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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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einander nicht aus den Augen. Jetzt galt es, die Männer voneinander zu trennen.
    Unterdessen zog der Kondor hoch über der Stadt seine Kreise. Sein Schatten glitt an Aclla vorbei über den Boden. Die Augen Apus wachten.

33.
    A NDEN , P ERU M ACHU P ICCHU O RTSZEIT : 16.35 U HR 19. J ANUAR 1908
    Die charakteristischen weißen Granitmauern des Sonnentempels raubten Wilson den Atem. Im Gegensatz zu allem anderen in dieser alten Zitadelle waren dessen Steinquader nicht mit Moos und Flechten überwachsen. Sie waren grau-weiß, feinkörnig und fugenlos mit großer Präzision verbaut. Die Außenfläche war poliert, und ihr leichter Schimmer hatte die Zeit überdauert. Der Bau sah aus, als wäre er gerade erst fertig geworden. Das war verblüffend, aber jetzt war keine Gelegenheit, um darüber nachzudenken.
    Die fraglose Schönheit der Bauweise rührte auch daher, dass die Inkas keinen Mörtel verwendet hatten. Die Steine waren sorgfältig behauen und perfekt eingepasst. Darum hatten sie Zeit und Witterung sowie die vielen starken Erdbeben überstanden, die es in diesem Teil der Welt gab. Ihre Präzision verlieh den Bauten eine Eleganz, die es seit den alten Ägyptern nicht mehr gegeben hatte.
    Der Tempel leuchtete in der Sonne, als Wilson die überwachsenen Stufen daneben hinunterging. Die Mauer hatte ein Fundament aus schwarzem Granit. Während die Quader im unteren Bereich besonders groß waren und dadurch den Eindruck von Festigkeit vermittelten, wurden die Steine nach oben hin kleiner und neigten sich nach innen. Dieser Bereich wirkte dadurch zierlich und beinahe modern. Der Rundbau war schmucklos bis auf die drei hohen Fenster, die nach Norden, Osten und Süden blickten und von astrologischer Bedeutung in Bezug auf die Sommer- und Wintersonnenwende gewesen waren.
    »Das ist der schönste Bau, den ich je gesehen habe«, flüsterte Bingham.
    »Ich sagte ja, dass es sich lohnt, mitzukommen.«
    »Ich glaube, Sie haben recht ... ich werde berühmt werden.« Bingham lachte auf. »Ich kann es kaum erwarten, das Gesicht meiner Frau zu sehen, wenn sie erfährt, dass ich diese Stätte entdeckt habe. Sie wird aus dem Staunen nicht herauskommen.«
    »Dieser Tempel muss um jeden Preis geschützt werden«, sagte Wilson. »Für die Inkas war er ein Heiligtum, und als solches muss er behandelt werden. Die Mauern dürfen niemals ausgegraben werden.«
    »Kleingeistiger Aberglaube«, schnaubte Bingham.
    Wilson drehte sich um und sah ihn wütend an. »Diese Zitadelle wurde aus einem bestimmten Grund hier auf diesem Bergrücken mitten in den Anden gebaut. Und Hunderte wurden dafür umgebracht. Ich schlage vor, Sie respektieren die alten Traditionen, oder es besteht die Gefahr, dass sie Kräften zum Opfer fallen, die Sie nicht verstehen.«
    »Ganz ruhig, Wilson.«
    »Ich meine es ernst, Hiram. Ich habe in meinem Leben genug gesehen, um zu wissen, dass es Magie gibt. Seien Sie nicht so dumm zu glauben, dass diese Welt ist, wie sie oberflächlich erscheint. Meinen Sie wirklich, die Inkas hätten keine Schrift gehabt? Dass sie ohne Schrift ein Reich von Kolumbien bis Argentinien errichten konnten? Dass sie eine Stadt wie diese ohne ein geschriebenes Wort, das ihr Wissen weitergab, bauen konnten? Dies war die höchstentwickelte alte Kultur überhaupt. Wer glaubt, dass die Inkas zwar die fiebersenkenden Eigenschaften von Chinin ergründen konnten, aber nicht imstande waren, ein paar Worte auf einen Stein zu kritzeln, ist ein Dummkopf. Das Leben ist überaus vielschichtig, Hiram. Glauben Sie mir, wenn Sie die Inka-Traditionen missachten, ruinieren Sie Ihr Leben. Stellen Sie sich vor, Sie müssten zusehen, wie jeder stirbt, den Sie lieben, und Sie sind machtlos dagegen. Das wäre nur der Anfang des Fluches, der Sie trifft, wenn Sie mit dieser Stätte achtlos umgehen.«
    »Es ist bestimmt nicht nötig, dass Sie mir so eine Angst einjagen, meinen Sie nicht?«
    »Ich will Ihnen keine Angst einjagen ... ich sage nur die Wahrheit. Sie werden den Ruhm und den Reichtum ernten, den Sie sich wünschen. Der Preis dafür ist der langfristige Schutz dieser Stätte.« Wilson bog die hohen Grashalme beiseite und stieg weiter die Treppe hinab.
    »Na schön, ich hab verstanden, Wilson.« Bingham überlegte kurz, dann sagte er: »Aber warum müssen Sie heute abreisen? Bleiben Sie, und sorgen Sie dafür, dass ich meinen Teil der Abmachung einhalte.«
    Wilson ging weiter. »Irgendwann müssen wir alle einmal nach Hause. Ich bin schon viel zu lange unterwegs. Es

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