Die verfuehrerischen Vier
muss Killian immer den Sieg davontragen?
Killian und Alma sahen es auch und wechselten Blicke. »Zwietracht und Stürme«, murmelte Alma und schüttelte den Kopf. »Zwietracht und Stürme.«
Yoli schlug auf den Tisch. »Hör endlich auf damit!«
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir damit, das Schiff kennenzulernen - jedes Deck, die Souvenirläden, den Wellness-Bereich, die Disco, das Casino … Die beiden letzteren Angebote waren besonders interessant. Wenn wir schon nicht trinken durften, was ja erst ab einundzwanzig erlaubt ist, dann konnten wir zumindest tanzen oder die Würfel rollen lassen. Man muss sich mal die Logik reinziehen, die in der Volljährigkeit mit achtzehn liegt: Sein Geld beim Blackjack verspielen? Gebongt. In den Krieg ziehen? Gebongt. Eine geeiste Margarita trinken? Auf keinen Fall!
Nach einer Weile sah ich wieder dieselben Leute von der Warteschlange am Morgen - zum Beispiel dieses alte Paar, das so merkwürdig aussah, weil die Frau fast blaue Haare hatte und der Mann ganz schwarze, als ob jemand mit neunzig noch pechschwarze Haare hätte. Ich sah auch das Cowboy-Pärchen wieder, und der Typ tippte sich an den Hut, als er uns sah. Die Erinnerung an Killians morgendlichen Streich schien rasch zu verblassen. Manchmal hielten wir vier uns an den Händen, und dann konnte man überall Kerle sehen, denen die Augen rausfielen. Nicht, dass wir besonders auf sie achteten, die Reise war ja wegen uns, nicht wegen irgendwelcher Jungs. Für die war noch genug Zeit, wenn wir in ein paar Wochen getrennte Wege gingen.
Am Abend verschlangen wir Filet Mignon, Riesenkrebse aus Alaska und chilenischen Barsch - der beste, den ich je gegessen hatte. Santi und Monica saßen am Nebentisch, hielten Händchen und waren in ein Gespräch vertieft. Ich hob ein Glas Wein, das Santi und Monica uns von ihrem Tisch herübergeschmuggelt hatten, und sah meine Freundinnen an. »Auf die Wilden Katzen«, sagte ich.
Killian lachte los. »Du lieber Gott, das habe ich ja seit Jahren nicht mehr gehört.«
»Aber hallo!« Alma kicherte herzlich. Sie hob ihre alkoholfreie Pina Colada hoch. Allmählich dämmerte mir, dass der Drink ungefähr so alkoholfrei war wie eine zehnfache Großmutter noch Jungfrau ist. Alma war viel zu vergnügt. »Auf euch!«
»Auf die Wilden Katzen!« Yoli lächelte und hob ihr Riesenglas mit einem alkoholfreien Erdbeer-Daiquiri. »Ein echt alberner Name.«
»He!« Killian legte den Arm um Yoli. »Das war meine Idee.«
»Und erst die Flotten Vierer«, sagte ich. »Das war doch ein toller Name!« Wir lachten, weil es natürlich kein toller Name war, aber in der vierten Klasse war uns alles toll vorgekommen.
Alma schnaubte. »Der war ja noch beknackter.«
»Wie alt waren wir, zehn?«, fragte ich.
»So ungefähr.« Yolis Lächeln ließ etwas nach.
»Acht Jahre.« Killian starrte ernüchtert auf ihr Besteck. »Das ist acht Jahre her.«
Die Art, mit der sie das sagte, ließ unser Gekicher ersterben. Acht Jahre war gar nichts, wenn man so alt wie meine Mutter war, aber mit achtzehn? Fast unser halbes Leben.
Mit erhobenen Gläsern saßen wir da. Ich wollte nicht, dass wir zu heulen anfingen. Der Schulabschluss war schlimm genug gewesen. Wir hatten uns alle umarmt und eine Stunde lang geheult, sodass wir auf jedem Bild, das meine Mutter gemacht hatte, rote Augen hatten. Wir mussten uns nur ansehen und schon ging es wieder los.
»Auf die nächsten acht«, sagte ich und neigte mein Glas.
Wir stießen an. »Und noch mal acht«, setzte Yoli hinzu.
»Und danach noch mal.« Alma ließ die Gläser wieder klingen.
Ich sah meine Freundinnen an und prägte mir alles an ihnen ein. Yoli mit hochgestecktem Haar, quirlig und süß, das typische T-Shirt-Girl. Alma mit dicken Silberringen an jedem ihrer Finger, die sie um ihr Glas gelegt hatte, ihre übrige Kleidung dunkel, wie das Samtfutter eines Schmuckkastens. Und Killian, ein winziges Top mit schimmernden Perlen, die ihre Augen und ihr goldenes Haar aufleuchten ließen.
»Hört mal, es soll hier nur um uns und unsere Freundschaft gehen«, sagte ich, weil ich daran denken musste, wie bissig wir am Nachmittag wegen diesem Idioten gewesen waren. »Solange wir noch zusammen sind.«
»Ja.« Sie nickten und wir stießen ein letztes Mal an.
»Auf uns«, sagte ich.
»Auf uns.« Wir tranken auf unsere Freundschaft. Und in dem Moment hätte ich auf alles schwören können - selbst auf meine durchgeplante und wartende Zukunft -, dass wir für immer
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