdem schüttelte er den Kopf.
»Das solltest du vielleicht besser unsere Sorge sein lassen.«
»Und wenn sie uns erwischen und töten, fühlst du dich umso besser«, fügte Abu Dun hinzu. Er grinste, aber der Blick, mit dem er
Andrej dabei streifte, wirkte besorgt. »Dann bist du gleich zwei Sorgen auf einmal los, nicht wahr?«
»Faruk wird mich hinrichten lassen«, wimmerte der Sklavenhändler. »Er wird nicht fragen, warum ich euch dorthin geschickt habe.«
»Und es wird ihn auch nicht interessieren, wenn wir beteuern, dass
wir diese Informationen mit Gewalt aus dir herausgepresst haben?«,
fragte Andrej.
»Bestimmt nicht!«, versicherte der Sklavenhändler.
»Wie weit ist es von hier bis zum Palast?«, fragte Andrej.
»Nicht weit«, antwortete der Mann. »Vielleicht eine halbe Stunde.«
»Dann solltest du meinen Rat annehmen und diese Zeit nutzen, um
deine Sachen zu packen und von hier zu verschwinden«, sagte Andrej. »Du hast alle deine Sklaven verkauft, sagst du? Dann gibt es ja
nicht mehr viel, was dich aufhält.«
»Du willst ihn am Leben lassen?«, fragte Abu Dun. Der Sklavenhändler ächzte hörbar und starrte den Nubier an.
Andrej zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Wenn er die
Wahrheit sagt, dann wird er uns kaum verraten, nicht wahr? Vor allem«, fuhr er nun wieder direkt an den Sklavenhändler gewandt fort,
»weil wir selbstverständlich behaupten werden, er hätte uns geschickt, sollten wir Faruks Wachen tatsächlich in die Hände fallen.«
»Oder wir schneiden ihm die Kehle durch«, schlug Abu Dun vor.
»Zum Beweis seiner Unschuld dürfte das allemal reichen.«
»Ich… ich werde nichts sagen!«, beteuerte der Sklavenhändler.
Seine Stimme hörte sich an, als könnte er nur noch mit letzter Kraft
die Tränen zurückhalten. »Ich schwöre es, bei allem, was mir heilig
ist! Ich werde sofort abreisen! Ihr habt Recht! Ich habe alle Sklaven
bis auf zwei verkauft, und die sind in so schlechtem Zustand, dass sie
ohnehin niemand haben will. Ich lasse sie hier und verlasse Mardina,
noch bevor die Sonne aufgeht!«
Andrej spürte, dass das ernst gemeint war. Natürlich hatte Abu Dun
nicht vorgehabt, den Mann zu töten, so wenig wie er, auch wenn
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