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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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gerade abspielt, wird klar, dass er wohl gezwungen ist, zu Fuß von der Stadt her zu erscheinen.«
    Alexander stand auf, um auf die Bühne zu blicken und beschloss, sich zwischen den Leuten hindurchzuschieben bis dahin, wo Dr. Swift stand, in der Hoffnung, endlich Gelegenheit zu haben, den berühmten Geistlichen kennenzulernen. Er sehnte sich danach, ihm zu sagen, wie sehr er A Tale of a Tub bewundert hatte, fürchtete jedoch, Swift könnte ihn für linkisch halten. Vielleicht sollte er lieber über die Oper sprechen. Der berühmte italienische Kastrat Nicolini fuhr soeben geruhsam in einem Schiff aus Pappe über die Bühne und sang von gewaltigen Stürmen, sowohl im Geist als auch in der Seele. Swift blickte mit verächtlichem Gesichtsausdruck über den Seitenrand der Loge, und Alexander stand minutenlang neben ihm und tat, als beobachte er die Vorstellung. Als Mr. Händels Musik in ein Crescendo ausbrach, gab Dr. Swift einen verärgerten Laut von sich. Da sah Alexander seine Chance gekommen.
    »Gefällt Ihnen die Aufführung nicht?«
    Swift antwortete, ohne zu zögern, als sei es ihm egal oder als wüsste er nicht, dass sie einander nie vorgestellt worden waren: »Mein Gefallen daran wird völlig zunichtegemacht durch den Anblick meiner geistlichen Mitbrüder da unten: sitzen in der ersten Reihe, die aufgeschlagene Partitur auf den Knien!«, sagte er und deutete zornig auf eine kleine Gruppe Geistlicher, die dort unten saß. »Sehen Sie bloß mal, wie die sich da als urteilsfähige Kenner gebärden. Sitzen da mit so tiefgründiger Miene, als genüge es, zu nicken und mit den Fingern den Takt zu klopfen, um sich als Person auszuweisen, die sich aufs Musikhören versteht. Ich könnte sie ja komisch finden, wenn nicht ihre Eitelkeit so entsetzlich zur Schau gestellt würde. Nein, das erfüllt mich mit rasender Empörung.«
    Alexander war so verblüfft über Swifts Ausbruch, dass er seine Antwort nicht sorgsam abwägte.
    »Weshalb sollte denn aber deren peinliches Verhalten Sie empören?«, fragte er.
    Swift hielt abrupt inne und betrachtete den jungen Mann neben sich.
    »Ich glaube, ich kenne Sie gar nicht, Sir«, sagte er.
    Alexander zauderte und blickte sich besorgt um, ob auch niemand beobachtet hatte, wie er unaufgefordert mit Swift sprach.
    »Mein Name ist Alexander Pope, Sir«, erwiderte er dann.
    »Ah, ich habe vor Kurzem von Ihnen gehört, Mr. Pope«, sagte Swift, »und das hat mich neugierig gemacht. Ich hörte, Sie schreiben poetische Werke?«
    Pope errötete und murmelte: »Wohl kaum! Ein paar Gedichte, und auch erst eins davon veröffentlicht.« Er blickte auf seine Füße hinunter und fügte dann, wütend auf sich selbst, dass er eine derartige Gelegenheit nahezu verspielte, hinzu: »Das heißt, ein weiteres meiner Gedichte wird sehr bald herauskommen, Sir. Nächsten Monat, hoffe ich.« Wieder zögerte er, fürchtete, angeberisch zu wirken oder so, als wolle er von dem berühmteren Schriftsteller einen Gefallen erbetteln. Es musste Steele gewesen sein, der ihn Swift gegenüber erwähnt hatte, vermutete Alexander.
    Aber Swift kehrte zu ihrer Unterhaltung über die Geistlichen dort unten zurück. »Sie stellen da eine ausgezeichnete Frage«, sagte er nachdenklich. »Wirklich, weshalb empöre ich mich eigentlich über diese Männer? Ich nehme an, weil ihre Unwürdigkeit mich an einen weit größeren Verlust an Würde bei mir selbst gemahnt. Ich erniedrige mich, um zu ihnen zu gehören, genau wie diese armseligen Pfaffen dort mit ihrer Musik: Ich schmeichle, verbeuge mich, biedere mich an, trachte nach Beförderung, die ich mir gar nicht wirklich wünsche … Und anstatt mich von der Kirche abzuwenden, flüchte ich mich in die Verachtung für meine Brüder. Ich werde rasend, Sir, wenn ich merke, dass ich meiner bösen Natur nicht entkommen kann.«
    Alexander lauschte ihm mit Staunen, ja, mit Bewunderung. Swifts Worte erinnerten ihn an seinen eigenen Ausbruch Jervas gegenüber. »Ich glaube, ich kann Sie verstehen, Dr. Swift«, rief er und blickte dem Geistlichen bewegt in die Augen. »Auch ich fange gerade an, die Konsequenzen zu spüren – nämlich zu einem Berufszweig zu gehören, bei dem man sich fast allen schreibenden Kollegen gegenüber abschätzig verhält.«
    Swift ergänzte seine Worte mit dem gleichen Impetus: »Wir alle sind ja eitel – aber wenn ein Mann wirklich stolz wäre, dann wollte ich, er stolzierte einher, als sei er zehnmal größer als seine Zunftbrüder und blicke durch ein Fernglas

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