Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
trainierter Boxer wie ein Schwächling aus!« Bingham blies eine lange Rauchfahne aus, dann schnippte er seine Zigarette ins Feuer. »Meine Statur ist für lange Erkundungen in der Wildnis Südamerikas viel besser geeignet als Ihre. Einmal bin ich eine Woche ohne Essen ausgekommen.«
    Wilson sah zu dem hageren Mann hinüber, der eine teigige Haut hatte und bei dem die Rippen hervortraten. »Für mich sehen Sie aus, als könnten Sie eine kräftige Mahlzeit gebrauchen.«
    »Ich kann gut ohne.« Bingham trank einen Schluck Whiskey. »Ich bin zäher, als ich aussehe. Sie sind Australier, nicht wahr?«
    Wilson nickte. »Das stimmt.«
    Bingham zog ein verächtliches Gesicht. »Ihr Australier habt euren Frauen das Wahlrecht gegeben, soweit ich weiß. Als Erste auf der Welt!« Er lachte.
    »Die Neuseeländer waren die Ersten«, widersprach Wilson.
    »Die Neuseeländer?« Bingham war verdutzt. »Tatsächlich?«
    »Die Neuseeländer waren die Ersten. Die Australier die Zweiten.«
    »So oder so, beide Länder sind dumm«, erklärte Bingham leidenschaftlich. »Diese lästigen Suffragetten gibt es schon überall in den Vereinigten Staaten. Ein ärgerlicher Haufen sind sie, sehr ärgerlich. Wenn Sie meine Meinung wissen wollen, bei uns werden sie das Wahlrecht nie bekommen. Es gibt mehr Frauen als Männer bei uns – das hat der Zensus von 1900 ergeben –, und das hieße, dass das Weibervolk bei allem die Macht hätte.«
    »Wäre das so schlimm?«
    Bingham zeigte mit der Flasche auf Wilson. »Sie wollen mich auf den Arm nehmen, oder?«
    »Meiner Ansicht nach wird das in der Zukunft so sein.«
    »Na ... dann hoffe ich, dass Sie mehr vom Aufspüren alter Inka-Städte verstehen als von Politik ... denn davon haben Sie keine Ahnung.«
    »Alles ändert sich«, hielt Wilson dagegen. »Das ist die einzige Gewissheit, die ich je erfahren habe.«
    Bingham drehte sich eine neue Zigarette. »Da bin ich anderer Ansicht. Manche Dinge ändern sich nie. Es wird immer Religionen geben ... und Gold wird immer das wertvollste Material auf Erden sein. Ich habe mein ganzes Leben lang die Geschichte studiert, viele Epochen und viele Reiche. Es gibt immer einen gemeinsamen Nenner: Religion und Gold. Wenn Sie darüber nachdenken, sind das die zwei Gründe, weshalb Sie und ich hier sind. Darum waren auch die Inkas hier. Das ist sogar der Grund, weshalb die Schienenstrecke da draußen gebaut wurde ... um Seelen zu sammeln und Reichtum zu erlangen. Sei es Zuckerrohr oder Getreide – alles wird irgendwann in Gold umgerechnet.«
    Wilson deutete mit der Gabel auf den Ranzen voller Ölsardinen- und Bohnenbüchsen. »Sie sollten wirklich etwas essen.«
    Bingham hob die Flasche. »Ich habe hier alles, was ich brauche.«
    Der Regen trommelte weiter auf das Dach, und auch Wilson hängte seine Kleidung um, damit sie anständig trocknen konnte. Als er in dem dichten Rauch stand, dachte er unwillkürlich über die Rolle nach, die er in den Ereignissen rund um Machu Picchu spielte. Die alte Stadt war ein Portal zu anderen Welten – das war sicher, und es war Wilsons Aufgabe, Hiram Bingham zu den Ruinen zu führen, damit die moderne Welt endlich von dem untergegangenen Heiligtum erfuhr. Warum gerade Bingham der Mann war, dem der Ruhm der Entdeckung zufallen sollte, verstand auch Wilson nicht. Doch er war hier, um seinen Part zu spielen, und nach acht langen Jahren des Wartens näherte er sich endlich dem Ende seiner Mission. Sein Leben war mit Kräften verwoben, die er kaum begriff, und doch hatte er keine Zweifel daran, dass die Vergangenheit die Zukunft beeinflusste und die Zukunft umgekehrt die Vergangenheit beeinflussen konnte. Er war der Aufseher, und es war seine Aufgabe, gemäß den Worten zu handeln, die in den Qumranschriften verschlüsselt niedergeschrieben waren. Dies waren die Dokumente, die sein Schicksal bestimmten. Die Vergangenheit musste vor der Zukunft und die Zukunft vor der Vergangenheit beschützt werden. So hatte es zu sein.
    In nur zwei Tagen würde er endlich aus dieser Zeit verschwinden. Das Machu-Picchu-Portal würde sein Ausgang aus dieser fremden Welt sein, und er würde in dem Wissen, dass er Hiram Bingham seinem Schicksal zugeführt hatte, ruhig schlafen können.
    Plötzlich sträubten sich ihm die Haare, und ein Schauder überlief ihn. Ihm war, als ob ihn aus der Dunkelheit jemand beobachtete. Nervös spähte er in die dunklen Ecken der Hütte. Ringsum war nichts weiter zu sehen als das flackernde Licht des Feuers, das die nackten

Weitere Kostenlose Bücher