Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
östlich davon liegenden Sundabar.
Catti-brie saß reglos da. Sie hatte die Beine angezogen und die Knie dicht an die Brust gedrückt. Sie ließ nicht erkennen, ob sie das Nahen des fast geräuschlosen Drow vernommen hatte, sondern wiegte sich nur weiterhin sanft vor und zurück und blickte in die dichter werdende Dunkelheit.
»Die Nacht ist wunderschön«, sagte Drizzt, und erst als Catti-brie beim Klang seiner Stimme nicht zusammenzuckte, wußte er genau, daß sie seine Anwesenheit schon bemerkt hatte. »Aber der Wind ist kühl.«
»Der Winter kommt jetzt endgültig«, erwiderte Cattibrie leise, ohne den Blick vom dunklen östlichen Himmel abzuwenden.
Drizzt suchte nach einer Erwiderung, wollte das Gespräch in Gang halten. Er kam sich linkisch vor. Das war seltsam, denn in all den Jahren, die er Catti-brie kannte, hatte niemals eine solche Spannung zwischen ihnen geherrscht. Der Drow trat heran und hockte sich neben die junge Frau, schaute sie aber nicht an, so wie auch sie ihn nicht ansah.
»Ich werde heute nacht Guenhwyvar rufen«, sagte Drizzt.
Catti-brie nickte.
Ihr fortgesetztes Schweigen traf den Drow unerwartet. Die erste Beschwörung des Panthers nach der Reparatur der Statuette war keine unwichtige Sache. Würde die Magie der Figur richtig funktionieren und es Guenhwyvar ermöglichen, auf diese Ebene zurückzukehren? Fret hatte es ihm versichert, aber Drizzt würde keine Ruhe finden, bevor die Aufgabe nicht erledigt und der Panther, der geheilte Panther, wieder an seiner Seite war.
Es hätte auch für Catti-brie von Bedeutung sein müssen. Sie hätte sich ebensolche Sorgen machen müssen wie Drizzt, denn sie und Guenhwyvar hatten sich immer sehr nahegestanden. Und doch erwiderte sie nichts, und ihr Schweigen veranlaßte Drizzt, sie genauer zu mustern.
Er sah Tränen in ihren blauen Augen, Tränen, die seinen Ärger davonwuschen, die ihm sagten, daß das, was zwischen ihm und Catti-brie geschehen war, anscheinend nicht so tief vergraben war, wie er erwartet hatte. Als sie sich das letzte Mal hier an diesem Ort begegnet waren, hatten sie die Fragen, die zu stellen gewesen wären, hinter der Energie eines Übungskampfes verborgen. Damals hatte Catti-brie ihre volle Konzentration benötigt, ebenso wie an den vorangegangenen Tagen, als sie darum gekämpft hatte, ihr Schwert zu meistern, aber jetzt war diese Aufgabe erledigt. Jetzt hatte sie ebenso wie Drizzt Zeit zum Nachdenken, und in dieser Zeit hatte Catti-brie sich erinnert.
»Du weißt, daß es das Schwert war?« fragte sie, ja bat sie fast.
Drizzt lächelte und versuchte, sie zu beruhigen. Natürlich war es das intelligente Schwert gewesen, das sie dazu gebracht hatte, sich ihm an den Hals zu werfen. Nur das Schwert und nichts anderes als das Schwert. Aber ein großer Teil von Drizzt – und vielleicht auch von Catti-brie, dachte er, während er sie betrachtete – wünschte es sich anders. Es hatte schon seit einiger Zeit eine unverkennbare Spannung zwischen ihnen geherrscht. Eine komplizierte Situation, um so mehr jetzt, nach dem Zwischenfall mit Khazid'hea.
»Du hast das Richtige getan, als du mich zurückgewiesen hast«, sagte Catti-brie, und sie schnaubte und räusperte sich, um ein Schniefen zu verbergen.
Drizzt überlegte lange, da er sich des möglichen Gewichtes seiner Erwiderung bewußt war. »Ich habe dich nur deshalb zurückgewiesen, weil ich den Knauf gesehen habe«, erklärte er schließlich, und das veranlaßte Catti-brie, ihre Aufmerksamkeit vom östlichen Himmel abzuwenden und den Drow direkt anzuschauen.
»Es war das Schwert«, sagte Drizzt ruhig, »nur das Schwert.«
Catti-brie blinzelte nicht und wagte kaum zu atmen. Sie dachte daran, wie edel dieser Drow gewesen war. So viele andere Männer hätten keine Fragen gestellt, sondern die Situation ausgenutzt. Und wäre das denn so schlimm gewesen? Ihre Gefühle für Drizzt waren tief und ehrlich, sie waren ein Band der Freundschaft und der Liebe. Wäre es so schlimm gewesen, wenn er sie in diesem Raum geliebt hätte?
Ja, entschied sie, für sie beide, denn auch wenn es ihr Körper gewesen war, der sich ihm angeboten hatte, so war es doch unter dem Einfluß von Khazid'hea geschehen. Die Dinge zwischen ihnen waren so schon mißlich genug, aber wenn Drizzt den Gefühlen nachgegeben hätte, von denen Catti-brie wußte, daß er sie für sie hegte, dann hätten sie sich beide hinterher wahrscheinlich nicht mehr in die Augen sehen können.
Wie sie es jetzt taten, auf dem stillen
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