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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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auch nur auf den Gedanken gekommen, dass sich hinter dem schicken Filmstar ihre alte Freundin verbarg. Die Haare; die Schminke; der amerikanische Akzent; selbst die Haltung der Schauspielerin – nichts erinnerte mehr an die mittellose junge Mutter, die einst bei ihr gewohnt hatte. Im Gegenteil, so wie Annie es sah, hätte wohl niemand, der Franny Healey gekannt hatte – nicht einmal ihre Verwandten –, vermutet, dass sie derselbe Mensch sein könnte wie Frances Fitzgerald.
    Es war ihr beinahe zu viel. Annie konnte kaum glauben, was Cara ihr erzählte. Im Rückblick war es vielleicht tatsächlich ein bisschen merkwürdig, dass sie nach Frannys Abreise nie wieder von ihr gehört hatte, aber sie hatten sich damals wegen dieses Drecksacks Liam zerstritten, darum hatte Annie angenommen, ihre Freundin wäre sauer auf sie. Wenn sie sich vorstellte, dass all das ohne ihr Wissen passiert war. Sie nahm Caras Hand. »Wenn ich auch nur eine Sekunde geahnt hätte, dass sie dich so im Stich gelassen hat, hätte ich alles in meiner Macht Stehende getan, um dich wiederzufinden. Das weißt du doch, oder, Liebes?«
    Annie verstummte abrupt, und zwar, wie Cara vermutete, weil sie nichts Schlechtes über Franny sagen wollte, nur für den Fall, dass das Mädchen den Tod seiner Mutter noch nicht verwunden hatte. Doch, das hatte sie, dachte Cara düster. Sie hatte ihr Herz längst gegen Franny abgehärtet.
    Danach schilderte Cara ihr das Leben im Waisenhaus. Annie zeigte Mitgefühl, wirkte aber nicht überrascht über die Geschichten, die Cara von den Nonnen erzählte – bis sie ihr berichtete, was Niamh widerfahren war. Der Tod ihrer Freundin schmerzte noch so, dass Cara die Worte kaum über die Lippen brachte, und auch Annie standen Tränen in den Augen.
    »Ach, Gott steh dir bei.« Annie zog Cara an ihre Brust. »Dich haben sie wirklich durch die Mangel gedreht, wie?«
    Cara atmete Annies Duft ein und bemerkte überrascht, wie vertraut die Mischung aus Karbolseife und Zigaretten auch nach so vielen Jahren noch roch. Es war so tröstlich und erleichternd, endlich wieder jemanden gefunden zu haben, dem sie wirklich wichtig war.
    Das Donnern schwerer Schritte auf der Treppe unterbrach den vertraulichen Moment. Auch Annie sah auf, und gleich darauf platzte Danny in die Küche. Sieben Jahre hatte Cara Danny Connolly nicht mehr gesehen, trotzdem erkannte sie ihn auf den ersten Blick. Er war inzwischen ein Mann, kein zehnjähriger Junge mehr, aber er strahlte immer noch das gleiche raue Selbstbewusstsein aus wie früher. Und mein Gott, er war attraktiv, trotz seiner ungeschlachten Kraft: gut einen Meter achtzig groß mit breiten Schultern und männlich kurz geschorenem schwarzem Haar. In seinen Bluejeans und der Lederjacke sah er aus wie Marlon Brando auf den Plakaten von Der Wilde , die sie auf einem Samstagsausflug aus dem Waisenhaus ins Kino gesehen hatte.
    Sobald Cara ihn sah, setzte sie sich auf und strich sich instinktiv mit der Hand übers Haar, auch weil sie plötzlich allzu deutlich spürte, dass sie immer noch die schmutzigen, verschwitzten Sachen trug, in denen sie drei Tage lang gereist war.
    Er sah Cara an und fragte: »Scheiße, wer ist das denn?«
    Cara wollte ihm antworten, doch ihr versagte die Stimme. Annie musste einspringen.
    »Das ist deine alte Spielkameradin Cara. Du erinnerst dich doch – Frannys kleines Mädchen? Sie stand gerade eben vor unserer Tür.«
    In Dannys Augen dämmerte etwas. Cara begann sich unerwartet zu freuen, aber falls sie auf einen überschwänglichen Gefühlsausbruch gehofft hatte, wurde sie enttäuscht.
    »Lang nicht gesehen«, begrüßte er sie und wandte sich gleich wieder an seine Mum. Er schien gar nicht neugierig zu sein, warum Cara nach so vielen Jahren aufgetaucht war – er war ein typischer Achtzehnjähriger: vollkommen mit sich selbst beschäftigt und ohne Interesse an allem, was sich außerhalb seiner kleinen Welt abspielte. »Du weißt, was du sagst, wenn die Schmiere kommt?«
    »Ja, ja.« Annie winkte ab. »Du warst den ganzen Abend hier und hast mit Big Jim und Denton Karten gespielt. Ich weiß. Das hast du mir schon eine Million Mal eingebläut. Hältst du mich eigentlich für beschränkt?« Sie zwinkerte Cara zu. »Hör mal, weil die kleine Cara wieder aufgetaucht ist, hatte ich keine Zeit, dir etwas zu essen zu machen, aber wenn du eine Minute abwartest …«
    »Keine Zeit. Muss los.«
    »Wohin?«
    Er tippte sich an die Nase. »Eben weg.«
    Annie schüttelte gespielt

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