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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Entführer zog sie vom Pferd herunter und stellte sie auf den Boden. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie ein zweites verschnürtes Bündel, das sich ebensowenig bewegen konnte wie sie, von dem anderen Pferd heruntergehoben wurde. Der andere Reiter legte das Bündel neben ihr ab, aber da Chris den Kopf nicht bewegen konnte, wußte sie nicht, wer darin verpackt war. Erst als ihr Entführer ihr das Seil vom Körper zu wickeln begann und ihr Kopf freilag, konnte sie das Bündel betrachten - und erschrak.
    Pilar lag neben ihr und sah sie ebenso erschrocken an.
    Ihr Entführer entfernte den Knebel aus ihrem Mund. »Was machen Sie denn hier?« schrie Chris.
    »Mund halten?« rief der Mann, der sie gefangengenommen hatte. Der andere Reiter war groß und hager. »Wir wollen nicht euer Geschnatter hören. Wollt ihr etwas zu trinken haben oder nicht?«
    Mit zitternden Händen nahm Chris dem Mann den schmutzigen Zinnbecher ab.
    »Wer sind Sie?« fragte sie den Mann. »Was wollen Sie von uns?«
    »Hast du Sehnsucht nach deinen Stricken?«
    Chris wollte etwas darauf erwidern, spürte aber im selben Moment Pilars Hand auf ihrem Arm. Sie blickte die dunkelhaarige Frau an und sah, daß diese stumm den Kopf schüttelte. Chris wandte den Blick wieder von ihr ab, sagte aber kein Wort mehr. Ein paar Minuten später packte der Mann, der sie entführt hatte, sie bei den Schultern, riß sie vom Boden hoch und warf sie in den Sattel.
    »Ich mag keine geschwätzigen Frauen«, rief er ihr ins Ohr. »Solange du deinen Mund hältst, werden wir uns gut vertragen. Machst du ihn aber auf, werde ich ihn wieder mit einem Knebel verstopfen. Hast du mich verstanden?«
    Sie sah, wie er seine schwarze Kapuze auf die Erde warf, drehte sich aber nicht im Sattel, um sein Gesicht zu sehen. Sie hatte genug damit zu tun, nicht den Halt zu verlieren und die zudringlichen Hände des Mannes abzuwehren.
    »Chris und ich werden in einer knappen Stunde dieses Haus verlassen«, sagte Tynan zu Asher. Sein Mund war ein dünner Strich, seine Augen voller Zorn.
    »Moment mal - ich will mit Ihnen reden.«
    »Dazu habe ich keine Zeit«, sagte Tynan und wandte sich zum Gehen. »Sie können mitkommen oder hierbleiben. Das bleibt ganz Ihnen überlassen.«
    Asher hielt ihn am Arm fest. »Ich möchte wissen, was heute nacht passiert ist. Wo seid ihr beide die Nacht über gewesen? Und was sollte dieser Schuß vorhin bedeuten? Die Kugel ist verdammt nahe an meinem Kopf vorbeigeflogen. Ich sollte...«
    »Was, Prescott? Was sollten Sie?«
    Asher wich einen Schritt zurück. »Hören Sie, Tynan, wir sind Partner bei dieser Sache. Mathison hat Sie dafür angeheuert, daß Sie mich zu Chris bringen und mir dabei helfen, sie als Ehefrau zu gewinnen. Doch bisher haben Sie alles getan, um Chris für sich selbst zu behalten. Und nun sind Sie sogar nachts mit Chris zusammen und treiben weiß Gott was mit ihr.«
    »Das ist richtig: Nur Gott weiß was, weil ich es Ihnen bestimmt nicht auf die Nase binden werde. Und jetzt sage ich es Ihnen noch einmal: Chris und ich werden spätestens in einer Stunde aufbrechen, und es steht Ihnen völlig frei, mitzureiten oder hierzubleiben.«
    »Ich werde pünktlich mit meinem Gepäck zur Stelle sein«, sagte Asher. »Damit Sie sich keine falschen Hoffnungen machen.«
    Mit einem wütenden Gesicht ging Asher ins Haus zurück und die Treppe zu dem Zimmer hinauf, das er mit Chris teilte. Verdammt! Was sich dieser Mann alles herausnahm. Er war zwar ein ausgezeichneter Pfadfinder, aber zuweilen vergaß er, wer er eigentlich war.
    Asher bemühte sich, seine Fassung wiederzugewinnen, ehe er zu Chris hineinging. Er hatte sie ungern in ihrem Zimmer eingeschlossen, wußte aber, daß das die einzige Möglichkeit war, sie von einer Dummheit abzuhalten.
    Ganz leise drehte er den Schlüssel im Schloß. Es wurde nun wirklich Zeit, daß sie ihm ihr Jawort gab, verdammt noch mal! Nach allem, was er ihretwegen durchgemacht, und nach den Anstrengungen, die er unternommen hatte, um ihr zu gefallen! Doch in diesen Augenblick konnte sie ihm das Jawort nicht geben, weil sie gar nicht vorhanden war. Sein erster Gedanke war, sie müsse aus dem Fenster geklettert sein, doch ein Blick auf den schmalen Mauerstein darunter genügte, um ihm zu sagen, daß sie das unmöglich hatte wagen können.
    Er dachte nicht einen Moment an den Streit oder den Ärger mit Tynan, als er wieder aus dem Zimmer rannte, die Treppe hinunter und dann durch den Garten zu dem Häuschen, das Tynan bewohnte.

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