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Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)

Titel: Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Gee
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darauf und sah verärgert aus. »Der jüngste Lakai«, sagte er. »Dauernd ist er mit irgendeiner großen Leidenschaft zugange, gewöhnlich hier in der Küche, wenn er glaubt, wir wären nicht da.«
    Als sie den Hof zwischen den Ställen betraten, hörten sie einen heftigen Wortwechsel zwischen dem Butler und dem Abfallkärrner, der erst jetzt gekommen war, die Fäkalientonne auszuleeren.
    »Na ja, ich musst ja woll erstmal zu’n Markt runter, oder?«, erklärte der Abfallkärrner.
    »Zum Markt! Nun hab mal die Güte und sag mir, warum?«, versetzte der Butler.
    »Na, damit ich erstmal euren Salat und euer Wurzelgemüse abkipp, bevor ich mein’ Karren mit euren Scheißhaufen vollfülle«, lautete die kernige Antwort.
    »Unser Butler hat sich eine entsetzlich affektierte Redeweise angewöhnt«, bemerkte Lord Petre, als sie vorüberkamen. »Neulich hab ich ihm gesagt, die Diener sollten die Nachttöpfe gefälligst nicht die Haupttreppe hinuntertragen, wenn Gäste im Haus sind, und da hab ich doch fast gedacht, er wollte meine Grammatik korrigieren. Er und die Diener schnappen dies anmaßende Gehabe in den Gasthäusern auf.«
    Petre half Arabella in die Kutsche und gab als Fahrziel eine Bratküche in der Chancery Lane an. »Ich hoffe, dich eines Tages zu einem höchst luxuriösen Dinner einzuladen«, sagte er, »aber ich versichere dir, ein wohlschmeckenderes als dieses wirst du nie bekommen.«
    Arabella vermutete, Lord Petre habe dieses Lokal gewählt, weil sie dort wohl kaum auf Bekannte treffen würden. Dabei hatte sie gehört, dass andere Mädchen sehr wohl mit jungen Männern dinierten, mit denen sie noch nicht verlobt waren. Gewöhnlich allerdings in kleinen Gruppen, musste sie einräumen, und in renommierteren Restaurants. Als sie jedoch dieses Wirtshaus sah, da wusste sie, Lord Petre hatte einen perfekten Abschluss für ihren abenteuerlichen Tag gewählt.
    Als sie ankamen, standen allerlei Leute draußen beisammen und schwatzten miteinander, während sie ihre Penny-Dinners aßen. Von langen Eisenhaken hingen Laternen, warmer Dunst quoll von den Herdfeuern des Hauses und umschmeichelte die Vorübergehenden. Der Tresen entlang der Straße war dicht besetzt mit einem Durcheinander von Männlein und Weiblein, die sich bei jedem Mundvoll Essen etwas zuriefen. Meist waren es Ladenbesitzer und Händler, aber auch Lakaien – steife Servietten um den Hals gebunden, um ihre Livree zu schützen. Die Menge wich zurück, als Lord Petre und Arabella aus der Kutsche stiegen. Der eine oder andere verbeugte sich, es gab gemurmeltes »M’lord«, »M’lady«, und ein neckisches: »Sieh mal einer an, da kommt die vornehme Welt«, – weithin hörbar.
    An einer Wand der Bratstube standen auf einem riesigen Grill fünf Bratspieße mit glänzend brutzelndem Fleisch, und an einer hölzernen Theke hantierten der Wirt und seine Frau, Mr. und Mrs. Thomas, emsig mit flinken Messern, Senf und Brötchen. Ein Junge, dem der Schweiß auf der kindlichen rosa Stirn glänzte, stand am Feuer und drehte abwechselnd die schmurgelnden Bratspieße. Zwischendurch spielte er mit dem Kneipenhund, dessen Aufgabe es war, dafür zu sorgen, dass die Fußbodendielen sauber blieben. Arabella hatte den Eindruck, dass der Boden wohl auch die einzige Fläche war, von der man das behaupten konnte. Die Tochter des Gastwirts stand mürrisch an einem Ende der Theke, während Mrs. Thomas sie vergeblich anwies, die Tische von Krügen und Holztellern freizuräumen. Sie erwachte jedoch jedes Mal zum Leben, wenn ein männlicher Essensgast augenzwinkernd mit einem freundlichen »Hallo, Poll!« vorüberging.
    Arabella lächelte Lord Petre an, als er sie an die Theke führte.
    »Entzückend ist das hier«, sagte sie.
    »Such dir die Fleischsorte aus, für die du eine Vorliebe hast, und Thomas schneidet dir das Stück heraus, das dir am besten schmeckt«, erklärte ihr Lord Petre. Mr. Thomas stand vor Arabella, die feuchte Perücke an die Stirn geklebt, und seine runden Backen quetschten Schweißtropfen hervor wie durch ein Sieb gepresst. Er zog sein glänzendes Messer langsam über einen Wetzstahl. Instinktiv trat Arabella einen Schritt zurück, aber als sie sah, wie Lord Petre ihm die Hand schüttelte und einen Shilling hineinschob, da trat sie leicht verstört wieder heran.
    »Was haben Sie denn heut für Fleisch, Thomas?«, fragte Lord Petre.
    Mr. Thomas legte den Wetzstahl zur Seite und wischte sich energisch die Stirn mit einem Tuch, das in seiner Schürze steckte.

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