Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
erkannten Drizzt und Catti-brie. Bei mehreren Gelegenheiten hatte Robillard die Seekobold auf magischem Weg verlassen, um an einem Treffen seiner Gilde in Tiefwasser teilzunehmen, obwohl das Schiff sich zu diesem Zeitpunkt Hunderte von Meilen entfernt von der Stadt befunden hatte.
»Er kann nicht ertrinken«, versicherte Deudermont ihnen. »Nicht, solange er diesen Ring trägt.«
Dies beruhigte die beiden Freunde. Robillards Ring stammte von der Elementarebene des Wassers und war mit einem mächtigen Zauber versehen, der dem Magier auf See viele Vorteile brachte, wie stark ein Sturm auch wüten mochte. Er mochte von einem Blitz getroffen oder bewußtlos geschlagen worden sein, wahrscheinlicher aber war, daß eine Welle ihn über Bord gespült hatte und er gezwungen gewesen war, seine Magie zu benutzen, um aus dem Sturm herauszukommen, noch bevor das Schiff dies tat.
Catti-brie suchte das Wasser weiter ab, und Drizzt schloß sich ihr an.
Deudermont hatte andere Dinge zu erledigen. Er mußte sich überlegen, wie er die S eekobold in einen sicheren Hafen bringen konnte. Sie hatten den Sturm überlebt, aber das mochte sich nur als Aufschub herausstellen.
Harkle, der die Bewegungen des Kapitäns beobachtete und sich die schweren Schäden des Schoners ansah, wußte dies ebenfalls. Er ging leise zu Deudermonts Kabine und verbarg seinen Eifer, bis er sich eingeschlossen hatte. Dann rieb er sich heftig die Hände, grinste breit und holte ein in Leder gebundenes Buch hervor.
Er sah sich um, ob ihn auch keiner beobachtete, und öffnete das magische Buch, einen der Bestandteile, den er für seinen neuesten und vielleicht mächtigsten Zauber benötigte. Die meisten der Seiten waren leer – alle waren leer gewesen, bevor Harkle das erste Mal seinen Nebel des Schicksals beschworen hatte. Jetzt enthielten die ersten paar Blätter einen Bericht über Harkles magische Reise zur Seekobold und, wie er freudig feststellte, über seine weiteren Erlebnisse auf dem Schiff. Zu seinem völligen Erstaunen, denn er hatte zuvor nicht gewagt, zu intensiv in das Buch zu schauen, war sogar das Gedicht der blinden Seherin Wort für Wort vorhanden. Der noch immer andauernde Zauber zeichnete all seine Erlebnisse auf!
Dies überstieg Harkles wildeste Erwartungen an den Nebel des Schicksals. Er wußte nicht, wie lange dies anhalten würde, aber er erkannte, daß er hier über etwas ganz Besonderes gestolpert war. Und auf etwas, das einen kleinen Anstoß brauchte. Die Seekobold lag wie tot im Wasser, und das traf auch auf die Suche zu, die offensichtlich auf Drizzt und Catti-brie wartete – und auf ihn selbst, der durch seine Freundschaft dazugehörte. Harkle war nicht sehr geduldig, jedenfalls nicht jetzt. Er wedelte mit der Hand über die erste von vielen leeren Seiten und sang leise seinen Zauberspruch. Er griff in einen Beutel und holte etwas Diamantstaub heraus, den er sparsam über die erste der noch immer leeren Seiten streute.
Nichts geschah.
Harkle machte fast eine ganze Stunde lang weiter, doch als er die Kabine verließ, trieb die Seekobold noch immer mit schwerer Schlagseite ziellos umher.
Harkle rieb sich über die Stoppeln seines unrasierten Gesichtes. Anscheinend mußte an dem Zauber noch gearbeitet werden.
* * *
Robillard stand auf dem wogenden Wasser und klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf das Naß. »Wo steckt das Vieh?« fragte er und meinte damit das monströse Wasserelementarwesen, das er zu seiner Hilfe beschworen hatte. Er hatte die Kreatur auf die Suche nach der Seekobold geschickt, aber das war jetzt schon eine ganze Weile her.
Schließlich wölbte sich die himmelblaue Oberfläche vor dem Zauberer empor und nahm eine grob menschenähnliche Gestalt an. Robillard gurgelte ihr etwas zu und fragte die Kreatur in ihrer eigenen wäßrigen Sprache, ob sie das Schiff gefunden hatte.
Das hatte sie, und der Zauberer befahl dem Elementarwesen, ihn dorthin zu bringen. Die Kreatur streckte einen mächtigen Arm aus. Sie sah wäßrig aus, besaß in Wahrheit jedoch viel mehr Substanz als jede normale Flüssigkeit. Sobald der Zauberer es sich bequem gemacht hatte, sauste das Ungeheuer mit ihm so schnell davon wie eine Springflut.
Der Nebel des Schicksals
Die Mannschaft arbeitete den ganzen Nachmittag hindurch, aber sie schien nur wenig Fortschritte bei dem ausgedehnten Schaden zu machen, den das Schiff erlitten hatte. Es gelang ihnen, eines der Segel zu hissen, das Besansegel, aber sie konnten es nicht kontrollieren, um damit
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