Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade
Wachmann eilte in das Zelt, wagte aber nicht, den neuen König zu unterbrechen.
»Im Morgengrauen breche ich nach Zehn-Städte auf«, erklärte Wulfgar. »Ich werde gegen den Zauberer Kessell und die widerwärtige Horde kämpfen, die er aus ihren Löchern am Grat der Welt hervorgeholt hat!«
Die Menge antwortete nicht. Der Vorschlag, gegen Kessell zu kämpfen, gefiel ihnen sehr gut, aber der Gedanke, nach Zehn-Städte zurückzukehren, um den Menschen zu helfen, die sie vor fast fünf Jahren beinahe ausgerottet hatten, war ihnen noch sehr fremd.
Aber da mischte sich der Wachmann ein. »Ich fürchte, dein Streben wird vergeblich sein, junger König«, sagte er. Wulfgar warf ihm einen besorgten Blick zu, da er bereits ahnte, welche Nachrichten der Bote überbringen würde. »Gerade jetzt steigen die Rauchwolken von großen Bränden über die südliche Ebene empor.«
Wulfgar dachte über diese bedrückende Mitteilung nach. Er hatte gehofft, mehr Zeit zu haben. »Dann werde ich noch heute nacht aufbrechen!« brüllte er der gelähmten Menge zu. »Kommt mit mir, meine Freunde, meine Krieger des Nordens! Ich werde euch den Weg zum verlorenen Ruhm unserer Vergangenheit zeigen!«
Die Menge wirkte unsicher und zerrissen. Wulfgar spielte schließlich seine letzte Karte aus.
»Jedem Mann, der mit mir geht, beziehungsweise seinen Verwandten, falls er umkommen sollte, biete ich den gleichen Anteil vom Schatz des Drachen an.«
Wie eine Sturmbö vom Treibeis-See war er hereingefegt. Er hatte die Phantasie und das Herz eines jeden Barbarenkriegers erobert und gefesselt und ihnen die Rückkehr zu Reichtum und Ruhm wie in ihren Glanzzeiten versprochen.
Noch in der gleichen Nacht stürmte Wulfgars Söldnerarmee aus ihrem Lager und donnerte über die offene Ebene. Nicht ein einziger Mann blieb zurück.
Das Ultimatum läuft
Bei Anbruch der Dämmerung ging Bremen in Flammen auf.
Die Bewohner der kleinen, unbefestigten Stadt waren klug genug gewesen, nicht zu bleiben und zu kämpfen, als sich die Welle der Ungeheuer über den Fluß Shaengarne wälzte. Sie führten am Flußufer einen Scheinangriff durch und schossen gerade so viele Pfeile auf die ersten Goblins ab, daß sich deren Vormarsch verlangsamte, so daß auch die schwersten und langsamsten Schiffe den Hafen verlassen und die Sicherheit des Maer Dualdon erreichen konnten. Dann flohen auch die Bogenschützen zu den Anlegestellen und folgten den anderen Bürgern.
Als die Goblins schließlich die Stadt betraten, fanden sie sie völlig verlassen vor. Wütend beobachteten sie, wie die Schiffe langsam nach Osten fuhren und sich der Flotte von Schiffen aus Targos und Termalaine anschlossen. Bremen lag zu abgelegen, um für Akar Kessell von Nutzen zu sein, und daher wurde die Stadt bis auf die Grundmauern niedergebrannt und nicht wie Termalaine in ein Lager verwandelt.
Auf dem See sahen die Menschen, die nächsten in der langen Reihe der obdachlosen Opfer, Kessells mutwilliger Zerstörung ohnmächtig zu. Vor ihren Augen sanken ihre Häuser in Schutt und Asche.
Von der Mauer in Bryn Shander sahen auch Cassius und Regis zu. »Er hat einen weiteren Fehler begangen«, sagte Cassius zu dem Halbling.
»Wieso?«
»Kessell hat die Bewohner von Targos, Termalaine, CaerKonig, Caer-Dineval und jetzt auch noch von Bremen in die Enge getrieben«, erklärte Cassius. »Jetzt können sie nirgendwohin gehen. Ihre einzige Hoffnung liegt nur noch im Sieg über Akar Kessell.«
»Das ist aber keine große Hoffnung«, ,entgegnete Regis. »Du hast doch gesehen, wozu der Turm fähig ist. Und auch ohne ihn kann Kessells Armee uns alle vernichten! Wie er bereits sagte: Er hat jeden Vorteil in der Hand.«
»Vielleicht«, räumte Cassius ein. »Der Zauberer glaubt, er sei unbesiegbar, das steht fest. Und das ist auch sein Fehler, mein Freund. Jedes Tier, und sei es noch so lammfromm, wird mutig kämpfen, wenn es an die Wand gedrängt wird, denn es hat nichts mehr zu verlieren. Ein armer Mann ist gefährlicher als ein reicher, weil er nichts mehr zu verlieren hat. Und ein Mann, der auf der zugefrorenen Steppe bei den ersten Winterstürmen, die schon bald einsetzen werden, heimatlos wird, ist in der Tat ein gefährlicher Feind! Fürchte dich nicht, kleiner Freund. Auf unserer Sitzung nachher werden wir einen Weg finden, uns die Schwächen des Zauberers zunutze zu machen.«
Regis nickte nur, denn er war unfähig, die einfache Logik des Sprechers in Frage zu stellen. Und er war auch nicht bereit, seinem
Weitere Kostenlose Bücher