Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
hätte die Verkündung sie viel Kraft gekostet. Dann zog sie sich zwischen die Steine zurück und war verschwunden.
Drizzt nahm sie kaum wahr, sondern stand nur da. Seine Schultern waren plötzlich herabgesackt, alle Kraft war aus ihm gewichen. »An Lloth übergeben«, murmelte er hilflos, und nur ein einziges weiteres Wort konnte er sagen: »Zaknafein.«
Kierstaads Herz
Als sie die Höhle verließen, fanden sie Guenhwyvar, die ruhig auf dem am Boden ausgestreckten Dunkin saß. Drizzt winkte die Katze von dem Mann herunter, und sie verließen den Ort.
Drizzt nahm den Weg quer über die Insel zu ihrem Ruderboot kaum wahr. Er sagte die gesamte Zeit über nichts, außer um Guenhwyvar auf ihre heimatliche Astralebene zu entlassen, sobald sie erkannten, daß sie am Strand diesmal keinen Widerstand zu überwinden hatten. Das Eis war fort, und mit ihm auch die Zombies. Die anderen respektierten die Stimmung des Drow und schwiegen ebenfalls, da sie die beunruhigende Information verstanden, die ihm die Hexe übermittelt hatte.
Drizzt wiederholte im Geiste die Worte der blinden Seherin immer und immer wieder und versuchte vergebens, sie sich ins Gedächtnis einzubrennen. Jede Silbe konnte einen Hinweis enthalten, erkannte Drizzt, jede Betonung konnte einen Anhaltspunkt bieten, wer seinen Vater gefangenhielt. Aber die Worte waren zu plötzlich, zu unerwartet gekommen.
Sein Vater! Zaknafein! Drizzt stockte förmlich der Atem, als er an die Möglichkeit dachte, die sich plötzlich auf getan hatte. Er erinnerte sich an ihre vielen Übungskämpfe, an die Jahre, die sie damit zugebracht hatten. Er erinnerte sich an die Zeit, als Zaknafein versucht hatte, ihn zu töten, und dafür liebte er seinen Vater um so mehr, denn Zaknafein hatte ihn nur angegriffen, weil er geglaubt hatte, sein geliebter Sohn hätte sich dem dunklen Wesen der Drow ergeben.
Drizzt schüttelte die Erinnerungen ab. Er hatte jetzt keine Zeit für Sentimentalitäten; er mußte sich auf die Aufgabe konzentrieren, die plötzlich vor ihm lag. So groß seine Freude über die Möglichkeit war, daß Zaknafein zu ihm zurückkehren könnte, so groß war auch seine Bestürzung. Ein mächtiges Wesen, entweder eine Oberin Mutter oder vielleicht sogar Lloth selbst, hielt das Geheimnis in Händen, und die Worte der Hexe betrafen Catti-brie ebenso wie Drizzt selbst. Der Waldläufer warf einen Blick zu Catti-brie, die in ähnliche Gedanken versunken schien wie er. Die Hexe hatte behauptet, daß dies alles, der Angriff in Tiefwasser und die Reise zu dieser entlegenen Insel, von einem mächtigen Feind arrangiert worden war, der sich nicht nur an Drizzt, sondern auch an Catti-brie rächen wollte.
Der Dunkelelf wurde langsamer und ließ die anderen ein paar Schritte vorausgehen, als sie das Ruderboot ins Wasser zogen. Er löste seinen Blick und, zumindest für den Augenblick, auch seine Gedanken von Cattibrie und begann wieder damit, die Verse der Hexe im Geiste aufzusagen. Das Beste, was er für Catti-brie und für Zaknafein tun konnte, war, sie sich so gut wie möglich einzuprägen.
Verstandesmäßig war Drizzt dies klar, aber dennoch überwältigte ihn der Gedanke daran, daß Zaknafein noch am Leben sein könnte, so sehr, daß ihm die Reime verschwommen vorkamen, wie ein lange zurückliegender Traum, an den er sich verzweifelt erinnern wollte. Drizzt war überhaupt nicht bei der Sache, als sie das Boot wieder ins Meer schoben. Seine Augen richteten sich nur auf die Riemen, die in das dunkle Wasser tauchten, und er war so in Gedanken versunken, daß er seine Waffe als letzter gezogen hätte, wenn sich eine Horde Zombies gegen sie aus der Tiefe erhoben hätte.
Wie sich herausstellte, kamen sie ohne Zwischenfall zur Seekobold zurück, und nachdem Deudermont sich bei Drizzt kurz versichert hatte, daß sie auf der Insel alles erledigt hatten, verschwendete er keine Zeit, sondern setzte Kurs auf die hohe See. Sobald sie aus dem alles einhüllenden Nebel heraus waren, ließ Deudermont alle Segel setzen, und der schnelle Schoner ließ die neblige Insel rasch hinter sich zurück. Erst nachdem Caerwich außer Sicht war, rief Deudermont Drizzt, Catti-brie und die beiden Zauberer in seine Kabine, um über das zu sprechen, was vorgefallen war.
»Wußtest du, was die alte Hexe meinte?« fragte Deudermont Drizzt.
»Zaknafein«, erwiderte der Drow, ohne zu zögern. Er bemerkte, daß Catti-bries Miene sich umwölkte. Die Frau hatte den ganzen Rückweg über angespannt und
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