Die Verfuehrerin
Der dunkelhaarige Mann holte gerade ein paar Werkzeuge aus dem Schuppen hinter dem Gärtnerhaus.
»Sie ist fort. Ich hatte Angst, sie würde wieder etwas Dummes anstellen, und habe sie deshalb in unserem Schlafzimmer eingeschlossen. Dennoch ist es ihr gelungen, daraus zu entkommen. Sie hatte sich ernsthafte Sorgen dieses Kindes wegen gemacht.«
Noch während Asher redete, schob Tynan sich an ihm vorbei und eilte durch den Garten zum Wohnhaus. Er hielt nur kurz am Eingang seines Häuschens an, um sich seinen Revolver umzuschnallen. Im Wohnhaus nahm er immer zwei Stufen auf einmal, als er die Treppe hinaufjagte.
»Ich wünschte, sie würde nicht ständig solche Sachen machen«, rief Asher hinter ihm her. »Es ist schon schlimm genug, daß sie eine ganze Nacht mit einem...« Er beendete den Satz nicht, als er merkte, was er da zu sagen im Begriff war, während Tynan den Sims unter dem Schlafzimmerfenster untersuchte. »Sehen Sie dort etwas? Wie hätte sie denn durch dieses Fenster entweichen können? Es liegt doch viel zu hoch über dem Boden!«
»Sie hätte. Glauben Sie mir! Hier hat vor kurzem eine Leiter an der Hauswand gelehnt. An zwei Stellen ist der Verputz abgebröckelt.« Tynan ging zum Bett im Zimmer zurück, betrachtete nachdenklich die Zudecke, die auf dem Boden lag, und die zerwühlten Laken. »Wo ist Hamilton?«
»Ich weiß es nicht. Vermutlich in seinem Büro. Glauben Sie, daß er Chris durch sein Fenster beobachtet hat? Ich könnte mir vorstellen, daß sie die letzte Person ist, die er sehen möchte.« Asher folgte Ty wieder aus dem Zimmer. »Hat sie Ihnen auch erzählt, daß sie Hamilton belauscht hat, wie er sagte, er beabsichtige seinen Neffen zu ermorden? Nicht daß ich auch nur ein Wort davon geglaubt hätte; denn ich bin ja nur mit ihr in dieses Haus gekommen, damit ich ihren Ehemann spielen kann. Ich meine, ein Mann sollte jeden Vorteil nützen, der sich ihm bietet.«
Tynan blieb mitten auf der Treppe stehen. »Wenn Sie jetzt Ihre Klappe nicht halten, muß ich sie mit Gewalt schließen.« Dann schwang er auf den Absätzen herum und lief weiter die Stufen hinauf.
Owen Hamilton saß in seinem Büro und studierte diverse Papiere, die auf seinem Schreibtisch lagen. Tynan machte die Tür hinter sich zu, drehte den Schlüssel herum, ging dann seelenruhig zum Fenster und warf den Schlüssel auf den Rasen hinunter.
Asher stand, den Rücken gegen das Holz gepreßt, an der Tür und hielt den Atem an, doch Owen sah nur mit hochgezogenen Brauen von seiner Lektüre auf. »Was oder wem verdanke ich denn diese Scharade? Sind Ihnen die Blattläuse in den Kopf gestiegen?«
»Wo ist sie?« fragte Tynan mit leiser, aber entschiedener Stimme.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wen Sie meinen«, antwortete Owen, ein Bild der Unbekümmertheit, während er in seinen Unterlagen blätterte. »Wenn sie sich einbilden, ich hätte etwas mit Ihrer Frau...«
Er konnte den Satz nicht beenden, weil Ty ihn am Kragen packte und aus seinem Stuhl zerrte. »Ich möchte wissen, wo sie steckt, und wenn Sie glauben, Sie könnten mit uns Ihr Spielchen treiben, werden Sie Ihre Meinung bald ändern. Wenn Sie mir nämlich die Antwort verweigern, werde ich Ihnen nach und nach alle Körperteile wegschießen, bis Sie mir sagen, was ich wissen möchte.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie eigentlich reden.«
»Von Chris!« rief Asher. »Von Diana, meine ich. Wo steckt sie? Sie ist nicht in ihrem Zimmer, wo ich sie eingeschlossen hatte.«
»Wer ist Chris?« fragte Owen.
Tynan schlug den Mann ins Gesicht, »Ich weiß zwar nicht, wieviel Sie wissen, aber ich vermute, es ist eine Menge. Ich habe bereits Bücher, die Sie so nebenbei führen, einem Freund übergeben, der Experte auf diesem Gebiet ist. Ich denke, er wird rasch herausfinden, um wieviel Geld Sie bisher Ihren Neffen bestohlen haben.«
»Bücher? Was für Bücher?«
Tynan schlug ihn abermals ins Gesicht, so daß eine Ecke von Owens Mund zu bluten anfing. »Ich habe Ihre Lügen jetzt satt. Mir ist es im Grunde egal, was Sie innerhalb Ihrer Familie anstellen, aber für dieses kleine Mädchen bin ich verantwortlich, und ich möchte jetzt wissen, wo es steckt.«
»Wer ist dieses Mädchen? Diana Eskridge ist tot.«
Tys Hände zogen den Kragen um Owens Hals fester zusammen. »Ermordet- von Ihnen, wie ich vermute. Aber das zu klären wird Aufgabe des Sheriffs sein. Wo steckt Chris?«
Als Hamilton ihm keine Antwort geben wollte, schlug Ty ihn zum drittenmal, zog dann seinen
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