Die vergessene Frau
Sie nahm es persönlich, dass Franny, wie sie es sah, ihren wohlgemeinten Rat leichtfertig in den Wind geschlagen hatte, und nutzte die Trennung, um zum vernichtenden Schlag auszuholen. Unter der Schlagzeile Frances und Duke – getrennte Wege erschienen zwei Fotos: eines von einem niedergeschmetterten Duke und direkt daneben eines aus dem Club Alabam, das Frances Fitzgerald glücklich lachend auf Hunters Schoß zeigte, während Logan Wainwright, ein aufstrebender Jungschauspieler, ihr lasziv eine Olive in den Mund steckte. Für den Fall, dass die Bilder nicht deutlich genug waren, stellte Dolores in ihrem Artikel zweifelsfrei klar, wer ihrer Meinung nach schuld an der Trennung war:
Wir wissen zwar nicht genau, was zu der Trennung geführt hat, aber dies ist gewiss nicht das erste Mal, dass Frances Fitzgerald einen Mann gegen den nächsten ausgetauscht hat. Sie sollte sich in Acht nehmen. Sonst könnte sie sich bald zu einem jener Mädchen entwickeln, mit denen sich die Männer amüsieren, aber die sie niemals heiraten.
Franny war tief erschüttert, als sie das las. Nicht nur, weil ihr unfairerweise die Schuld an der Trennung zugeschrieben wurde, sondern auch, weil es ihr gar nicht gefiel, wenn man sie als Vamp sah. In ihrer Jugend war sie überzeugt gewesen, dass Ehe und Kinder nur dazu dienten, die Frauen zu fesseln. Aber inzwischen war sie siebenundzwanzig, hatte seit Sean Gallagher vor über einem Jahrzehnt keine einzige ernsthafte Beziehung mehr geführt und empfand sich immer weniger als feierfreudiges Partygirl, sondern zunehmend als gealtertes Mädchen.
Konfrontiert mit ihrem Versagen als Mutter, einer lahmenden Karriere und der Angst, nie mehr einen Mann zu finden, fühlte sich Franny Ende 1956 so verletzlich wie schon lange nicht mehr. Vielleicht war sie darum so empfänglich für Maximilian Stanhopes Avancen.
Wie die meisten Studios in Hollywood kämpfte Juniper Mitte der Fünfzigerjahre ums Überleben. Das Fernsehen breitete sich immer weiter aus, und zwar auf Kosten der Kinos. Zusätzlich waren die Einnahmen deutlich zurückgegangen, seit die Kommission für unlauteren Wettbewerb entschieden hatte, dass ein Studio keine eigenen Filmtheater besitzen durfte. Die schrumpfenden Gewinne hatten die Aktionäre so nervös gemacht, dass Woodrow Milton, der langjährige Studiochef, im vergangenen Frühjahr gezwungen war, seinen Hut zu nehmen. Lloyd hatte seinen Platz eingenommen.
Die Beförderung war zweifellos eine vergiftete Ehrung. Die Probleme bei Juniper waren nicht auf einen einzelnen Angestellten, sondern auf veränderte wirtschaftliche Bedingungen zurückzuführen. Aus diesem Grund begann Lloyd Cramer Ende 1956 nach einem neuen Finanzier zu suchen, einem Investor, der dem Studio das dringend benötigte Kapital zuschießen konnte. Und dieser Investor war Maximilian Stanhope.
Der Milliardär Max Stanhope war in der ganzen Stadt bekannt. Der Spross einer kalifornischen Zeitungsdynastie hatte das Unternehmen seines Vaters übernommen und vergrößert, indem er in andere Branchen wie Bergbau und Papierproduktion expandierte. Er hatte das Händchen eines Midas – alles, was er berührte, verwandelte sich in Gold. In den Dreißigerjahren, als Hollywood auf dem Gipfel des Erfolgs stand, hatte er sein Glück in der Filmindustrie versucht und fühlte sich seither mit L. A. verbunden, obwohl er sich Ende der Vierzigerjahre zurückgezogen hatte, kurz bevor die Filmbranche in eine Krise geraten war: Er besaß immer noch drei Zeitungen in der Stadt und eine Villa in Holmby Hills. Jetzt hoffte Max aus seiner Investition in ein schiffbrüchiges Filmstudio genauso Profit zu schlagen wie Howard Hughes bei RKO .
Am Morgen der Vertragsunterzeichnung erschien Max pünktlich auf die Minute in Lloyds Büro. Mit seinen fünfundvierzig Jahren war er ein großer, beeindruckender Mann. Lloyd hatte ihn schon mehrmals getroffen, doch Max hatte nie viel gesagt, sondern alle Details von den Anwälten ausfeilen lassen. Still und aufmerksam hatte Max die Konferenzen verfolgt – aber wenn er dann doch etwas sagte, zeigte sich jedes Mal, dass er einen scharfen Verstand hatte und genau wusste, was er wollte.
Lloyd gab sich gern jovial, so wie es sein Job erforderte, und begrüßte Max wie einen alten Freund. »Wie schön, Sie wiederzusehen, alter Junge«, erklärte er lächelnd und pumpte Max’ Hand auf und ab.
Max sagte nichts. Es war eine nervenzermürbende Taktik, die er auch während der Verhandlungen eingesetzt hatte und an
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