Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
war.
Hässlich knirschend kam die Kutsche zum Stehen. Sie waren in einer verlassenen Einfahrt. Lord Petres Diener sprang von seinem Sitz und öffnete mit einem plötzlichen lauten Klicken des Knaufs die Tür, sodass Arabella erneut zusammenfuhr. Lord Petre beugte sich aus der Tür und sagte ruhig: »Führst du sie bitte hinein, Jenkins?«
Als der Diener ihr eine Hand entgegenstreckte, um ihr beim Aussteigen zu helfen, verbreitete die Laterne, die er hielt, eine Pfütze aus Licht auf dem feuchten Boden unterhalb der Wagentür. Sie wollte leichtfüßig hinunterspringen, wohl wissend, dass Lord Petre sie beobachtete, aber sie glitt auf der Stufe aus und verlor das Gleichgewicht. Sie stieß einen kleinen Schrei aus, und die Hand des Dieners griff hart nach ihrem Arm, damit sie nicht fiel. Sein Griff war schmerzhaft, und in dem Blick, den sie ihm zuwarf, lag Panik, die sie nicht verhehlen konnte. Er nahm keine Notiz davon, sondern führte sie, die Hand noch immer fest um ihren Arm geschlossen, um den hinteren Teil der Karosse herum auf eine Öffnung in der Einfahrt zu. Arabella blinzelte, um die dunklen Formen zu erkennen, die im grellen Licht der Laterne verschwammen.
Sie traten durch einen niedrigen Eingang, und Arabella war verblüfft, sich in einem Hof zwischen Stallgebäuden wiederzufinden. Jetzt ging Jenkins vor ihr her, und die veränderte Position der Laterne machte es leichter, sich zu orientieren. Es gab noch ein weit größeres Tor, um Kutschen passieren zu lassen, und eben half Jenkins dem Kutscher, die hölzernen Türflügel zu öffnen, die es zuvor versperrt hatten. Als sie so allein dastand, begann sie zu zittern, aber schließlich kam Jenkins wieder und führte sie zur Rückseite des Hauses. Er hängte seine Laterne irgendwo an, nahm stattdessen einen Kerzenhalter und geleitete sie in die dunklen Küchenräume.
Es war eine Erleichterung, drinnen zu sein. Der Raum unter der niedrigen Decke war noch warm von den Herdfeuern, und Arabellas zierliche Absätze klickten hier sicherer über die glatten Steinplatten des Bodens. Jenkins winkte sie zu einem Durchgang seitlich der Küche, wo eine Treppe begann. Sie stiegen hinauf, und die hohlen Schatten, die Jenkins Kerze an die weißen Wände warf, reizten sie, hinter sich zu blicken. Dies musste eine Hintertreppe sein. Das überraschte sie. Seit dem Großen Feuer wurde so etwas nicht mehr gebaut, das gab es nicht mehr, außer in den großen Herrenhäusern des letzten Jahrhunderts. Die Petres waren also noch vornehmer, als sie gedacht hatte.
Der Weg hinauf war jetzt natürlich leer, aber als sie das Erdgeschoss passierten, hörten sie Schritte. Jenkins erstarrte und drückte sich neben der Tür an die Wand. Auch Arabella verharrte stocksteif. Sie fürchtete, er werde die Kerze löschen und sie im Dunkeln lassen. Die kleine Flamme war der einzig trauliche Anblick an diesem fremden Ort. Aber die Schritte verhallten, und das Haus war wieder still.
Sie kletterten ein Stockwerk höher, und Jenkins ging durch eine Tür zur Linken, die in ein winziges, spärlich möbliertes Schlafzimmer führte. Arabella vermutete, dass es Jenkins eigenes war und schritt rasch hindurch. Eine Tür am anderen Ende dieser Kammer führte in ein weit größeres Schlafgemach, behaglich eingerichtet. Ein Schreck durchfuhr sie bei dem Gedanken, dass es Lord Petres sein musste. Rasch blickte sie sich um, sah eine hohe Balkendecke und dunkle Holztäfelung – das Haus war ja alt -, bedrohlich anzusehen in dem dämmerigen Licht. Da stand ein großes, hohes Bett mit gerafften Vorhängen – eigentlich genau wie Arabellas eigenes, nur mit dunklem Brokat bezogen -, aber sie wandte rasch den Blick ab, damit Jenkins nicht sah, dass sie neugierig war. Ein kräftiges Feuer brannte zwar im Kamin, doch es war weit entfernt vom Bett und auch von Arabella. Das Zimmer war frostig. Sie eilte Jenkins nach, und ihre Absätze hallten auf den alten Holzdielen.
Er öffnete eine weitere Tür, und sie betraten das angrenzende Wohnzimmer. Ein Schwall warmer Luft umhüllte sie, und sie sah ein helles, flackerndes Feuer auf dem Kaminrost. Es war frisch versorgt und loderte knisternd auf. Der Raum war von Wachskerzen erhellt, in ihrem Licht glomm die Nussbaummaserung der Möbel auf: ein reich geschnitzter Schreibtisch, zwei Tischchen, ein langes Sofa und zwei Armsessel mit modernen Bezügen. Aber kein Mensch war da.
Der Diener zog sich zurück, und Arabella setzte sich aufrecht in einen der Sessel, zu befangen, um
Weitere Kostenlose Bücher