Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
kurios es klingen mag, ich halte das für ein Zeichen von Tapferkeit«, sagte sie. »Sie will sich nicht damit abfinden, geringer zu sein als unsere Cousine Bell oder sonst eins von den Mädchen. Ich kann ihr das nicht zum Vorwurf machen, weil das einer ihrer Charakterzüge ist, für die ich sie bewundere.«
»Aber das ist eine Art Tapferkeit, die aus der Angst resultiert«, konterte er.
Martha ließ nicht locker. »Ist nicht alle Tapferkeit das Bemühen, die Angst zu überwinden?«, erwiderte sie und blickte ihn geradeheraus an.
Mit einer Stimme, die ihr signalisierte, dass er begriff, wovon sie sprach, antwortete er: »Was Herzensangelegenheiten betrifft, so begreife ich allmählich, dass Teresa entschlossen ist zu wählen. Sie will nicht gewählt werden.«
»Aber ich hoffe, sie wird gewählt werden, denn das hat für sie sehr wichtige Konsequenzen.«
»Du lässt dich niemals beherrschen von eigensinnigen Neigungen oder flüchtigen Leidenschaften, Patty«, meinte Alexander nach einem nachdenklichen Schweigen. »Warum sind all diese Dinge einzig deiner Schwester beschieden? Hättet ihr beiden die Anteile von Torheit und Vernunft nicht gleichmäßiger unter euch aufteilen können?«
»Teresa ist nicht so töricht, wie es dir vorkommt«, erwiderte Martha ernst. »Ich für meinen Teil mache mir nichts daraus zu wählen. Ich möchte gewählt werden.« Ihr war plötzlich bewusst, wie rasch sie atmete. Das Schweigen, bevor Alexander antwortete, war scheußlich.
Aber schließlich sagte er: »Nun, das erfordert nichts weiter, als dass du endlos geduldig und unendlich klug bist.«
Martha fürchtete, er mache sich lustig über sie, aber sein Gesicht war tiefernst, als er sagte: »Vergiss nicht, ein Mann würdigt immer nur den Preis, den zu erlangen ihn Mühe gekostet hat – nichts, was leicht zu haben ist, lohnt den mühsamen Erwerb. Und dein Unglück, Patty, ist, genau so ein Preis zu sein. Also musst du geduldig sein, bis dein Held – ein eitler, müßiger, irregeleiteter Bursche, den du verzweifelt beobachtest, wie er tausendmal seinen Weg und seine Nerven verliert – mit unendlicher Langsamkeit seinen Pfad zu dir findet. Wenige Frauen haben Lust auf so viel Ausdauer und nehmen die Sache selbst in die Hand. Aber ich weiß, du bist anders.«
Martha war elektrisiert, als sie Alexanders Worte hörte, doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. »Das ist eine galante Formulierung, mir zu sagen: Wenn ich darauf warten will, gewählt zu werden, dann muss ich akzeptieren, dass ich als Letzte gewählt werde, ja?«, sagte sie. Aber sie war entschlossen, nicht geduldig zu sein. »Ich glaube jedoch nicht, dass du ein eitler Mensch, ein Schmeichler bist, Alexander«, fuhr sie fort. »Ich bin erstaunt zu hören, dass du Zeit damit vertan hast, Bewunderung von Leuten zu erheischen, die du gar nicht schätzt. Ich weiß nicht recht, ob ich dir das glauben kann.«
»Wenn ich in der Stadt bin, Patty, dann hab ich gar keine andere Wahl, als ein solcher Mensch zu werden«, erwiderte er achselzuckend. »In London ist ein Mann stets überall, bloß nicht in seinem eigenen Haus. Er kümmert sich um alles, außer um seine eigenen Angelegenheiten. Er küsst jeden außer seiner eigenen Frau. So ist es Mode. Ich verbringe meine Zeit mit allem Möglichen, außer mit dem, was mich beschäftigen sollte. Ich verbringe ganze Tage, mit Menschen zu reden, denen ich keine Wertschätzung entgegenbringe.«
Martha entspannte sich, und ihre Unterhaltung zog sich so noch eine Weile hin. Gegen Ende bemerkte Martha: »Weißt du eigentlich, dass Teresa und ich Ende nächsten Monats aufs Land zurückkehren?«
Er nickte. »Deine Schwester hat es mir erzählt«, sagte er, »und ich habe sie vorgewarnt, dass ich euch auf den Fersen folgen werde.«
Er hielt das für charmant, aber sie wusste, er hatte gehofft, ein neues Gedichtwerk zu schreiben, ehe er aufs Land zurückkehrte. »Aber die Stadt bekommt dir doch in vieler Hinsicht besser«, antwortete sie. »Es gibt so wenig ländliche Vergnügungen, die du genießen kannst.«
»Allerdings, ich bin kein Jäger«, erwiderte er, »aber ich bin doch ein großer Bewunderer dieses Sports – glücklos lediglich wegen meiner körperlichen Untauglichkeit dazu – sowie auch zum Trinken natürlich.«
»Aber das ist nun mal das Hauptplaisier auf dem Lande! Ein Jammer, dass du so kränklich bist.«
»Es ist ein Jammer, dass alle anderen so gesund sind.«
Martha lachte. »Dieses Reden über die Jagd macht mich
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