Die vergessenen Welten 05 - Der magische Stein
»kannst du auch mit deiner Mannschaft in meinem Laderaum bleiben und stehst unter meinem persönlichen Schutz, bis wir den Hafen erreicht haben.«
»Hast du denn keine Kontrolle über deine Mannschaft?« fauchte der Pirat.
»Sie gehören nicht zu meiner Mannschaft«, erwiderte Deudermont. »Und wenn diese vier sich entschließen, dich zu töten, dann — so glaube ich sicher sagen zu können — kann ich wenig unternehmen, um sie davon abzuhalten.«
»Es ist bei meinem Volk nicht üblich, daß wir unsere Feinde am Leben lassen«, warf Drizzt in einem derart gefühllosen Ton ein, daß es selbst seine engen Freunde kalt überlief. »Aber ich brauche dich, Kapitän Deudermont, und dein Schiff.« Er steckte seine Klingen mit einer blitzschnellen Bewegung ein. »Im Austausch für die Abwicklung unserer Abmachung werde ich den Piraten leben lassen.«
»Der Laderaum, Kapitän Pinochet?« fragte Deudermont und rief zwei seiner Männer herein, die den Piratenanführer begleiten sollten.
Pinochet richtete seine Augen wieder auf Drizzt. »Falls du je wieder in dieser Gegend segeln solltest...«, begann der widerspenstige Pirat drohend.
Bruenor versetzte ihm von hinten einen Tritt. »Halt deine Zunge im Zaum, du Hund«, tobte der Zwerg, »sonst werde ich sie dir abschneiden!«
Schweigend verließ Pinochet mit Deudermonts Männern die Kabine.
* * *
Einige Zeit später, als die Mannschaft der Seekobold noch mit den Reparaturen beschäftigt war, zogen sich die wiedervereinten Freunde in Drizzts und Wulfgars Kabine zurück. Bruenor erzählte ihnen von seinen Abenteuern in Mithril-Halle. Sterne funkelten am Nachthimmel, und der Zwerg war immer noch nicht fertig. Er erzählte von den Reichtümern, die er gesehen hatte, von den uralten heiligen Plätzen seiner Heimat, die er wiedergefunden hatte, von den vielen Geplänkeln mit Duergarwachen und schließlich von seiner wagemutigen Flucht durch die große Untergrundstadt.
Catti-brie saß Bruenor direkt gegenüber und beobachtete den Zwerg durch die schwankende Flamme einer Kerze, die auf dem Tisch brannte. Sie kannte bereits alles, aber Bruenor konnte Geschichten sehr gut zum besten geben, und wieder wurde sie verzaubert und lauschte begierig. Wulfgar saß hinter ihr auf einem Stuhl und hatte seine langen Arme bequem um ihre Schultern gelegt.
Drizzt stand am Fenster und betrachtete den dunklen Himmel. Es war wie in den alten Zeiten, es war, als ob sie irgendwie ein Stück von Eiswindtal mitgebracht hätten. Wie viele Nächte hatten die Freunde schon zusammen verbracht und sich Geschichten aus ihrer Vergangenheit erzählt oder einfach nur dagesessen und gemeinsam die Stille des Abends genossen. Natürlich, damals war noch jemand dabeigewesen, und der hatte stets eine ausgefallene Geschichte erzählt, die alle anderen übertraf.
Drizzt sah zu seinen Freunden hinüber und dann wieder zum Abendhimmel und dachte, nein, hoffte, daß der Tag käme, an dem alle fünf Freunde wieder vereint sein würden.
Ein Klopfen an der Tür ließ die drei am Tisch auffahren, so vertieft waren sie — sogar Bruenor — in die Geschichte gewesen. Drizzt öffnete die Tür, und Kapitän Deudermont trat herein.
»Ich grüße euch«, begann er höflich. »Es gibt Neuigkeiten, sonst würde ich nicht stören.«
»Ich wollte gerade zum guten Teil übergehen«, murrte Bruenor, »aber nach einer Pause wird der noch interessanter sein!«
»Ich habe noch einmal mit Pinochet gesprochen«, fuhr Deudermont fort. »Er ist in dieser Gegend ein sehr berühmter Mann, und es paßt einfach nicht, daß er uns mit drei Schiffen aufhalten wollte. Er war hinter etwas her.«
»Hinter uns«, überlegte Drizzt.
»Er hat das nicht offen geäußert«, erwiderte Deudermont, »aber ich glaube auch, daß das der Fall ist. Versteht bitte, daß ich ihn nicht so weit bedrängen kann.«
»Pah! Ich werde diesen Hund zum Bellen bringen!« schnaubte Bruenor.
»Das ist nicht notwendig«, sagte Drizzt. »Die Piraten haben bestimmt nach uns gesucht.«
»Aber woher hatten sie die Informationen?« fragte Deudermont.
»Durch Feuerkugeln über Baldurs Tor«, warf Wulfgar ein.
Deudermont nickte, denn auch ihm fiel das Feuerwerk wieder ein. »Anscheinend habt ihr die Aufmerksamkeit einiger mächtiger Feinde erregt.«
»Der Mann, den wir suchen, wußte, daß wir in Baldurs Tor eintreffen würden«, sagte Drizzt. »Er hatte dort sogar eine Nachricht für uns hinterlassen. Es war für Artemis Entreri bestimmt nicht schwer, Vorkehrungen
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