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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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machtloses Völkchen, das den Launen von skrupellosen Fürsten und Landeigentümern ausgeliefert ist, während es mit der steten Gefahr eines Überfalls von Goblins, Riesen oder anderen Menschen leben muss, der die Existenz zu vernichten droht, die sie sich mühsam erkämpft haben. Der Sträflingskarneval erlaubt diesen unglücklichen Leuten eine Spur von Macht, ein klein wenig von der Macht über Leben und Tod. Hier endlich haben sie das Gefühl, eine gewisse Kontrolle über ihr eigenes Leben zu besitzen.
    Zweitens sind Menschen nicht so langlebig wie Elfen und Zwerge, und selbst Halblinge werden gewöhnlich älter als sie. Bauern müssen täglich mit der Möglichkeit des Sterbens rechnen. Eine Mutter, die das Glück hat, zwei oder drei Geburten zu überstehen, wird wahrscheinlich den Tod mindestens eines ihrer Kinder erleben. Ein Leben, das so eng mit dem Tod verknüpft ist, erzeugt notgedrungen eine Neugier für ihn und eine Furcht, ja sogar ein Grauen davor. Beim Sträflingskarneval erleben diese Leute den Tod in seiner schrecklichsten Form. Sie sehen das Schlimmste, was er zu bieten hat, und ziehen einen gewissen Trost daraus, dass ihr eigener Tod, sofern sie nicht selbst als Angeklagte vor den Magistrat gebracht werden, bei weitem nicht so schrecklich sein wird. Ich habe das Schlimmste gesehen, was du zu tun hast, grimmiger Tod, und ich fürchte dich nicht.
    Die dritte Erklärung für die Anziehungskraft des Sträflingskarnevals liegt in der Notwendigkeit von Recht und Strafe, um die Ordnung in einer Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Das waren die Argumente, die Robillard ins Feld führte, als ich von meinem Besuch bei dem grauenhaften Schauspiel auf die Seekobold zurückkehrte. Auch wenn es ihm kein Vergnügen bereitete, sich den Karneval anzuschauen, und er auch nur selten hinging, verteidigte der Zauberer ihn ebenso energisch, wie ich es vom Magistrat selbst erwarten würde. Die öffentliche Demütigung dieser Männer, die öffentliche Zurschaustellung ihrer Peinigung würde das Volk auf dem Pfad der Ehrlichkeit halten, dessen war er sich sicher. Und damit war das Johlen des Mobs nichts weiter als eine lautstarke Bekräftigung ihres Glaubens an Gesetz und Ordnung ihrer Gesellschaft.
    Dies ist ein Argument, das schwer zu entkräften ist, vor allem was die Abschreckungswirkung solcher Schauspiele angeht, aber ist es wirklich Gerechtigkeit?
    Bewaffnet mit Robillards Argumenten, ging ich unter dem Vorwand, eine bessere Vorgehensweise für die Übergabe von gefangenen Piraten zu entwickeln, zu einigen niederen Magistraten in Luskan. In Wirklichkeit wollte ich sie jedoch dazu bringen, über den Sträflingskarneval zu reden. Es wurde im Gespräch sehr schnell offensichtlich, dass der Karneval selbst nur sehr wenig mit Gerechtigkeit zu tun hatte. Viele unschuldige Männer und Frauen waren auf der Bühne in Luskan gelandet, mit schierer Brutalität zu falschen Geständnissen gezwungen und dann öffentlich für ihre angeblichen Verbrechen bestraft worden. Die Magistrate wussten dies und gaben es auch bereitwillig zu, indem sie ihre Erleichterung darüber zum Ausdruck brachten, dass zumindest die Gefangenen, die wir ihnen brachten, mit Sicherheit schuldig waren!
    Dieser Grund allein reicht aus, dass ich mich niemals mit dem Sträflingskarneval werde abfinden können. Es ist ein Prüfstein für jede Gesellschaft, wie sie mit jenen umgeht, die sich von der
    Gemeinschaft und jedem Anstand abgewandt haben, und eine unwürdige Behandlung dieser Verbrechen lässt den allgemeinen Sinn für Moral auf das Niveau der Gefolterten fallen.
    Und dennoch gedeiht diese Praxis in vielen Städten von Faerün und in vielen, vielen ländlichen Gegenden, wo es eine Frage des Überlebens ist, dass die Gerechtigkeit sogar noch härter und endgültiger verfolgt wird.
    Vielleicht gibt es eine vierte Erklärung für den Karneval. Vielleicht versammeln sich die Massen nur wegen der Erregung, die die Vorstellungen bieten. Vielleicht gibt es keinen tieferen Grund dafür als einfach nur den Spaß, den sie dabei haben. Ich möchte dies nicht gern als eine Möglichkeit ansehen, denn wenn Menschen in einer solchen Größenordnung in der Lage sind, jedes Mitgefühl und jede Anteilnahme so vollständig auszuschalten, dass sie tatsächlich das Spektakel genießen können, einen anderen schrecklich leiden zu sehen, dann ist das, so fürchte ich, die wahrhaftigste Definition des Bösen.
    Nach all den Stunden des Untersuchens, der Debatten und Befragungen

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