Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
wissen«, sagte er. »Lord Rochesters Poems stehen in dem Fach rechts von dir.«
»Ich wusste ja, dass du sie hast, denn du hast mir doch in deinem Brief Zeilen von ihm geschrieben. Die waren aber kein bisschen unzüchtig, obwohl Rochester der anrüchigste Poet der Welt ist. Ich vermute also, du hast versucht, mich glauben zu lassen, du seist ein feinsinniger Mann …«
Er warf seine Füße über die Armlehne und erwiderte glucksend: »Ich hab immer gehofft, du würdest eines Tages zu Besuch kommen, um seine Verse gründlich zu studieren. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es ein so hinreißendes Ereignis würde wie dies hier. Allein dieser Anblick, wie du da in deinem Hemdchen in meinem seidenen Sessel sitzt, The Imperfect Enjoyment offen im Schoß – der ist die glühendste Zeile eines Lord Rochester wert. Warum liest du mir nicht mal ein paar davon vor?«
»Na gut«, sagte sie und begann den Anfang von Rochesters Gedicht zu rezitieren.
»Die heiß Begehrte hielt ich nackt im Arm,
ich voller Liebe, und sie voller Charme …«
Sie blickte verstohlen zu ihm auf.
»Es gibt da noch was viel Besseres«, sagte er, während er hinter ihren Sessel trat und sich dagegen lehnte.
»Wo denn?«, fragte sie. Er beugte seinen Kopf dicht neben ihren und deutete mit dem Finger auf eine Zeile. »Oh!«, sagte sie und las laut:
»... Verzückung, flüssig, reißt mich hin,
bis ich von Kopf bis Fuß nur Sperma bin.
Oh, jeder Teil von ihr hätt das geschafft!
Hand, Fuß, ja selbst ihr Blick hat Fotzenkraft …«
Er stand so hinter ihr, dass er in den Ausschnitt ihres Hemdes blicken konnte. Er legte seine Arme um ihren Hals und ertastete die Konturen ihrer Brüste und ihres Bauches.
»Du setzt mich schon wieder in Flammen«, flüsterte er. Er strich mit den Händen über die Haut ihres Bauches, erregt durch ihr unverhohlenes Dahinschmelzen, ihr Zittern, wenn er sie berührte.
Arabella war selbst erstaunt über die Heftigkeit ihrer Erregung. Wenn die Leute in der Stadt über Skandale innerhalb ihrer Bekanntschaft tratschten, dann wurde das damit verbundene Vergnügen nie erwähnt. Denn sie hatte noch nie in ihrem Leben so ein heißes Glück verspürt. Das Beieinander mit Lord Petre verwandelte sie – sie wurde überwältigt von urgewaltiger, hemmungsloser Wonne. Es war wie Alkohol – nein, viel besser: Es machte die Öde der täglichen Existenz erträglich. Sie konnte die langen Tage höflicher Konversation überstehen, indem sie an die zauberhaften Stunden dachte, die sie mit ihm verbracht hatte und noch verbringen würde. Es war nicht nur der körperliche Genuss, es war das Glück der Gemeinsamkeit mit einem Menschen, mit dem sie so ganz übereinstimmte. Selbst wenn sie das Gefühl hätte, es sei Berechnung im Spiel, sie hätte sich jetzt nicht mehr Einhalt gebieten können.
Es war dunkel geworden, und die Straßenlaternen brannten schon hell, da fragte Arabella: »Gibt’s in deiner Wohnung vielleicht irgendwas zu essen? Ich bin ziemlich hungrig.«
»Nicht den kleinsten Bissen. Aber ich habe eine Idee. Ich bringe dich jetzt an einen Ort, wo du noch nie gewesen bist, damit du etwas Neues hast, was du deinen Freundinnen am Teetisch erzählen kannst. Aber wir müssen durch die Ställe hinausgehen.«
»Es ist aber sehr ärgerlich, immer durch die Hintertür zu kommen und zu gehen«, meinte sie. »Es wär doch sehr angenehm, gelegentlich mal auf angemessene Weise hineinzukommen.«
»Aber Bell, haben wir nicht soeben viele vergnügliche Minuten damit verbracht, von Lord Rochester zu lernen, dass du dich irrst? Auf angemessene Weise hineinzukommen, das bedeutet, gar nicht hineinzukommen.« Sie lachte, ging zu ihren Kleidern und schob ihre Arme in das Korsett. Er trat hinter sie und küsste ihren Nacken.
»Wir werden also von Miss Fermor keine Klagen mehr hören«, meinte er, zog die Schnüre fest und band sie zu. Sie zog das Korsett mit geübtem Griff zurecht, bis es ihr auf den Hüften saß.
»Wir gehen jetzt aus«, verkündete er und hob seine Kniehosen vom Boden auf.
Das Paar ging die Hintertreppe hinunter, und Lord Petre ermahnte Arabella, leise zu sein, für den Fall, dass seine Mutter und seine Schwester im Salon wären. In der Küche war niemand vom Dienstpersonal, auf einem Tisch stand jedoch eine brennende Laterne. Sie erhellte eine Stelle der Decke, wo ein Diener mit Kerzenruß seinen Namen neben die Initialen seiner Geliebten in den weiß getünchten Verputz geschrieben hatte.
Lord Petre warf einen Blick
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