Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
traurig bei dem Gedanken, dass der Sommer so bald dahinschwindet. Die Nächte sind derzeit so lang – es wird oft fast schon hell, ehe wir im Bett sind. Aber bald werden die Tage wieder kürzer werden.«
»Dann müssen wir die Zeit noch ein wenig länger stillstehen lassen«, war seine Antwort. »Ich habe da eine Idee, Patty. Sag mir, ob die dir gefällt: Hast du schon jemals die Lambeth-Gärtner morgens auf dem Fluss gesehen, wenn sie ihre Waren zum Markt bringen?«
»Nein, hab ich nicht.«
»Es soll solch ein schöner Anblick sein: ein Strom von Booten, gefüllt mit Früchten und Blumen. Wenn es heute Morgen hell wird, dann wird das Wasser schon von der Morgensonne beschienen, wenn wir ankommen. Was hältst du von einem Ausflug zum Sonnenaufgang am Fluss?«
Ihr Gesicht leuchtete auf. »Oh, ich sehne mich schon seit Wochen danach, die Boote aus Lambeth zum Markt schwimmen zu sehen«, sagte sie aufgeregt. Dann stockte sie und fragte: »Aber was ist mit deiner Gesundheit? Du bist empfindlich, du wirst dich erkälten. Nein, das ist nicht klug.«
»Klug vielleicht nicht – aber ich spare mir all meine Klugheit auf für die Zeit, wenn ich so verkrüppelt bin, dass ich das Haus nicht mehr verlassen kann. Unser Alter ist nicht zum Klugsein da! Jetzt ist es Mitternacht. Ich hole dich um fünf Uhr ab. Vier Stunden Schlaf sind genug für jeden Menschen unter fünfundzwanzig.«
15. Kapitel
»Diesfürcht’ ich nur: Du bleibst allein zurück.«
Die Schwestern Blount hatten das Fest verlassen, Jervas und Alexander mit ihnen. Auch Lord Petre war gegangen. Die einzig verbliebenen Gäste waren vor allem hartgesottene Spieler, Freunde von Miss Oldmixons Bruder, die sich häuslich niedergelassen hatten, um bis zum Morgengrauen zu spielen. Henrietta, Arabella und Lady Salisbury saßen beisammen um die Reste des Teetisches und gratulierten ihrer Gastgeberin zu dem großen Erfolg ihres Festes. Henrietta hatte Arabella zuvor eingeladen, über Nacht zu bleiben, deshalb war sie noch dort, aber die Unterhaltung war schleppend, und es wurde viel gegähnt.
»Wissen Sie, Henrietta, ich denke, ich gehe doch lieber nach Hause ins Bett«, sagte Arabella. »Es wäre mir ein großes Vergnügen hierzubleiben, aber morgen früh wird mein Kostüm fehl am Platze sein, und es ist zu viel Mühe, jetzt einen Diener nach anderen Kleidungsstücken loszuschicken. Ich bitte einfach einen der Diener, mir eine Sänfte zu besorgen.«
»Aber Ihre Eltern denken doch, Sie bleiben über Nacht hier«, protestierte Henrietta, die zu den Damen gehörte, welche es nicht mochten, wenn Pläne geändert wurden, die sie selbst gemacht hatten. »Das Haus wird verschlossen sein – es ist fast ein Uhr.«
Arabella blieb unerbittlich. »Ein Nachtdiener ist immer da«, erwiderte sie. »Ich werde keine Schwierigkeiten haben, hineinzukommen. Wenigstens wird meine Cousine Teresa mich nicht früh am Morgen wecken, denn sie denkt ja, ich bin hier bei Ihnen. Die bittet mich nämlich oft, sie zu morgendlichen Visiten oder Besuchen bei ihrer Schneiderin zu begleiten. Sehr lästig! Beinahe macht es mich sehnsüchtig nach dem Lande, wo es nichts zu tun gibt.«
Sie veranlasste einen Diener, ihr eine geschlossene Sänfte zu bestellen und machte sich daran, ihr Gefieder aufzuschütteln, das durch das Sitzen etwas von seiner Fülle verloren hatte. Die Sänfte kam, und Arabella wurde hineinverfrachtet.
Die Sänftenträger machten sich auf in Richtung der Straße in St. James, wo Arabella wohnte. Aber kurz bevor sie das Stadthaus der Fermors erreichten, klopfte sie an die Kabinenwand und bat, stattdessen zum Haus der Petres in der Arlington Street gebracht zu werden. Als sie ankam, wurde die Sänfte hintenherum zu den Ställen getragen. Die Hinterfront des Hauses lag völlig im Dunkeln, aber beim Geräusch der Schritte der Sänftenträger erschien Lord Petres Diener von drinnen, eine Kerze in der Hand.
»Miss Fermor!«, flüsterte er überrascht. Arabella fragte sich, auf wen er denn sonst wohl gewartet hätte um solche Zeit, und schloss daraus, dass der wackere Jenkins sich wohl auf ein Rendezvous mit seiner eigenen Geliebten gefreut haben musste. Jenkins nahm sie mit nach drinnen, und sie folgte ihm die Hintertreppe hinauf, die ihr inzwischen so vertraut war, dass sie kaum einer Beleuchtung bedurfte. Sie gingen leise, denn Arabella hatte gelernt, ihre Füße genau dort hinzusetzen, wo die Dielen kein Geräusch machten. Jenkins schob die Tür von Lord Petres Zimmer auf, und
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