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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Holzwände mit einem ständig wechselnden Goldton überzog. Draußen trommelte der Regen auf die Dachschindeln, und der Wind drückte gegen die dünnen Bretter der Hüttenwände, dass sie ächzten und knackten. Wilson wollte schon zur Tür gehen und hinausschauen, wusste aber, dass niemand dort war – nur die vier Esel, die an den ringförmigen Türgriff gebunden waren. Wenn jemand die Tiere erschreckte, würden sie die Tür automatisch aufziehen und den Störenfried dadurch ankündigen. Doch gegen alle Logik blieb das Gefühl, dass ihn jemand beobachtete. Er spürte es deutlich.
    Wetterleuchten erhellte den Himmel und offenbarte die Ritzen zwischen den Wandbrettern. Dann donnerte es.
    Unwillkürlich streckte Wilson die Hände zum Feuer aus – warum, wusste er nicht, aber es drängte ihn dazu. Es war, als könnte er eine starke Präsenz im Raum spüren, irgendwo hinter den Flammen.
    »Solange ich nicht laufen muss, ist alles prima«, fuhr Bingham fort. »Ich bin ein ausgezeichneter Reiter. Bin den ganzen Weg von Santiago nach Cusco auf einem Esel geritten. Das sind über zweitausend Kilometer Luftlinie. Da möchte ich Sie mal sehen!«
    Wilson hatte den Arm ausgestreckt, und er konnte nicht einmal blinzeln, als er intuitiv auf die Flammen zutrat. Waren da die Umrisse eines Menschen in der flimmernden Hitze zu erkennen? Sein Herz schlug heftig, und es gelang ihm nicht, seinen Puls zu beruhigen.
    Da war eindeutig jemand.
    »Was tun Sie?«, fragte Bingham und schaute in dieselbe Richtung, aber zur Hüttentür. »Sie werden sich noch verbrennen! Zurück!«
    Wilson schüttelte sich, als wollte er einen Traum loswerden, und zog die Hand zurück, bevor er sich versengte.
    Bingham sprang auf und ergriff sein Gewehr. »Sehen Sie etwa was?«
    So plötzlich, wie das Gefühl gekommen war, war es vorbei. Wilson wandte seine Aufmerksamkeit dem lodernden Feuer und der Glut zu, die zwischen die Steine fiel und die Bodendielen verkohlte. Was hatte er da gerade gesehen?
    Bingham, der noch immer in Unterwäsche war, drückte die Holztür langsam mit dem Gewehrlauf auf und spähte in den Regen. Als er sich vergewissert hatte, dass die Esel ruhig waren, zog er die Tür wieder zu. »Worauf haben Sie da gestarrt?« Er deutete mit dem Lauf zur Tür.
    »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen«, antwortete Wilson.
    »Und was?«
    Wilson schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich nichts.«
    Bingham lehnte das Gewehr behutsam gegen die Wand, drehte seinen Sattel zum Trocknen herum und setzte sich wieder. »Eine seltsame Sache. Aber von Ihnen ist wohl nichts anderes zu erwarten, wie?«
    Tief im Innern war Wilson überzeugt, dass er etwas Reales gesehen hatte. Jemand war bei ihnen in der Hütte und beobachtete sie aufmerksam. Noch bei keiner seiner Reisen hatte er dergleichen gespürt, und schon der Gedanke sandte ihm einen Schauder über den Rücken. Die Ereignisse waren außer Kontrolle geraten, das spürte er genau. Nun musste er so schnell wie möglich nach Machu Picchu und diese Zeitschiene verlassen, bevor die Situation noch komplizierter wurde.

11.
    A NDEN , P ERU
32 K ILOMETER NORDWESTLICH VON C USCO
O RTSZEIT : 23.45 U HR
16. J ANUAR 1908
    Sie werden einen Fremden ausfindig machen ... einen Mann namens Wilson Dowling. Die Worte des Bischofs klangen Gonzales noch in den Ohren, als er auf einem Muli in ein Unwetter hineinritt, mit zehn seiner Soldaten zu Fuß hinter ihm. Neben sich hatte er zwei Bergführer, die jeder eine große Kerosinlampe auf Brusthöhe hielten. Doch die Lampen gaben bei dem dichten Regen bestenfalls ein trübes Licht.
    Das war der letzte Ort, wo Gonzales jetzt sein wollte, besonders wenn er an die ernste Lage wegen Corsells Kreuzigung dachte. Hätte er die Wahl gehabt, hätte er jetzt warm und trocken zu Hause bei seiner Frau und den Kindern in dem kleinen Schlafzimmer auf der Matratze gelegen, für die er einen ganzen Monatssold ausgegeben hatte. Am Fuß seines Bettes an der Lehmziegelwand stand das kleine Bett seiner drei Kinder. Er dachte daran, wie er manchmal in der Nacht aufwachte und zu ihnen hinüberschaute, wenn der Mond hell hereinschien, und ein schwaches Lächeln kam auf seine Lippen. Er dankte Gott jeden Abend, an dem er sie behütet unter ihrer bunten Alpakadecke schlummern sah. Oft lagen sie dicht aneinandergedrängt, um die Kälte der peruanischen Nächte von sich fernzuhalten.
    Er brummte unwillkürlich, als das Bild vor ihm aufstieg, wie Bischof Francisco vor ihm auf und ab geschritten war.
    »Meine

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