Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
zusammen, als der Kanaldeckel wieder an seinen Platz schepperte, und dann lag er still da, von Grauen geschüttelt und hilflos. Er wußte, daß er schon bald das gleiche grausige Schicksal erleiden würde wie sein Nachbar.
Die Botschaft wird übermittelt
Einige Zeit später begann Drizzt, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Robillard hatte sich bereits verabschiedet, angewidert davon, daß man sich auf den Kapitän, wie er sich ausdrückte, »nicht verlassen konnte«. Waillan Micanty stand noch immer neben Drizzt an der Theke, hatte aber mittlerweile mit einem anderen Seemann ein Gespräch angefangen.
Drizzt, mit dem Rücken an die Theke gelehnt, ließ den Blick weiter über die versammelte Menge schweifen und fühlte sich inmitten der Seeleute völlig wohl. Das war nicht immer so gewesen. Bevor er und Catti-brie Mithril-Halle verlassen hatten, war er erst zweimal durch Tiefwasser gekommen. Das erste Mal auf dem Weg nach Calimhafen, als sie hinter Entreri hergejagt waren, und auf der Rückreise, als er und seine Freunde auf dem Weg waren, Mithril-Halle wieder einzunehmen. Bei seinem ersten Aufenthalt hatte Drizzt eine Verkleidung getragen, eine magische Maske, die ihn wie einen Elfen von der Oberfläche aussehen ließ. Die zweite Reise jedoch, die er ohne Maske gemacht hatte, war schwieriger gewesen. Die Seekobold war am frühen Morgen im Hafen von Tiefwasser eingelaufen, aber Drizzt und seine Freunde hatten auf Deudermonts Bitte bis zum Einbruch der Dunkelheit gewartet, bevor sie die Stadt auf der nach Osten führenden Straße verlassen hatten.
Bei seiner Rückkehr nach Tiefwasser mit Catti-brie vor sechs Jahren hatte Drizzt es gewagt, offen als Drow aufzutreten. Es war eine unangenehme Erfahrung gewesen: Bei jedem Schritt hatten sich Blicke auf ihn gerichtet, und mehr als ein Raufbold hatte ihn herausgefordert. Drizzt war auf diese Herausforderungen nicht eingegangen, aber er hatte gewußt, daß er früher oder später würde kämpfen müssen oder, schlimmer noch, daß man ihn aus der Ferne töten würde, wahrscheinlich durch einen verborgenen Bogenschützen, und aus keinem besseren Grund als der Farbe seiner Haut wegen.
Dann war die Seekobold eingelaufen, und Drizzt hatte Deudermont wiedergetroffen, seinen alten Freund, der einen beträchtlichen Ruf an den Docks der großen Stadt besaß. Kurz danach war Drizzt in Tiefwasser allgemein anerkannt worden, insbesondere entlang der Hafenstraße, da sein Ruf sich, unter fleißiger Mithilfe von Kapitän Deudermont, schnell verbreitete. Überall, wo die Seekobold anlegte, wurde sofort klargemacht, daß Drizzt Do'Urden, jener ungewöhnlichste aller Dunkelelfen, ein Mitglied ihrer heldenhaften Mannschaft war. Drizzts Weg war einfacher geworden, zuweilen sogar bequem.
Und die ganze Zeit waren Catti-brie und Guenhwyvar bei ihm gewesen. Er blickte jetzt zu den beiden, zu der jungen Frau, die mit Leuten von der Seekobold an einem Tisch saß, und zu dem großen Panther, der sich auf dem Boden zu ihren Füßen zusammengerollt hatte. Guenhwyvar war zum Maskottchen der Gäste der Meerjungfrau geworden, und Drizzt war froh, daß er die Katze nun auch rufen konnte, wenn er einfach Gesellschaft haben wollte, und nicht nur, wenn er Hilfe brauchte. Er fragte sich allerdings, welcher dieser Gründe wohl heute zutraf. Catti-brie hatte um den Panther gebeten, da sie, wie sie sagte, kalte Füße hatte, und Drizzt hatte zugestimmt, doch im Hinterkopf des Drow spukte der Gedanke, daß sich Deudermont in Schwierigkeiten befinden könnte. Vielleicht wurde Guenhwyvar doch nicht nur zur Gesellschaft gebraucht.
Einen Augenblick später entspannte sich der Drow und stieß einen erleichterten Seufzer aus, als Kapitän Deudermont in die Taverne trat, sich umschaute, Drizzt entdeckte und sich zu ihm gesellte.
»Calimshanischen Wein«, sagte der Doppelgänger zu dem Schankkellner, denn er hatte Deudermonts Geist durchforstet und erfahren, was der Kapitän üblicherweise trank. In der kurzen Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, hatte der Doppelgänger viel über Kapitän Deudermont und die Seekobold gelernt.
Drizzt drehte sich ihm zu und stützte sich auf die Theke. »Du kommst spät«, bemerkte er in dem Versuch herauszufinden, ob der Kapitän Ärger gehabt hatte.
»Ein kleineres Problem«, versicherte ihm der Betrüger.
»Was ist denn, Guen?« fragte Catti-brie leise, als der Panther den Kopf hob und zu Drizzt und Deudermont hinüberblickte. Die Katze hatte die Ohren angelegt und knurrte
Weitere Kostenlose Bücher