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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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lächelte und sagte: »Aber schauen Sie mal – ich sehe gerade, die Sänger haben endlich eine Pause gemacht, um Luft zu schnappen. Wenn es ums Lärmmachen geht, dann überbietet das Publikum doch in puncto Ausdauer immer die Darsteller.«
    Arabella blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, wie grundlegend falsch sie diese Gesprächspartnerin eingeschätzt hatte, denn der Akt war zu Ende, und in der Loge herrschte Aufruhr. Alles war in Bewegung. Sie sah Mary Pierrepont, Charlotte Castlecomber, Miss Oldmixon und Lady Salisbury auf das Büfett zustreben, und neben ihnen standen die Blount-Mädchen auf, um ihnen zu folgen. Sie aber wollte Lord Petre sehen. Einen Augenblick blieb Arabella noch regungslos sitzen, dann ging sie langsam, anscheinend sehr damit beschäftigt, ihre Pelzstola ordentlich umzulegen, in den Salon, wo die Gesellschaft versammelt war.
    Lord Petre stand mit Robert Harley am Büfett, der einen Gesetzesentwurf über den Viehimport aus Irland erklärte, der demnächst dem Parlament vorgelegt werden sollte. Ohne recht zu merken, was er tat, nahm Lord Petre zwei Gläser Wein von dem Kellner entgegen und bot eins davon Harley an – um dann zu sehen, dass der bereits eins in der Hand hielt.
    »Umso besser für Sie, Mylord!«, lachte der Minister. Lord Petre erwiderte sein Lächeln mechanisch und wandte sich ab, um die Gesellschaft zu betrachten. Er überlegte, ob er seine Unaufmerksamkeit erklären müsste.
    Da sah er sie.
    Im Geiste hatte er Arabellas Bild immer und immer wieder heraufbeschworen – wie sie in der Börse erschienen war, in ihrem Göttinnenkostüm auf dem Maskenball. Tagsüber erinnerte er sie mit Hut und Handschuhen, abends aber erschien sie ihm, wie sie als Diana ausgesehen hatte: das Haar an der Schulter locker gerafft, widerspenstige Locken in ihr Gesicht fallend. Dennoch war sie in seinen heraufbeschworenen Bildern eine nebelhafte Erscheinung geblieben, wunderschön, doch ohne klar umrissene Gesichtszüge, deren er sich entsinnen konnte; verführerisch, aber dennoch mit Körperformen, die er sich nicht mehr deutlich vor Augen führen konnte. Jetzt aber, als er zur gegenüberliegenden Seite des Saales hinübersah, da stand im Eingang das leibhaftige Wesen.
    Ihre Schönheit war ein Schock. Nichts Bombastisches an ihrer Kleidung: das Kleid aus Mantuaseide, exquisit ihrer Figur angepasst, der gebauschte Brokatunterrock bis auf den Boden fallend, die Ärmel mit entzückenden Falbeln verziert, das Dekolleté herrlich üppig. Sie war groß, aber nicht zu groß: Ihre Haltung zeugte von Selbstvertrauen und Kraft, die sich niemals geschlagen geben würden, doch die feinen Linien ihres Gesichts und die Frische ihrer Haut versprachen süße Tröstung.
    Jeder von ihnen, Arabella und Lord Petre, hatten sich geschworen, den anderen nicht direkt anzublicken, wenn sie sich wieder begegneten. Noch beim Eintreten in den Salon hatte Arabella es sich strikt befohlen. Doch einer erblickte den anderen im selben Moment, ohne Chance, sich unbeteiligt abzuwenden. Und als ihre Blicke sich trafen, da war’s um den Impuls, sich voneinander fernzuhalten, geschehen. Arabellas Augen blitzten. Sie öffnete die Lippen – um zu lächeln, um zu reden (obwohl doch niemand zum Reden da war) – und war plötzlich unfähig, auch nur einen Schritt weiterzugehen. Reglos verharrte sie am Eingang und wartete, dass er zu ihr käme.
    Endlich war er bei ihr. Irgendwie hielt sie plötzlich eins seiner beiden Gläser in der Hand, aber keiner von ihnen hob das Glas an die Lippen, aus Furcht, die Hand könne zittern.
    Lord Petre brach das Schweigen. »Wie hat denn Miss Fermor der erste Akt gefallen?«, fragte er sie.
    »Ich konnte meinen Blick gar nicht von der Bühne losreißen«, erwiderte sie. »Das Drama zwischen den Liebenden war sehr spannend. Ich brenne darauf, zu erfahren, wie es endet.«
    »Die Liebenden sind unwiderstehlich, nicht wahr?«, bekräftigte er.
    »Über alle Maßen, Mylord.« Sie lächelte, brachte aber weiter kein Wort heraus.
    »Wir sind ja stark vertreten heute Abend«, bemerkte er.
    Sie neigte den Kopf, wusste aber immer noch nichts zu sagen.
    Aber er hatte schon die nächste Frage parat: »Sind Sie mit den Damen Blount gekommen?«, fragte er. »Ich habe die beiden in der Loge gesehen.«
    »Ich bin in der Kutsche ihrer Tante mitgefahren«, antwortete sie.
    In all seiner ungewohnten Befangenheit fiel Petre plötzlich ein, dass er Arabella nicht zur Begrüßung geküsst hatte. Nun war es zu spät, die Chance

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