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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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aus geschützt ist. Da oben«, er zeigte nach links ins überhängende Grün, »liegt der Berg Machu Picchu.«
    Während der ersten Stunde war der Aufstieg an dem steilen Hang sehr schwierig gewesen, doch dann erreichten Wilson und Bingham die unterste der einst bebauten Terrassen. Von dort fanden sie einen gepflasterten Weg, der an den drei Meter hohen Steinmauern der Terrassen entlangführte. Die alte Inka-Treppe war nur noch ansatzweise vorhanden und der Weg stark überwuchert, doch er war wesentlich angenehmer zu begehen als die Waldhänge, die sie auf allen vieren hochgekrochen waren. Bei so viel Grün ringsum war es schwierig, Entfernungen abzuschätzen, aber Wilson meinte, dass sie die Terrassen zur Hälfte hinter sich hatten.
    Er zeigte zur untergehenden Sonne und zum schmalen Kamm zwischen den beiden Gipfeln. »Da hinten liegt Vilcabamba.«
    »Ich kann keine Stadt sehen«, erwiderte Bingham und suchte den Kamm ab.
    Wilson hatte plötzlich das Gefühl, dass sie von den Ruinen aus beobachtet wurden. Er blieb stehen und spähte hinüber, doch es war unmöglich, mehr zu erkennen als dicht überwucherte Terrassenmauern.
    »Was ist los?«, fragte Bingham.
    »Ich habe das Gefühl, dass wir beobachtet werden.«
    Bingham musterte die dichte Decke aus Farn, Gräsern und Bambusstauden. »Ist das Ihre Art, mir beizubringen, dass Vilcabamba nicht dort oben liegt?«, fragte er stirnrunzelnd.
    Wilson fasste an die Stützmauer neben sich. »Muss ich Sie wirklich immer wieder überzeugen?«
    Bingham zeigte auf die Mauer. »Solche Mauern habe ich schon anderswo gesehen. Die bedeutet noch nicht, dass wir da oben auf Vilcabamba stoßen.« Er schnaubte. »Ich bin auf Händen und Füßen durch den Urwald gekrochen, habe reißende Flüsse überquert, bin zerstochen worden, meine Knie sind aufgeschürft und meine Füße voller Blasen.«
    »Vilcabamba ist da oben, Hiram.«
    Noch immer kreiste der Kondor über dem Kamm, scheinbar ohne die Flügel zu bewegen. Die Sonne sank ein bisschen tiefer, und es wurde dunkler und kühler. Eben noch hatte sie durch die Bäume geschienen, jetzt war sie hinter dem Steilhang verschwunden.
    Durch Bambusstauden und hüfthohes Gras stieg Wilson die Stufen hinauf. Wann immer sich der Bewuchs lichtete, ging er schneller und wurde beim nächsten Hindernis unweigerlich langsamer. Terrasse um Terrasse brachten sie hinter sich. Die Bäume wurden spärlicher, und der imposante Gipfel des Machu Picchu kam in seiner ganzen Pracht in den Blick.
    Bingham fiel unterdessen weiter zurück, und Wilson drehte sich immer wieder um, um sich zu vergewissern, dass der Gefährte noch da war. Dann gelangte Wilson auf freies Gelände in die Sonne. Er brauchte einen Moment, um sich an das helle Licht zu gewöhnen. Während er die Augen beschirmte, sah er sich um, ob sich irgendwo etwas bewegte.
    Sein Blick fiel auf die andere Seite einer Schlucht, wo das Wächterhaus mit den drei trapezförmigen Fenstern stand, die nach Osten schauten. Von dort hatte man ungehinderte Sicht auf den Inka-Pfad nach Süden, die Terrassen im Osten und die Ruinenstätte im Norden. Ansonsten gab es nur Felswände, die senkrecht zum Urubamba abfielen.
    Wilson nahm sich einen Moment Zeit, um die überwachsenen Ruinen zu betrachten. Verkrüppelte Bäume und Bambus hatten sich der Stadt bemächtigt. Die imposanten Steinbauten waren voller Moos und Flechten, die ihnen ein schmutziges Aussehen gaben. Alles andere war unter Farn, Gras und Rankengewächsen verschwunden. Dass in dieser Höhe so üppiges Grün gedieh, bewies, dass die Inkas fruchtbare Erde aus dem Tal heraufgeschafft hatten. Und überdies floss frisches Wasser von sechzehn natürlichen Quellen auf dem Machu Picchu in einem Leitungssystem durch die Stadt. Nirgendwo sonst auf der Welt konnte in solcher Höhe so viel wachsen.
    Bei dem Gedanken, dass er auf eine seit Jahrhunderten unberührte Stadt blickte, fühlte Wilson unwillkürlich einen gewissen Entdeckerstolz.
    Dem Wächterhaus fehlte das Dach, und in seiner Mitte wuchs ein knorriger Laubbaum, dessen Wurzeln die Mauern allmählich zum Kippen brachten und die sorgfältig gefügten Steinquader lockerten.
    Dort betrat man Vilcabamba durch das Stadttor.
    Vor dreihundert Jahren hatte vor diesem Tor eine hölzerne Zugbrücke die Schlucht überspannt. Bei seiner Ankunft nach dem Transport war Wilson im Dunkeln hinübergesprungen und dann über den Inka-Pfad nach Cusco gelaufen. Wenn er jetzt in die Tiefe schaute, war er dankbar, dass er damals

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