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Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels

Titel: Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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und sie beschützen wollte! Schließlich hatte der Gegenstand sie beherrscht und enthielt eine mächtige und offensichtlich intelligente Magie.
    Catti-brie wollte mich an ihrer Seite – wer würde sich nicht die stützende Schulter eines freundes wünschen, wenn ein solcher Kampf drohte? –, und doch wollte sie mich zugleich nicht dort haben, konnte es nicht, denn sie wußte, daß sie diese Schlacht alleine austragen mußte.
    Ich mußte ihren Entschluß respektieren, und in jenen Tagen, als die Zeit der Unruhe zu Ende ging und die Magie der Welt wieder zur Ruhe kam, mußte ich lernen, daß manchmal die schwersten Schlachten jene sind, die man nicht ausfechten darf.
    Ich lernte damals, warum Mütter und Väter oft so resigniert aussehen. Welchen Schmerz mußte es für Eltern in Silbrigmond bedeuten, wenn ihr Sprößling ihnen sagte, daß er kein Kind mehr sei und beschlossen habe, nach Westen aufzubrechen, nach Tiefwasser, um auf Abenteuerfahrt an der Schwertküste zu gehen. Alles in diesem Vater oder dieser Mutter will »Bleib!« ausrufen. Jeder Instinkt in ihm oder ihr will das Kind umarmen, an sich pressen und für alle Zeiten beschützen. Und doch sind diese Instinkte falsch.
    Es gibt keinen größeren Stich ins Herz, als die Kämpfe jener zu beobachten, die man liebt, und zugleich zu wissen, daß es diese Widrigkeiten sind, durch die die betreffende Person wachsen wird und alle Möglichkeiten ihrer Existenz ergründet. Zu viele Diebe in den Reichen glauben, daß die Formel für Glück in einer unbewachten Schatzkiste liegt. Zu viele Zauberer versuchen, die langen Jahre des Lernens zu umgehen, die für wahre Macht erforderlich sind. Sie finden einen Zauber oder ein Pergament oder einen magischen Gegenstand, der weit jenseits ihres Verständnisses liegt, und dennoch versuchen sie ihn zu benutzen, nur um von seiner mächtigen Magie verschlungen zu werden. Zu viele Priester in den Reichen – und viele religiöse Sekten im allgemeinen – verlangen von sich selbst und ihren Gemeinden einzig demütige Unterwürfigkeit.
    Sie alle sind dazu verdammt, bei den wahren Prüfungen zu versagen. Es fehlt eine Zutat beim Stolpern über einen unbewachten Schatz; es ist ein Element nicht vorhanden, wenn ein geringerer Zauberer seine Hände auf den Stab eines Erzmagiers legt; eine bestimmte Sache wird bei demütiger Diensteifrigkeit außer acht gelassen.
    Das Gefühl, etwas geleistet zu haben.
    Es ist bei jedem denkenden Wesen der wichtigste
    Bestandteil in der Formel für Glück. Dies ist das Element, das Selbstvertrauen aufbaut und es uns erlaubt, uns an andere, größere Aufgaben zu wagen. Dies ist es, was jedem erlaubt, daran zu glauben, daß im Leben selbst ein Wert liegt, was uns ein Gefühl der Bestimmung gibt, wenn wir mit den unbeantworteten Fragen des Lebens konfrontiert werden.
    So war es mit Catti-brie und ihrem Schwert. Dieser Kampf war an sie herangetragen worden, und sie hatte sich entschlossen, ihn auszufechten. Wäre ich meinen Beschützerinstinkten gefolgt, so hätte ich mich geweigert, ihr bei dieser Aufgabe zu helfen. Meine Beschützerinstinkte sagten mir, ich sollte zu Bruenor gehen, der sicher angeordnet hätte, das intelligente Schwert zu zerstören. Aber dadurch hätte ich in Wirklichkeit dabei versagt, ihr zu vertrauen, dabei versagt, Catti-bries individuelle Bedürfnisse und ihre selbstgewählte Bestimmung ernst zu nehmen, und damit hätte ich ihr einen Teil ihrer Freiheit geraubt. Das war Wulfgars einziger Fehler gewesen. In seiner Angst um die Frau, die er so innig liebte, hatte der tapfere und stolze Barbar versucht, sie in seiner schützenden Umarmung zu ersticken.
    Ich glaube, er erkannte seinen Irrtum kurz vor seinem Tod. Ich glaube, in diesem Moment erinnerte er sich, was er an Catti-brie liebte: ihre Stärke und Unabhängigkeit. Welche Ironie doch darin liegt, daß unsere Instinkte oft genau das Gegenteil von dem fordern, was wir uns wirklich für jene wünschen, die wir lieben.
    In der Situation, die ich vorhin geschildert habe, würden die Eltern ihr Kind nach Tiefwasser und an die Schwertküste gehen lassen müssen. Und so war es auch mit Catti-brie. Sie entschloß sich, ihr Schwert zu behalten, entschloß sich, seine intelligente Seite zu erforschen, auch wenn es ein großes Risiko für sie bedeuten sollte. Es war an ihr, diese Entscheidung zu treffen, und sobald sie eine Entscheidung gefällt hatte, mußte ich sie respektieren. In den folgenden Wochen, während sie ihren privaten Kampf

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