Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
Dir nicht, dass du so ein Müßiggänger bist«, sagte sie.
»Hast ja ganz recht, Arabella. Am Montag hab ich mit James Douglass gespeist und am Dienstag mit Robert Harley. Letzte Woche hab ich einer Hinrichtung durch den Strang in Tyburn beigewohnt … Es ist wirklich ein Wunder, dass ich nicht vollkommen erschöpft bin.«
»Du bist bei einer Hinrichtung gewesen?«, wiederholte sie.
»Na klar«, erwiderte er, lehnte sich auf dem Sofa zurück und machte ein möglichst unbekümmertes Gesicht. »In London gilt das allgemein als höchst unterhaltendes Spektakel. Aber ich habe es nicht so genossen, wie man es mir versprochen hatte«, fügte er hinzu mit einem Lachen, das hohl klang. »Der Mann, den sie hängten, ist nämlich nicht sofort gestorben – seine Frau und seine Kinder mussten an seinen Beinen ziehen, um ihm die Qualen eines langsamen Todes zu ersparen. Ich fand nicht, dass es spannend genug war, um die Anwesenheit praktisch der gesamten Metropole zu rechtfertigen.«
Warum hatte er denn von der Hinrichtung erzählt, wenn sie ihm so missfallen hatte, dachte Arabella. Sie vermutete, er wollte nicht für einen Feigling gehalten werden, aber er erzählte die Geschichte ja immerhin so, dass man ihn auch nicht der Brutalität bezichtigen konnte. Sie erwiderte nichts, verwirrt durch diese Widersprüchlichkeiten in seinem Charakter.
»Ach, Bell, sei doch nicht so missmutig«, meinte Lord Petre, ihr Schweigen missdeutend. »Die Schufte hängen, die Geschworenen dinieren – das ist nun mal der Lauf der Welt.«
Arabella blickte ihn geradeheraus an. »Oh ja, das weiß ich«, antwortete sie. Sie schwieg eine Weile, aber dann platzte es aus ihr heraus: »Aber weshalb bist du so komisch und geheimnisvoll mit dem, was du alle Tage tust?«
Er richtete sich aus seiner nachlässigen Pose auf dem Sofa auf und erwiderte ihren Blick, ohne zu lächeln. »Ah – jetzt meinst du es ernst.« Er ging wieder zum Kamin hinüber und rüttelte das Feuer mit dem Haken durch. Dann aber trat er wieder ans Sofa, kniete nieder und blickte sie an. Sein Gesicht war ernst und leidenschaftlich. Arabellas Herz begann zu hämmern.
»Ich bin zurzeit in eine Angelegenheit involviert, über die ich nicht sprechen kann«, war seine verblümte Antwort. »Wenn ich mit Mr. Douglass diniere, dann ist es nicht so, wie du denkst.«
Arabella brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass er ihr nicht endlich einen Heiratsantrag machte, und als sie es kapierte, sah sie ihn ungläubig an. Wovon um alles in der Welt redete er hier eigentlich? Dies war nicht das, was sie erwartet hatte.
»Ich bin involviert... bin seit vielen Monaten involviert in … in eine Angelegenheit für … für das öffentliche Wohlergehen unseres Landes«, endete er schließlich. Arabella sagte nichts. Er sprach ganz ernsthaft, aber sie verstand ihn überhaupt nicht.
»Es ist ein Plan, der unsere Queen betrifft«, fuhr er fort. »Wenn wir Erfolg haben, machen wir England zur stärksten Nation der Welt. Und auch ich werde mir einen Namen machen. Nicht, weil ich der siebente Baron of Ingatestone bin, sondern weil ich Robert Petre bin, ein Engländer.« Sein Ton war enthusiastisch. »Aber es ist ein streng vertrauliches Staatsgeheimnis. Mehr kann ich nicht sagen – ich hätte schon nicht einmal so viel sagen sollen. Wirst du mein Geheimnis bewahren?«
Sie begriff immer noch nicht, was er da sagte, aber sie hörte ihm mit mehr Interesse zu, als sie erwartet hatte. Es war nicht der Inhalt seiner Äußerungen, der ihre Aufmerksamkeit erregte, es war sein Anblick: entflammt vom Feuer einer leidenschaftlichen Idealvorstellung. Hinter all seinem charmanten Gebaren sehnte sich dieser Lord Petre also danach, ein Rebell, ein Held zu sein. Und dies also war die Basis seiner Freundschaft mit Douglass. Sie waren beide Feuerköpfe. Er ergriff ihre Hände, umklammerte sie sehr fest.
Endlich, dachte Arabella, kannte sie das ganze Ausmaß seiner Persönlichkeit. Sie beugte sich zu ihm mit der gleichen Leidenschaft, bewunderte seinen Mut, seinen Idealismus.
Die Erregung, die sie in ihm spürte, wurde zu ihrer eigenen. Seine Leidenschaft war ansteckend – erfüllte sie mit Kühnheit. Sie schmiegte sich noch enger an ihn, so dass der Hauch ihrer geflüsterten Worte seine Wange streifte: »Trägst du mich zum Bett, Robert?«
Lord Petre durchfuhr jubelnde Erleichterung. So hatte sein Geständnis sie also nicht in Furcht versetzt! Er sah, sie war vor Erregung rot geworden.
Noch immer wehte ihr Atem
Weitere Kostenlose Bücher