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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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drüben, Miss Fitzgerald.«
    Franny sah zwischen den Palmen hindurch, nach denen der Cocoanut Grove benannt war, und tatsächlich, dort saß Max, schaute aufmerksam zu ihr herüber und wartete sichtbar auf eine Reaktion. Bis zu diesem Moment hätte sie nur mit Mühe beschreiben können, wie er genau aussah – ihr war nur diese Aura von Macht im Gedächtnis geblieben, die ihn umgab. Jetzt sah sie, dass ihr erster Eindruck richtig gewesen war. Maximilian Stanhope war kein wirklich gutaussehender Mann, verglichen mit Leinwandidolen wie Hunter und Duke. Aber er hatte etwas an sich – jenes Charisma und Selbstbewusstsein, das allen mächtigen Männern eigen zu sein schien. Natürlich war er älter als sie; sie hätte ihn auf Mitte vierzig geschätzt. Er hatte intelligente Augen und dunkles, an den Schläfen ergrauendes Haar, das die große, breitschultrige Gestalt noch würdevoller erscheinen ließ.
    Natürlich saß er am besten Tisch im Club, und die obligatorische schwarze Krawatte verlieh ihm etwas von einem Kommandanten. Um ihn herum saßen vier weitere Männer, die ähnlich alt und ähnlich gekleidet waren – andere Finanzmagnaten, mutmaßte Franny –, und alle tranken Whisky und rauchten Zigarren. Begleitet wurden sie von gutaussehenden Starlets, zweifelsfrei, um dem Abend den nötigen Glamour zu verleihen. Franny spürte instinktiv, dass Max es mit keiner davon ernst meinte. Sie hob dankend den Sektkelch an, und er erwiderte die Geste. Ohne den Blick abzuwenden, nahmen beide einen tiefen Schluck.
    Bedauerlicherweise kehrte der Kellner genau in diesem Moment an Frannys Tisch zurück, um das Essen zu servieren, und verstellte ihr dabei die Sicht. Sie konnte es kaum erwarten, dass er endlich wieder verschwand, aber als er zur Seite trat, hatte Max seine Aufmerksamkeit schon anderen Dingen zugewandt und war in ein Gespräch mit seinen Tischgenossen vertieft.
    Trotzdem würde sie sich diesen Moment nicht entgehen lassen. Sie stand auf. Lily ahnte, was sie vorhatte, und hielt sie am Handgelenk zurück.
    »Wo willst du denn hin, Missy?«
    Franny nickte zu der inzwischen leeren Champagnerflasche hin. »Mich noch einmal anständig bedanken natürlich.«
    »Mal ehrlich, Herzchen, hältst du das für klug?« Lilys Tonfall verriet deutlich, dass sie das nicht tat.
    »Was spricht denn dagegen?«
    »Dass, mein süßes Dummerchen, unser erbärmliches Schicksal fortan in den Händen genau jenes Gentlemans liegt, dem du gleich schöne Augen machen willst.«
    Franny lächelte vielsagend. »Genau deshalb will ich zu ihm.« Falls der neue Hauptinvestor Gefallen an ihr gefunden hatte, wollte sie ihm keinesfalls die kalte Schulter zeigen. Im Gegenteil, wenn sie jetzt ihr Blatt richtig ausspielte, würde sie sein Interesse womöglich für sich nutzen können. Und so löste Franny ihr Handgelenk sanft aus Lilys Griff und stolzierte durch den Raum.
    Sie hatte sich heute fast trotzig ins Treiben gestürzt, denn sie war entschlossen, sich von der schlechten Presse der letzten Wochen nicht unterkriegen zu lassen. In ihrem trägerlosen eisblauen Abendkleid musste sie einfach auffallen. Sie hatte ihre Haushälterin angewiesen, das Korsett heute besonders eng zu schnüren, à la Scarlett O’Hara, um ihre schmale Taille zu betonen. Die langen roten Haare hatte sie zu einem lockeren Knoten hochgesteckt, und sie hatte absichtlich keinen Schmuck angelegt, damit nichts von ihrer Figur ablenkte.
    Franny hatte schon immer gewusst, wie man Blicke auf sich zieht. Nun spürte sie, während sie über den Marmorboden glitt, wie alle im Club sie beobachteten – alle außer Max. Er saß mit dem Rücken zu ihr, und erst als sie fast an seinem Tisch angekommen war und seine Begleiter ihn auf sie aufmerksam machten, drehte er sich um und sah sie an.
    »Miss Fitzgerald.« Er erhob sich höflich, und sie staunte wieder, wie groß er war. Er nahm ihre kleine blasse Hand und führte sie an seine Lippen. »Was für eine Freude, Sie wiederzusehen.«
    »Ich wollte Ihnen nur für den Champagner danken.« Sie senkte den Blick, weil sie genau wusste, dass sie dadurch besonders betörend aussah. »Das war eine sehr nette Geste.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, erwiderte Max.
    Es blieb kurz still, während Franny darauf wartete, dass Max etwas unternahm. Aber der wartete nur ab, als wollte er seinerseits sehen, was sie als Nächstes tun würde. Damit war klar, dass sie die Sache selbst in die Hand nehmen musste.
    »Und«, schlug sie kühn vor, »ich wollte Sie

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