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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet!«, sagte der Bischof erregt, und seine knochigen Hände zitterten. »Sie haben mich im Stich gelassen, und Sie haben diese Kirche im Stich gelassen!« Dabei zerknüllte er das Blatt Papier, das Gonzales ihm gebracht hatte, und warf es auf den Granitboden. »Sie haben die Betrüger entkommen lassen, und jetzt wird Ihre Aufgabe viel schwieriger sein!«
    Die Vorwürfe, die Gonzales sich hatte anhören müssen, waren unsinnig; er hatte keine Zeit vergeudet. Nachdem er die Anweisungen des Bischofs erhalten hatte, hatte er sich von der Kathedrale aus sofort auf den Weg gemacht, um Binghams Adresse zu erfragen. Dann hatte er sich zu dem Haus des Pan Am Pacific Congress unweit der Plaza de Armas begeben, ein Fußweg von fünf Minuten, den er mit zwei seiner besten Männer in forschem Tempo zurückgelegt hatte. Dort angelangt, hatten sie jedoch nur eine Nachricht an der Tür vorgefunden. Von der Nennung des Namens Wilson Dowling bis zur Ankunft vor Binghams Haustür waren kaum zwei Stunden vergangen, seinem Empfinden nach eine akzeptable Zeitspanne, und trotzdem hatte der Bischof reagiert, als wären zwei Tage vertrödelt worden.
    Gonzales drehte die nassen Zügel zwischen den kalten Fingern. Sosehr er sich wünschte, das Muli wenden und zu seiner Familie nach Cusco zurückkehren zu können, ritt er weiter durch den strömenden Regen. Er fragte sich, warum überhaupt jemand zu dieser Jahreszeit und bei diesem furchtbaren Wetter nach der untergegangenen Stadt suchen sollte? Und wie hatte der Bischof wissen können, dass Bingham dorthin unterwegs war? Der Zettel an der Tür bestätigte es zwar, trotzdem war es sonderbar. Die ganze Situation war lächerlich! Schon seit der Eroberung durch die Konquistadoren vor vierhundert Jahren suchten Reisende die unwirtlichen Anden nach dem sagenhaften Vilcabamba ab. Wieso interessierte sich dieser glücklose Forscher gerade jetzt dafür? Zumal in Cusco viel Wichtigeres vor sich ging, wie zum Beispiel eine aufgebrachte Menschenmenge vor der Basilika, die ihren wachsenden Zorn einem Gekreuzigten am Glockenturm entgegenbrüllte.
    Unter der Kapuze seines Ponchos stieß Gonzales einen langen, aber stillen Seufzer aus, damit seine Männer seine Unzufriedenheit nicht bemerkten. Sorgfältig rückte er den Gewehrriemen über seiner Schulter zurecht. Die Waffe kam ihm doppelt so schwer vor wie noch vor sechs Stunden, als sie von Cusco weggeritten waren. Er hatte den Männern doppelte Bezahlung versprechen müssen, damit sie bereit waren, ihre Familie allein zu lassen und mit ihm bei Dunkelheit und Regen in die Berge zu ziehen. Der Einzige, der nicht angemessen dafür bezahlt wurde, war er selbst. Doch er hatte beschlossen, sich nach diesem aufgezwungenen Unternehmen eine Woche freizunehmen.
    Noch einmal dachte er an den Bischof, dessen Erscheinung und Benehmen ihm ein Grund zu großer Sorge schienen. Der Geistliche hatte einen Ausdruck in den Augen gehabt, den Gonzales in seinen fast vierzig Lebensjahren noch nicht gesehen hatte. Und der Priester wusste Dinge und sprach Drohungen aus, die schwer zu begreifen waren. Es war, als könnte er die Zukunft vorhersagen, als könnte er sehen, was als Nächstes passierte und warum.
    Schon der Gedanke an die Vorhersagen des Bischofs war seltsam quälend; warum, wusste Gonzales nicht genau. Er hatte ein Gefühl in der Brust, als ob der knochige Finger des Priesters tief in seine Seele drückte und darin herumbohrte, was natürlich Unsinn war. Zweifellos war das bloß irgendein Zipperlein, das sich bemerkbar machte und ihn in den sonderbarsten Momenten zusammenzucken ließ. Die Symptome waren schwer zu beschreiben, aber er war sicher, dass sie real vorhanden waren, und sie quälten ihn. Wie konnten die Worte eines Priesters solch eine Reaktion hervorrufen? Tatsächlich waren es die Schmerzen gewesen, die Gonzales von zu Hause in die kalte Nacht getrieben hatten, in den Regen und die Dunkelheit – nicht seine Loyalität gegenüber der Kirche oder seiner Uniform. Kopf und Brust fühlten sich an, als wären Seile darum gewickelt, die sich immer fester zuzogen. Und er fühlte sich bleischwer auf den Beinen; ähnlich wie damals als kleiner Junge, als man ihm sagte, dass sein Großvater gestorben war. Anders war nicht zu beschreiben, was für eine Last er trug.
    Und so stand für Gonzales fest: Wenn er Bingham und diesen Dowling eingeholt haben würde, sollten sie seine ganze Wut zu spüren bekommen. Das war jetzt

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