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Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade

Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade

Titel: Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Optimismus zu widersprechen. Doch als er die dichten Reihen der Goblins und Orks betrachtete, die die Stadt umlagerten, hatte er wenig Hoffnung.
    Er sah nach Norden, wo sich schließlich der Staub über dem Tal der Zwerge gelegt hatte. Bruenors Berg stand nicht mehr, denn seine ganze Felswand war eingestürzt, als die Zwerge ihre Höhlen verschlossen hatten.
    »Öffne mir eine Tür, Bruenor«, flüsterte Regis geistesabwesend. »Bitte laß mich hinein.«
    Zufällig besprachen Bruenor und seine Sippe genau in diesem Augenblick ebenfalls die Möglichkeit, eine Tür in ihren Tunneln zu öffnen. Aber nicht, um jemanden hineinzulassen. Schon bald nach ihrem ruhmreichen Sieg über die Oger und Goblins auf den Felsvorsprüngen vor ihren Minen hatten die kämpferischen Langbärte erkannt, daß sie nicht müßig herumsitzen konnten, während Ungeheuer die Welt um sie herum zerstörten. Sie waren erpicht darauf, noch einmal gegen Kessell in den Kampf zu ziehen. In ihrem unterirdischen Reich erfuhren sie nicht, ob Bryn Shander noch stand oder Kessells Armee bereits ganz Zehn-Städte überrollt hatte, aber sie konnten die Geräusche eines Lagers über den südlichsten Ausläufern ihrer großen Höhlen hören.
    Bruenor war es gewesen, der eine zweite Schlacht vorgeschlagen hatte. In erster Linie trieb ihn die Wut über den drohenden Verlust seiner engsten nichtzwergischen Freunde. Kurz nachdem die Goblins, die den Einsturz der Tunneleingänge überlebt hatten, niedergemacht worden waren, rief der Anführer die Sippe von Mithril-Halle zu sich.
    »Zu jedem Tunnelende geht einer von uns«, befahl er. »Findet heraus, wo die Hunde schlafen.«
    In jener Nacht waren die Geräusche von marschierenden Ungeheuern weit im Süden in dem Gebiet um Bryn Shander herum deutlich zu hören. Die emsigen Zwerge machten sich sofort an die Arbeit, die wenig benutzten Tunnel, die in diese Richtung führten, wieder instandzusetzen. Und als sie sich unterhalb der Armee befanden, gruben sie zehn Schächte nach oben und hielten erst kurz vor der Oberfläche in ihrer Arbeit inne.
    Ein besonderer Glanz war in ihre Augen zurückgekehrt: das Funkeln von Zwergen, die wissen, daß sie in Kürze ein paar Goblinköpfe abschlagen werden. Bruenors raffinierter Plan sah ungeheure Angriffsmöglichkeiten mit geringem Risiko vor. Innerhalb von Minuten konnten sie die neuen Ausgänge fertigstellen, und nicht einmal eine Minute später würden sie sich zwischen Kessells schlafenden Gefolgsleuten bewegen können.
    Das Treffen, das Cassius eine Sitzung genannt hatte, war eigentlich eher eine öffentliche Diskussionsrunde, bei der der Sprecher aus Bryn Shander seine ersten Pläne für einen Vergeltungsschlag darlegen konnte. Nicht einer der versammelten Führer, selbst Glensater nicht, der einzige Sprecher, erhob den kleinsten Einspruch. Cassius hatte die Belagerer und den Zauberer sehr gewissenhaft und aufmerksam in allen Einzelheiten studiert. Er gab einen Überblick über die Stärke der Angreifer und stellte mögliche Ausbrüche von Streitigkeiten zwischen Goblins und Orks und seine Einschätzung über die Dauer der inneren Auseinandersetzungen, bis es zu einer merkbaren Schwächung der Armee kommen würde, in aller Ausführlichkeit dar.
    Alle waren einer Meinung, daß der Eckstein, der die Belagerer zusammenhielt, Cryshal-Tirith war. Die furchteinflößende Kraft des Kristallturms schüchterte selbst die höchst eigenwilligen und störrischen Orks bis zu bedingungslosem Gehorsam ein. Aber wo die Grenzen dieser Kraft lagen, die Cassius selbst erlebt hatte, war der eigentliche Streitpunkt.
    »Warum hat Kessell auf sofortige Kapitulation bestanden?« überlegte der Sprecher. »Er könnte uns hier unter der Anspannung der Belagerung einige Tage sitzen lassen und so unseren Widerstand schwächen.«
    Die anderen stimmten zwar seiner Logik zu, wußten aber auch keine Antwort.
    »Vielleicht ist Kessells Macht über seine Soldaten gar nicht so groß, wie wir befürchten«, schlug Cassius selber vor. »Wäre es möglich, daß der Zauberer ebenfalls befürchtet, seine Armee könnte sich bei einer längeren Verzögerung auflösen?«
    »Könnte sein«, stimmte Glensater aus Osthafen zu. »Oder Akar Kessell kennt einfach seine Übermacht genau und weiß, daß uns nichts anderes übrigbleibt, als aufzugeben. Verwechselst du vielleicht Zuversicht mit Besorgnis?«
    Cassius hielt einen Augenblick inne, um über diese Frage nachzudenken. »Ein guter Einwand«, meinte er schließlich.

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