Die Verführung des Mondes (German Edition)
Vorhabens, ganz lässig am Rechner sitzen zu bleiben und so zu tun, als hätte ich ihn noch gar nicht bemerkt, springe ich jetzt doch auf, und komme ihm entgegen gelaufen. Ich hatte fast vergessen, wie toll er aussieht und als er lässig im Türrahmen stehen bleibt und mich anschaut, stockt mir fast der Atem. Über seinem Anzug trägt er einen Mantel mit einem passenden Schal und seine Haare sind ein bisschen durcheinander und nass, draußen regnet es in Strömen und zwischendrin gibt es immer wieder Sturmböen.
Als ich fast bei ihm bin, setzt auch er sich wieder in Bewegung, macht noch einen Schritt auf mich zu und zieht mich dann wortlos in seine Arme und hält mich einen Augenblick lang einfach fest. Dann finden unsere Lippen sich und wir küssen uns, völlig selbstvergessen, bis Ella sich irgendwann räuspert.
Ich werde ein bisschen rot, während Phillip ganz souverän bleibt und leise lacht.
„Wollen wir gehen?“ Seine Augen sind dunkel und funkeln verdächtig.
„Gerne“, ich suche meine Sachen vom Schreibtisch zusammen und stecke sie in meine Handtasche, gehe danach zur Garderobe und nehme meinen Mantel. Phillip kommt hinter mir her, nimmt ihn mir aus der Hand und hilft mir hinein.
„Hast du Gepäck?“, fragt er mich und ich deute auf eine kleine, schwarze Reisetasche, die in der Ecke steht. Er hängt sie sich über die Schulter.
„Brauchst du sonst noch irgendetwas?“ Ich verneine und Phillip geht in Richtung Tür.
„Bye Ella! Ich nehme den Hemingway mit, ich will Sonntag nochmal in Ruhe schauen, ob ich etwas zum Preis finde.“ Ich habe irgendwann mal angefangen, alte Auktionen und Verkäufe von anderen Händlern zu archivieren, um einen besseren Überblick darüber zu haben, was unsere Bücher im Zweifelsfall wert sind. Da in unserem Laden der Platz eher begrenzt ist, habe ich die Ordner zu Hause stehen. Ich packe das Buch gut ein, damit es vor Nässe, Licht, Schmutz und mechanischen Einflüssen geschützt ist, und packe es in meine Handtasche.
„Bis Montag“, ich drücke Ella kurz und gehe zu Phillip, der immer noch an der Tür auf mich wartet.
„Bis Montag! Amüsier dich gut!“ Sie winkt mir mit einem spitzbübischen Lächeln nach.
Draußen legt Phillip den Arm um mich.
„Was ist das für ein Buch, das du mitnimmst?“
„Arbeit für Sonntag. Es ist ein seltenes Hemingway-Exemplar, eine Erstausgabe, in der leider eine Widmung steht. Ohne diese wäre es viel wert und wie viel es mit wert ist, will ich noch herausfinden.“
„Wie viel genau ist denn viel?“ Phillip schaut mich interessiert an.
„Ich würde den Preis in dem Zustand so auf 8.000 Dollar schätzen. Immer vorausgesetzt, man findet jemanden, der es haben will …!“
Er pfeift leise durch die Zähne.
„So viel Geld für ein Buch? Es sieht gar nicht aus, wie etwas Besonderes. Ich dachte immer, solche Summen würden nur historische, in Leder gebundene Bücher mit Goldschnitt bringen!“
„Die bringen zum Teil deutlich mehr, wenn es die richtigen sind. Aber ich möchte wetten, 8.000 Dollar geben manche Menschen schon für den richtigen Comic aus. Und das ist nun wirklich nur ein Haufen Papier.“
„Und so ein Buch stopfst du einfach so in deine Handtasche?“
„Ich habe es gut verpackt, es kann ihm also nichts passieren. Und letztendlich ist es somit in meiner Handtasche auch nicht besser oder schlechter aufgehoben, als in unserem Lager.“
„Müssen solch wertvolle Stücke nicht in speziell klimatisierten Räumen lagern? Wo auf die richtige Temperatur, Luftfeuchtigkeit und solche Dinge geachtet wird?“
„Die ganz alten Exemplare schon. Vor allem Bücher aus Zeiten, in denen Papier aus Lumpen gewonnen wurde, machen häufig Probleme. Die noch älteren Bücher mit Lederseiten sind dagegen viel unempfindlicher. Aber so alte Bücher haben wir eigentlich so gut wie nie. Und der Hemingway ist noch keine 100 Jahre alt. Aber da erzähle ich Dir bestimmt nichts Neues.“ Ich schmiege mich enger an ihn, um seine Nähe deutlicher zu spüren und mich vor Wind und Kälte zu schützen.
„Nein, in der Tat nicht. Hemingway ist selbst mir ein Begriff.“ Er lacht leise. „Ob du es glaubst oder nicht: Ich habe sogar das ein- oder andere von ihm gelesen!“
„Ich glaube es.“ Ich strecke mich zu ihm hoch, um ihm einen Kuss zu geben und er bleibt stehen, um ihn zu erwidern.
„Wir müssen noch kurz zu meinem Büro, wenn dir das nichts ausmacht. Ich muss noch ein paar Unterlagen holen, so ganz ohne
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