Die vergessenen Welten 04 - Das Tal der Dunkelheit
stürmten sie vorwärts, wichen tiefen Schluchten und Findlingen aus und suchten sich ihren Weg an der Bergwand entlang. Dann erblickte Entreri seine Beute zum ersten Mal, seit er seine Suche zwei Jahre zuvor begonnen hatte.
Der Meuchelmörder war auf einen mit Findlingen übersäten Hügel gestiegen und hatte seine Schritte verlangsamt, da vor ihm ein steiles Gefälle in ein kleines, mit Bäumen dichtbewachsenes Tal führte, als er Bruenor und seine Freunde erblickte, die weiter vorne gerade hinter einem Gebüsch zum Vorschein kamen und ihren Weg an einer steilen Felswand fortsetzten. Entreri hockte sich nieder und bedeutete den anderen, sie sollten anhalten.
»Halte den Golem auf!« rief er Sydney zu, denn Bok war bereits unterhalb von ihm in dem Wald verschwunden und würde bald auf der anderen Seite auf einem kahlen Steinhügel deutlich sichtbar für die Gefährten hervorbrechen.
Sydney lief davon. »Bok, komm zurück!« rief sie so laut, wie sie es wagte, denn wenn die Gefährten auch weit entfernt waren, schien jedes Geräusch von den Gebirgswänden unaufhörlich widerzuhallen.
Entreri zeigte auf die Punkte, die sich weiter vorne über die Wand bewegten. »Wir können sie erwischen, bevor sie um die Gebirgswand biegen«, rief er Sydney zu. Er sprang zurück zu Jierdan und Catti-brie und band ihr die Hände grob auf den Rücken. »Wenn du schreist, darfst du zusehen, wie deine Freunde sterben«, versicherte er ihr. »Und dein eigenes Ende wird dann höchst unangenehm sein.«
Catti-brie setzte ein verängstigtes Gesicht auf, während sie sich insgeheim freute, daß ihr die jüngste Drohung des Meuchelmörders nichts mehr ausmachte. Sie hatte sich über die Angst erhoben, die Entreri seit ihrer ersten Begegnung in Zehn-Städte geschickt gegen sie eingesetzt hatte. Trotz ihres instinktiven Abscheus hatte sie sich inzwischen überzeugt, daß dieser kaltblütige Killer auch nur ein Mensch war.
Entreri zeigte auf das steil abfallende Tal unterhalb der Felswand und dann auf die Gefährten. »Ich gehe durch die Schlucht«, erklärte er Sydney, »und nehme den ersten Kontakt auf. Du gehst mit dem Golem den Weg weiter und arbeitest dich von hinten an sie heran.«
»Und was ist mit mir?« protestierte Jierdan.
»Du bleibst bei dem Mädchen!« befahl Entreri so geistesabwesend, als spräche er zu einem Diener. Damit er sich keine Einwände anhören mußte, wirbelte er hastig herum und machte sich davon.
Sydney drehte sich nicht einmal um, um Jierdan einen Blick zuzuwerfen, während sie auf Boks Rückkehr wartete. Sie hatte keine Zeit für derartiges Gezänk und fand, daß sie sich nicht die Mühe zu machen brauchte, wenn Jierdan nicht für sich sprechen konnte.
»Tu etwas«, flüsterte Catti-brie Jierdan zu, »nicht für mich, sondern für dich!« Er sah sie an. Sein Blick war nicht wütend, sondern eher neugierig und empfänglich für jeden Vorschlag, der ihm aus dieser ungemütlichen Lage helfen konnte.
»Die Magierin hatte doch jede Achtung vor dir verloren«, fuhr Cattibrie fort. »Entreri hat deine Stelle eingenommen, und sie wird jetzt eher zu ihm als zu dir halten. Das ist deine Chance, etwas zu tun, und meiner Meinung nach ist es auch deine letzte! Es ist an der Zeit, daß du der Magierin deinen Wert zeigst, Soldat aus Luskan!«
Jierdan schaute sich nervös um. Bei allen Machenschaften, die er von dieser Frau erwartete, hatten ihre Worte einen wahren Kern, der ihn von der Richtigkeit ihrer Einschätzung überzeugte.
Sein Stolz gewann die Oberhand. Er wirbelte auf Catti-brie zu und schlug sie zu Boden, dann stürzte er an Sydney vorbei und folgte Entreri.
»Wohin gehst du?« rief Sydney ihm nach, aber Jierdan war an sinnlosen Gesprächen nicht mehr interessiert.
Überrascht und verwirrt wandte sich Sydney ab, um nach der Gefangenen zu sehen. Damit hatte Catti-brie gerechnet, und sie stöhnte und wand sich auf dem harten Stein, als wäre sie bewußtlos. In Wirklichkeit war sie Jierdans Schlag schnell genug ausgewichen, so daß er sie kaum berührt hatte. Sie war voll und klar bei Bewußtsein und hatte ihre Bewegungen so berechnet, daß sie ihre gefesselten Hände über die Beine streifen und nach vorne bringen konnte.
Sydney war durch Catti-bries Schau zufriedengestellt und schenkte jetzt allein der bevorstehenden Konfrontation zwischen ihren beiden Kameraden ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie hörte, daß sich Jierdan Entreri näherte, der mit gezogenem Dolch und Säbel zu ihm herumwirbelte.
»Du sollst
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