Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Arabella sah Lord Petre aufspringen, das Gesicht von Unruhe überschattet.
»Arabella!«, rief er, und sein Gesichtsausdruck wandelte sich von Besorgnis zu heller Aufregung. Das war erfreulich, und Arabella verspürte nicht den Wunsch, genauer nach dem Grund seiner vorherigen Besorgnis zu fragen. »Du bist hier! Mein liebes Mädchen«, frohlockte er, »ich dachte schon, du würdest gar nicht kommen.« Fast schon, ehe sein Diener sich zurückgezogen hatte, nahm Lord Petre Arabellas Gesicht in die Hände und küsste sie leidenschaftlich.
»Wie verzweifelt hab ich mir heute Abend gewünscht, mich mitten in der Gesellschaft in dich zu ergießen«, murmelte er. »Da in der dunklen Galerie, die Arme um dich geschlungen, konnte ich mein Gelüst kaum bremsen. Dieser Anblick, du in all diesen Federn …«
Sie bog sich zurück, legte ihre Hände um sein Gesicht, schob ihm die Locken aus den Augen. »Hätte ich dir deinen Willen nur einen Moment länger gelassen«, meinte sie lächelnd, »dann wäre Sir Anthony Vandyke auf uns beide herabgekracht. Der Rahmen des Bildes war nämlich direkt in meinem Rücken, als du mich gegen die Wand gepresst hast. Man sollte eben nicht in den Häusern anderer Leute im Dunkel herumstolpern.«
»Sollte man nicht, aber ich bin eben hilflos, sobald du in Sicht kommst.«
»Nicht ganz wahr, Mylord, denn du konntest mich ja gar nicht sehen.«
»Aber jetzt kann ich dich sehen, und ich werde dich nehmen, mit Gewalt oder List, was immer am schnellsten geht.« Er zog sie zum Bett, versuchte, ihr unterwegs das Kostüm auszuziehen. »Wenn wir mit den Gestalten der Mythologie übereinstimmen wollten, dann wäre ich der Schwan und du die nackte Jungfrau. Denn so erschien Zeus der Leda, bevor er sie schändete.« Er warf sie auf die Decke. »Lass uns wenigstens eine Rolle des Tableaus richtigstellen«, sagte er und biss ihr in den Hals. »Weg mit dem Schwan!«
Arabella lachte, protestierte, weil Lord Petre ihr die Sachen zu heftig vom Leibe riss.
»Du reißt an meinen Federn«, schalt sie und stand auf, um ihm zu helfen. »Nein, so geht das.« Sie drehte sich um. »Gib acht mit der Seide, sonst zerreißt du sie noch. Ja, sehr gut.« Das Kostüm war fort, und sie stand im Hemd da.
»Jetzt passt du in die Rolle«, sagte er, als er ihr auch das noch über den Kopf zog. »Obwohl du in dem Kostüm so bezaubernd ausgesehen hast, dass Zeus dich samt Federn und allem genommen hätte.«
»Soll ich’s wieder anziehen?«, fragte sie neckisch, als er sich über sie warf.
»Ganz bestimmt nicht«, murmelte er und schob ihre Beine um seine Taille.
Danach, als sie im Dunkeln beisammenlagen und Arabella sich sanft und ruhevoll in seine Arme schmiegte, flüsterte er liebevoll, dass er gleich wiederkommen werde, und Arabella murmelte eine zusammenhanglose Antwort.
Er zog sich in die Kammer seines Dieners zurück, wo er sich beim Licht der Kerze, die dort brennend zurückgelassen stand, anzog. Dann gesellte er sich zu Jenkins im Stallhof.
Jenkins hielt dort verschlafen Wache. Er schreckte auf, als Lord Petre heraustrat und kam stolpernd auf die Füße.
»Nichts bisher, Mylord.«
»Es ist bald drei. Ich bleib jetzt mit dir hier.« Lord Petre schauderte.
»Ist Ihnen kalt, Mylord?«, fragte Jenkins.
»Es ist ein bisschen fröstelig, nicht wahr?« Lord Petre lachte leise, obwohl es kein herzhaftes Lachen war. Ein paar Minuten später ertönte gewaltiges Geklapper in der Dunkelheit. Beide Männer sprangen auf. Man hörte ein entferntes Lachen und dumpfe Beschimpfungen.
»Das ist im nächsten Hof«, sagte der Diener. »Der betrunkene Kutscher hat eine Laterne fallen lassen.«
Erneut herrschte Stille.
Schließlich hörten sie Schritte, unsicher scharrend auf dem rauen Kopfsteinpflaster des Durchgangs. Lord Petre stand auf und bedeutete seinem Diener zurückzubleiben, als ein Mann in den düsteren Hof trat.
»Wer da?«, fragte er scharf.
»Eine Bote für den Baron«, sagte der Fremde.
Lord Petre griff den Arm des Mannes und führte ihn in die Ställe.
»Wer sind Sie, und woher kommen Sie?«, verlangte er zu wissen und hielt dem Mann die Laterne vors Gesicht, zwang ihn dadurch, seine Augen zu bedecken, als er ins Licht blinzelte.
»Menzies, Mylord«, sagte er, bestrebt, weiter wegzutreten von Lord Petres Laterne. »Soeben aus Schottland gekommen.«
»Der Baron bin ich«, sagte Lord Petre.
Menzies übergab ihm ein Bündel Papiere.
»Darin stehen die Namen der anderen Männer und Details der Aktion. Die
Weitere Kostenlose Bücher