Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Vergnügen, Madam.«
Er war wieder bei Arabella und bot ihr den Arm. Wie gut, dass es Teresa nicht erlaubt worden war, mit ihm herauszukommen, denn Arabella entfaltete jetzt eine Munterkeit, die nicht nur von ausgezeichneter Gesundheit, sondern auch von ausgezeichneter Stimmung zeugte.
»Gehen wir, Madam«, sagte Lord Petre.
Sie erwiderte mit ihrer stolzen, undurchdringlichen Art zu lächeln: »Unbedingt, Mylord.«
10. Kapitel
»Scheu ’ alles heut, am meisten scheu ’ den Mann!«
Dies war nicht das erste Mal, dass Arabella spät am Abend in der Kutsche eines Gentlemans mitfuhr. Es war üblich, dass junge Damen von ihren Verehrern nach Hause gefahren wurden, und als sie neben Lord Petre die Treppe hinunterschritt, erinnerte sich Arabella an frühere Kutschfahrten, die gewöhnlich stattfanden, nachdem der Kavalier, der sie begleitete, reichlich viel getrunken hatte. Daher folgten die Heimfahrten denn auch einem vorhersagbaren Muster aus hastig gestandener Liebesglut und heftig handgreiflicher Verführung. Als aber Lord Petre ihr in seine Kutsche half, da sprang er nicht gleich hinterher, und einen Augenblick lang glaubte Arabella, er schicke sie wirklich allein mit seinem Diener nach Hause. Aber er gab nur seinem Kutscher Anweisungen. Sie saß kerzengerade und lächelte ihm strahlend entgegen, als er schließlich hereinkletterte. Er nahm ihr gegenüber Platz, machte aber keinerlei Anstalten, die Fensterklappen zu schließen, so dass jedermann deutlich sehen konnte, wie sie gemeinsam abfuhren in Richtung St.James zu Arabellas Wohnung.
Die Bewegungen des Gefährts ließen sie hin- und herschwanken und machten es schwierig, sich zu konzentrieren. Lord Petre schien das nicht weiter zu kümmern, während er durchs Fenster die erleuchteten Häuser betrachtete, an denen sie vorüberfuhren. Arabella trachtete danach, seinem Blick zu begegnen, um sich – und genauso ihm – zu beweisen, dass sie sich nicht fürchtete. Jetzt, da sie allein beisammen waren, wurde ihr bewusst, dass sie den Orbit des Gewohnten verlassen hatte. Bei früheren spätabendlichen Zweisamkeiten war dies immer der Moment gewesen, da ihr Verehrer sich verliebt an sie schmiegte und ihr mit belegter Stimme zuflüsterte, noch nie habe er eine solche Schönheit gesehen wie sie, ausgestattet mit so erlesenen weiblichen Reizen! Und wo immer er an ihrer Person Hand anlegte, es ermutigte ihn zu immer mehr, und schließlich presste er seine Lippen auf die ihren und streichelte sie, je nach dem Grad seiner Fertigkeiten, solange sie es zu dulden gewillt war. Das war gewöhnlich nie lange, und die Episode endete dann in übellaunigem Schweigen, das andauerte, bis die Kutsche vor Arabellas Haustür hielt.
Lord Petre hingegen beugte sich nicht lüstern zu ihr, sondern saß einfach ihr gegenüber, wiegte sich mit dem Schwanken des Wagens und blickte sie gelassen an. »Ich hoffe, Miss Fermor fühlt sich nicht etwa unwohl?«, fragte er beiläufig.
Arabella lächelte, aber ihr Herz hämmerte gegen ihr Korsett. Wie merkwürdig, dass Lord Petres ruhig ausdauernder Blick sie mehr erregte als die Ouvertüren ihrer früheren Bewunderer. »Miss Fermors Wohlbefinden hängt von der Situation ab, in der sie sich befindet«, antwortete sie mit einem Lächeln und hoffte, dass er nicht sah, wie rasch es erlosch. »Ich muss gestehen, mir ist ein wenig flau«, setzte sie hinzu. »Die Kabine ist ein bisschen stickig.«
»Dann erlauben Sie mir, ein Fenster zu öffnen, Madam. Da wird Ihnen gleich besser.« Und er tat es mit einem neuerlichen Lächeln, und sie überlegte, ob er sich über sie lustig machte.
Ein paar Minuten später bemerkte Arabella, dass draußen keinerlei Lichter von Läden oder Häusern mehr zu sehen waren. Sie waren in eine schmale, unbeleuchtete Gasse eingebogen. Sie spürte, wie ihr vor Schreck die Finger prickelten und der Hals eng wurde.
Mit beherrscht ruhiger Stimme sagte sie: »Ich fürchte, Ihr Kutscher hat sich im Weg geirrt, Mylord. Wir sind hier in einer Nebenstraße, ziemlich weit entfernt vom Stadthaus meiner Familie.«
Sie meinte Lord Petre wieder lächeln zu sehen, aber in dem schattigen Dunkel der Kutsche konnte es ebenso gut ein Grinsen gewesen sein. Er machte keinerlei Anstalten, umzukehren, sondern sagte nur: »Ich glaube, Sie haben recht. Wenn er nicht alsbald auf den richtigen Weg zurückfindet, werde ich ihn bitten anzuhalten.«
Arabella fühlte Panik in sich aufsteigen. Was sollte sie tun? Kein Mensch wusste, wo sie
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