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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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und nach all den vielen, vielen Stunden der Meditation über das Wesen dieser Menschen, unter denen ich lebe, habe ich noch immer keine Erklärung für solche Perversionen wie den Sträflingskarneval gefunden.
    Es überrascht mich nicht sonderlich. Ich finde nur selten eine einfache Antwort auf Dinge, die Menschen betreffen. Das ist vielleicht der Grund, warum ich so wenig Langeweile bei meinen tagtäglichen Reisen und Begegnungen verspüre. Das ist vielleicht der Grund, warum ich sie lieb gewonnen habe.
    Drizzt Do'Urden

Gestohlene Saat
    Wulfgar stand außerhalb von Luskan und starrte zu der Stadt zurück, in der er fälschlicherweise angeklagt, gefoltert und öffentlich gedemütigt worden war. Trotz alledem verspürte der Barbar keinen Groll auf die Bürger des Ortes, nicht einmal auf den bösartigen Magistrat. Wenn er auf Jharkheld stoßen sollte, würde er dem Mann wahrscheinlich den Hals umdrehen, doch nur aus dem Gefühl heraus, das Geschehene zu einem Abschluss zu bringen, und nicht aus Hass. Wulfgar hatte den Hass hinter sich gelassen, und das schon seit langer Zeit. So war es bereits gewesen, als Baumstammbrecher im ›Entermesser‹ nach ihm gesucht und er den Mann getötet hatte. So war es auch gewesen, als er auf die Himmelponies gestoßen war, einen Barbarenstamm, der mit seinem eigenen verwandt war. Er hatte an ihrem verschlagenen Schamanen Vergeltung geübt und damit einen Racheschwur eingelöst, den er vor vielen Jahren geleistet hatte. Es war nicht aus Hass geschehen, nicht einmal aus ungezügelter Wut, sondern einzig aus Wulfgars Bedürfnis, in seinem Leben nach vorne zu streben, da das, was hinter ihm lag, zu schrecklich war, um darüber nachzudenken.
    Wulfgar war zu der Erkenntnis gekommen, dass er nicht vorankam, und dies schien ihm jetzt, da er zu der Stadt zurückblickte, unverkennbar. Er bewegte sich in Kreisen, in kleinen Kreisen, die ihn wieder und wieder an denselben Ort brachten. Es war ein Ort, der nur durch die Flasche erträglich wurde, nur indem er die Vergangenheit hinter einem trunkenen Nebel verschwinden ließ und die Zukunft aus seinen Gedanken verdrängte.
    Wulfgar spie auf den Boden und versuchte zum ersten Mal, seit er vor Monaten nach Luskan gekommen war, herauszufinden, wie er in diesen unaufhaltsamen Abwärtsstrudel geraten war. Er dachte an die offene Weite des Nordens, an sein heimatliches Eiswindtal, wo er so viele aufregende und glückliche Zeiten mit seinen Freunden verbracht hatte. Er dachte an Bruenor, der ihn in der Schlacht besiegt hatte, als der Barbar noch ein Junge gewesen war, ihn aber verschont hatte. Der Zwerg hatte ihn an Kindes statt angenommen und dann Drizzt geholt, um ihn zu einem wahren Krieger ausbilden zu lassen.
    Was für ein Freund war Drizzt doch gewesen! Er hatte ihn in großartige Abenteuer geführt und ihm in jedem Kampf beigestanden, wie übel die Lage auch gewesen war. Er hatte Drizzt verloren. Er musste erneut an Bruenor denken, der Wulfgar das Meisterstück seiner Handwerkskunst geschenkt hatte, den wundersamen Aegisfang. Er war das Symbol von Bruenors Liebe zu ihm. Und jetzt hatte er nicht nur Bruenor verloren, sondern auch Aegisfang. Er dachte an Catti-brie, die vielleicht die Wichtigste von allen gewesen war, die Frau, die sein Herz geraubt hatte, die Frau, die er über alles bewunderte und respektierte. Vielleicht konnten sie niemals ein Liebespaar sein, nie Mann und Frau. Vielleicht würde sie niemals seine Kinder gebären, aber sie war seine Freundin, eine wahrhaftige und ehrliche Kameradin. Wenn er an ihr letztes Zusammensein zurückdachte, erkannte er, wie tief Freundschaft wirklich ging. Catti-brie hätte alles gegeben, um ihm zu helfen, sie hätte mit ihm ihre intimsten Momente und Gefühle geteilt, aber Wulfgar sah jetzt, dass ihr Herz einem anderen gehörte.
    Diese Tatsache weckte keine Eifersucht und keine Wut in dem Barbaren. Er verspürte nur Respekt, denn trotz ihrer Gefühle hätte Catti-brie alles getan, um ihm zu helfen. Jetzt hatte er auch Catti-brie verloren.
    Wulfgar spie erneut aus. Er verdiente sie nicht, weder Bruenor noch Drizzt oder Catti-brie. Nicht einmal Regis, der sich trotz seiner kleinen Gestalt und seinem fehlenden Kampfgeschick in jeder Notlage vor den Barbaren gestellt und ihn so gut er vermochte vor Schaden bewahrt hätte. Wie hatte er all das wegwerfen können? Seine Aufmerksamkeit wurde abrupt wieder auf die Gegenwart gelenkt, als ein Wagen aus dem westlichen Tor der Stadt rumpelte. Trotz seiner trüben

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