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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Regenwasser wird irgendwohin abfließen müssen. So ein leeres Flussbett ist doch wie geschaffen dafür. Anfangs bildet sich nur eine unbezähmbare Woge, aber mit steigender Höhe ein ruhiger und gleichmäßiger werdender Wasserlauf. Alle Flussläufe führen zum Meer. Wir könnten also ein Floß bauen und uns auf dem Floß bequem zum Meer treiben lassen.«
    Â»Meinst du wirklich, dass sich da Wasser sammelt bis hin zum Meer?«, fragte Onouk skeptisch. »Das sind noch etliche Tagesreisen. Und vor dem Meer liegt das Gebiet, das gar nicht trocken war. Wer weiß, ob es da auch regnet?«
    Â»Aber was verlieren wir? Selbst wenn wir irgendwann auf Grund laufen, haben wir auf dem Floß immerhin zwei bis drei Tagesmärsche gespart.«
    Â»Ich glaube«, sagte Rodraeg, der damit beschäftigt war, Riban Leribins Glasphiole mit der Öffnung nach oben in den Regen zu halten, sodass sich das kleine Gefäß langsam mit unruhigem Wasser füllte, »dass es nicht nur regnet, sondern dass sich auch die Quellen, aus denen die Flüsse sich speisten, wieder aufgetan haben. Schließlich waren sie versiegt, genauso wie der Regen. Es waren zwei Phänomene gleichzeitig, die den Wald ausgetrocknet haben, und beide Phänomene musste Delphior wieder ins Lot bringen.«
    Â»Dass es regnet, wenn man eine riesige Trommel schlägt«, sagte Onouk, »kann ich mir ja noch irgendwie vorstellen. Aber wenn wirklich die Quellen wieder sprudeln, hat das nichts mit der Trommel zu tun. Dann ist das wirklich göttliche Magie.«
    Â»Alles ist göttliche Magie«, sagte Rodraeg ruhig. »Der Regen. Das Ausbleiben des Regens. Der ganz normale Regen an einem ganz normalen Tag. Der Wind. Das Licht der Sonne und das Leuchten des Mondes. Es kommt darauf an, wie man die Dinge wahrnimmt. Ob man sie alle einfach so für gegeben hält oder ob man sie hinterfragt und sie dann als das Wirken von Kräften begreift. Das Blatt bewegt sich, weil der Wind das Blatt bewegt. Aber wer macht den Wind? Womöglich ein Berg in weiter Ferne. Kräfte sind Abhängigkeiten. Der Mond macht die Ebbe und die Flut, das hat man mir schon in der Schule beizubringen versucht, und ich konnte es zwar glauben , aber niemals überprüfen. Der Versuch eines Menschen, die Natur zu begreifen, hat immer mit Glauben zu tun. Das verstehe ich erst jetzt.« Peinlich berührt wich er den Blicken der anderen aus und wandte sich wieder dem Himmel zu.
    Â»Wie auch immer«, grinste Ijugis. »Kinjos Plan ist gut. Wir sollten den Abend noch nutzen, um einen Regenschutz für Ukas’ Schlepptrage zu basteln, damit der arme Kerl uns unterwegs nicht absäuft. Dann verbringen wir die Nacht geschützt in der Trommel. Hoffen wir, dass das Spinnenvieh nicht hierher zurückhumpelt. Morgen früh geht’s dann los. Das Geläuf wird schwierig und trügerisch sein, Schlick und unterspültes Erdreich, aber dafür sind wir wenigstens nicht mehr am Verdursten. Ich gehe davon aus, dass wir das Flussbett innerhalb eines einzigen Tages erreichen können.«
    Â»Was wird aus Jacomer?«, fragte Tjarka.
    Â»Jacomer?« Ijugis lachte höhnisch auf. »Ich kann seine Spuren jetzt im Regen nicht mehr verfolgen. Kannst du es? Aber natürlich, du kannst es vielleicht, mit deinem besonderen Talent. Wenn du willst, geh ihm nach und hole ihn zurück! Ich hoffe nur, er beißt uns dann nicht alle.«
    Â»Ich werde ihn holen. Er ist vielleicht wieder zu sich gekommen im kühlenden Regen«, ließ Tjarka nicht locker. »Der Wald kommt wieder zu sich. Die … Spinnenmenschen auch.«
    Â»Ich komme mit«, sagte Rodraeg. »Du kannst nicht einfach so alleine gehen. Wir wissen nicht, wie viele Kenekenkelu noch da draußen sind.«
    Â»Ich würde auch mitkommen«, bat Bestar um Entschuldigung, »aber ich denke, ich sollte lieber bei Migal bleiben.«
    Â»Und ich sehe nicht ein, warum nur das Mammut sich um einen unserer Leute kümmern soll«, bemerkte Onouk. »Ich begleite euch.«
    Â»Ich auch«, sagte Tegden. »Rodraeg, drei sind mehr als genug. Wir werden versuchen müssen, so schnell wie möglich zu sein, damit wir spätestens am Morgen wieder hier sind.«
    Â»Und ich bin nicht schnell genug zu Fuß«, musste Rodraeg zugeben.
    Tegden lächelte und antwortete anders, als Rodraeg erwartet hatte. »Du bist von Delphior auserwählt worden, noch

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